Die Stellung in der Familie prägt das Leben von Kindern

Bei ihrem Vortrag in Sigmaringen erörtere Jirina Prekop anhand eigener Erfahrungen die Wichtigkeit der Stellung, in die Kinder hinein geboren werden. Sie selbst als zweite Tochter hatte, wie sie berichtete, sehr unter ihrer erst geborenen Schwester zu leiden. Sie tröstete die Anwesenden mit dem entwaffnenden Geständnis, das es selbst ihr, als ausgebildeter Psychologin erst im fortgeschrittenen Alter gelang, die prägenden Ereignisse mit ihrer Schwester zu besprechen und ihren zeitweisen Hass und ihre Gleichgültigkeit in Schwesternliebe zu wandeln.

Die besondere Situation der Erstgeborenen

"Wer als Erstgeborener auf die Welt kommt, dem eröffnen sich mit dieser besonderen Geschwisterposition ganz eigene Chancen, es tun sich aber auch spezielle Ängste und Herausforderungen auf", sensibilisierte Jirina Prekop die Zuhörer. Immer wieder brach es während des Vortrages hervor, wie ihre ältere Schwester, sie als Rivalin körperlich und seelisch in ihre Schranken verwies. Viele der Zuhörer fanden sich lachend, ebenfalls in der einen oder anderen Rolle wieder. "Wer seid ihr, die ihr gekommen seid?"; fragte Jirina Prekop und ermittelte, dass es viele Erstgeborene waren, auch Kinder Erstgeborener. Sie erläuterte weiter: Das erste Kind werde in vielen Fällen als Musterkind geboren. Oft solle es die unerfüllten Wünsche der Eltern verwirklichen. Alle Lebensstationen werden dokumentiert, auch im Foto, und Ereignisse, die bei den weiteren Kindern nur registriert werden, werden von der gesamten Verwandtschaft gefeiert. Kurz, als "es" geboren wurde, kam Licht in die Welt.

Die Lage von Schneewittchen erläutern

Anhand von Rollenspielen des Märchens "Schneewittchen" erläuterte sie, wie jedes Familienmitglied lebenslang eine bestimmte Rolle einnehmen und auch tote Menschen in ihrer Stellung geehrt werden müssen, damit die Familienharmonie erhalten bleibe. Schneewittchen konnte demnach nur in die schlechte Lage gelangen, weil der Vater sie nicht als sein erstes Kind liebte und seine verstorbene Frau ehrte. Die Stiefmutter hatte dann leichtes Spiel, diese freie Stelle mit sich und ihrem Kind zu besetzen.

Der schmerzliche Fall vom "Thron"

Nur das erste Kind habe den Schmerz, "enttrohnt" zu werden. An den Eltern läge es, das erste Kind, wenn ein Geschwisterkind geboren würde, nicht als großes Kind zu behandeln, sondern es auch klein sein zu lassen. Nur dann habe es die Gelegenheit, sich selber in seiner neuen Rolle zu finden. Dass es größer sei als das Geschwisterchen, könne es selber sehen, aber nicht ob es noch so geliebt wird, wie vorher. "Dich habe ich am längsten lieb", sei einer der Sätze, den das ans Herz gedrückte Kind hören wolle, um sich dann getrost von der Mutter, für kurze Zeit, trennen zu können. Jirina Prekop nahm, in einer anschließenden Demonstration der Festhaltetherapie nach Jirina Prekop, einige Zuhörer in den Arm, um zu zeigen, wie liebevolles Festhalten ist, wie gut es tut und wie es Spannungen löst.

Kritiker melden, im Fall von Autismus, Bedenken an

Von kritisch urteilenden Fachleuten wird die Festhaltetherapie der amerikanischen Psychologin Martha Welch als pseudowissenschaftlich angesehen. Auch die 1981 von Jirina Prekop, unter Einbeziehung des "Systemischen Ansatzes" von Bert Hellinger weiter entwickelte Therapie wurde, für autistische Kinder, später als traumatisierend verworfen. Die Erklärungstradition von Bruno Bettelheim und Nikolaas Tinbergen die als Grundlage dieser Therapie dienten, gingen irrtümlich davon aus, dass Autismus durch eine gestörte Mutter-Kind-Beziehung verursacht werde.

Jirina Prekop

Jirina Prekop (Bild: Monika Hermeling)

Die Biografie von Jirina Prekop

Jirina Prekop, die 1929 geboren wurde und in Mähren aufwuchs, arbeitete viele Jahre als Diplom-Psychologin in einer Stuttgarter Kinderklinik. Die Festhaltetherapie übernahm sie von Martha Welch (USA) und entwickelte sie als Chance zur Erneuerung der Liebe in familiären Beziehungen weiter. Sie lebt in Lindau/Bodensee und ist Vorsitzende der "Gesellschaft zur Förderung des Festhaltens als Lebensform und Therapie.
Sie veröffentlichte zahlreiche Bücher. Unter anderen: "Der kleine Tyrann,"
"Schlaf Kindlein-verflixt noch mal",
Jirina Prekop, Erstgeborene: Über eine besondere Geschwisterposition, Kösel-Verlag 2000, 17,95 €

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