Was ist Resilienz eigentlich?

Resilienz bedeutet vereinfacht gesagt, dass die Psyche eines Menschen Belastungen besonders gut aushält und man nie den Lebensmut verliert. Ein Mensch, der über ein hohes Maß an Resilienz verfügt, lässt sich von Schicksalsschlägen nicht so einfach aus der Bahn werfen. Ein resilienter Mensch hat also eine große innere Widerstandskraft.

Die Psychologie hingegen betrachtet die Resilienz als komplexen Mechanismus, der sich aus etwa 100 Faktoren zusammensetzt. Bis heute sind noch nicht alle bekannt, beziehungsweise erforscht. Deswegen ist die Wissenschaft bei der Definition der Resilienz auch wesentlich vorsichtiger als beispielsweise die berühmte Ratgeberprosa. Die Wissenschaft bezeichnet Resilienz als Fähigkeit zu Belastbarkeit und innerer Stärke.

Doch nicht bei jedem Menschen ist das "Immunsystem der Seele" gleich stark ausgeprägt. Die einen haben mehr davon - die anderen weniger.

Die Geschichte der Resilienz

Als Beginn der Forschung zur Resilienz gilt eine Langzeitstudie der US-Psychologin Emmy Werner. Sie hat 40 Jahre lang 700 Kinder, die auf Kauai geboren wurden von Anfang an begleitet. Das Experiment lief etwa drei Jahrzehnte. Etwa 30 Prozent dieser Kinder wuchsen unter eher suboptimalen Bedingungen auf, wurden vernachlässigt und/oder misshandelt. Das prägte viele dieser Kinder bis ins Erwachsenenleben. Auch sie fingen an zu trinken, machten keinen Schulabschluss oder wurden anderweitig verhaltensauffällig. Viele, aber eben nicht alle. Ein Drittel dieser Kinder schaffte es nämlich, sich aus den prekären Verhältnissen zu befreien. Sie machten einen Schulabschluss und führten ein normales Leben. Emmy Werner bezeichnete diese Kinder als "verletzlich, aber unbesiegbar."

Diese Kinder hatten etwas, das die anderen nicht hatten: Eine Bezugsperson, die sich liebevoll um sie kümmerte. Dadurch wurden die negativen Faktoren wieder wettgemacht.

Es geht nicht um toxic positivity

Resilient bedeutet nicht, dass die Person nicht auch mal schlecht drauf ist oder dass schlechte Nachrichten vollkommen abprallen. Resiliente Menschen lassen durchaus ihre Gefühle zu und hadern mit ihrem Schicksal. Sie sind nicht zwangsoptimistisch.

Wer resilient ist, der bleibt aber nicht liegen, sondern steht wieder auf und macht weiter. Ein resilienter Mensch ist deswegen in der Lage Schicksalsschläge oder Stress wegzustecken, weil er mehr als ein Ding hat im Leben, aus dem sie oder er Kraft schöpft.

Das fängt schon bei der allgemeinen Lebensgestaltung an. Ein resilienter Mensch kennt sich sehr gut. Er sucht sich seinen Beruf, seine*n Partner*in nach ihren oder seinen eigenen Kriterien und Maßstäben aus (diese müssen sich nicht mit der Allgemeinheit decken).

Dadurch werden die Partnerschaft und der Job zu einem Kraftort, statt Energie zu rauben.

Starke Menschen wissen, dass sie etwas bewirken können. Hürden sind für resiliente Menschen zum Überwinden da. Wobei das jetzt nicht heißt, dass eine resilienter Person keine Misserfolge hat. Die hat sie oder er durchaus. Nur ist die Betrachtungsweise eine andere. Sie oder er versucht etwas daraus zu lernen und die Sache etwas anders anzugehen.

Resiliente Menschen klammern sich nicht an Lebensentwürfe oder Ziele, sondern sind in der Lage sich flexibel anzupassen.

Resilient

Resilient (Bild: mclcbooks / Flickr)

Kann ich Resilienz trainieren?

Die gute Nachricht ist: Jeder kann lernen sein "seelisches Immunsystem" zu stärken.

1.Veränderungen akzeptieren

Veränderungen gehören zum Leben, auch diejenigen, die wir im ersten Moment als nicht besonders positiv werten. Daraus können sich aber tolle Chancen ergeben, die wir im ersten Moment so nicht wahrgenommen haben.

 2. Netzwerke

Wer weiß, dass er sich auf andere verlassen kann, wenn‘s drauf ankommt, lebt wesentlich entspannter. Resiliente Menschen sind kontaktfreudig und es fällt ihnen in der Regel leicht auf andere zuzugehen.

 3. Optimismus

Jemand, der resilient ist vertraut auf seine Fähigkeiten, das Leben jetzt und zukünftig gestalten zu können - auch wenn es mal schwierig wird. Sie beschönigen nichts, akzeptieren die Situation so wie sie ist, können aber weiterhin zuversichtlich in die Zukunft blicken. Eine Krise bleibt für sie ein zeitlich begrenztes Ereignis, das sie selbst überwinden können.

4. Probleme lösen

Resiliente Menschen erwarten nicht, dass ihre Probleme von anderen gelöst werden. Sie ergreifen von sich aus die Initiative, auch wenn es vielleicht mal unbequem ist. Wachstum liegt eben nur außerhalb der Komfortzone. Ja, das kann man üben.

5. Ausgetretene Pfade verlassen

Schon die Dakota Indianer wussten: "Wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab." Resiliente Menschen sind dank ihrer Fähigkeit zur Reflexion und ihrer Analysefähigkeit dazu in der Lage, ausgetretene Pfade zu verlassen und eine bessere Lösung (für sich) zu finden.

6. Achtsamkeit

Pausen sind ein Teil des Lebens. Deswegen muss man sich regelmäßige Auszeiten gönnen. Das kann der kurze Mittagsschlaf sein, eine Meditation oder der in aller Stille getrunkene Tee oder Kaffee. Unser Körper sagt uns klar, was er braucht. Ein resilienter Mensch hat gelernt auf ihn zu hören.

Der Resilienz-Leitfaden

Die APA (der amerikanische Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen) hat sogar unter dem Titel "Road to resilience" einen Leitfaden herausgegeben. Dieser beinhaltet folgende 10 Punkte:

  1. Soziale Kontakte schließen
  2. Probleme nicht als unüberwindbar ansehen
  3. Veränderungen als Teil des Lebens ansehen
  4. Ziele anstreben
  5. Zum Handeln entschließen
  6. Auf Wachstumschancen achten
  7. Positives Selbstbild aufbauen
  8. Perspektive bewahren
  9. Optimistisch bleiben
  10. Für sich selbst sorgen
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