Dient die Krise nur als Vorwand für tiefgreifende Einschränkungen unserer Grundrechte?

 

 

 

 

 

Foto Quelle: AFP © Ina Fassbender

Die Antwort ist immerzu gleich: Die Regierung benutzte stets aktuelle Entwicklungen, um der Bevölkerung durch gezielte Propaganda Angst einzujagen, und produzierte Feindbilder, die am Ende die Realität ersetzten. 

Ähnliches kann man in der gegenwärtigen Situation erneut beobachten. Wir haben ein sich rasend schnell ausbreitendes Virus, das zu einer Pandemie führte. Tatsache ist, dass die Menschen für diesen Virustyp über keinerlei Antikörper verfügen und sich deshalb schneller anstecken können. Während er bei der absoluten Mehrheit der Fälle nur leichte bis milde Symptome hervorruft, gehören Senioren und Menschen mit Vorerkrankungen und geschwächtem Immunsystem zur Risikogruppe, bei denen die durch das Virus ausgelösten Komplikationen zum Tod führen können.

Soweit die Faktenlage. Man kann jetzt darüber streiten, ob man diese oder jene Maßnahme hätte früher einleiten sollen, um die Verbreitung einzudämmen. Oder ob es sinnvoll und tatsächlich notwendig war, die gesamte Wirtschaft und das öffentliche Leben komplett stillzulegen und die Menschen in ihre Wohnungen zu verbannen, um gleichzeitig sogar noch Wochen später Flüge aus Ländern wie China, dem Iran oder Italien landen und die Fluggäste ungehindert einreisen zu lassen. 

Solche Fragen stellen sich, wenn man den Umfragen Glauben schenken darf, nur den allerwenigsten. Politik und Polizei melden seit Tagen, dass die seit drei Wochen geltenden Ausgangsbeschränkungen größtenteils eingehalten werden, ohne dass es auf deutschen Straßen eines Großaufgebots von bewaffneten Polizisten, Militärs oder sonstigen Freiwilligenverbänden bedürft hätte. Daß das so ist, hat natürlich etwas mit der realen Gefahr einer Ansteckung zu tun. Gleichzeitig jedoch auch mit der massiven Medienkampagne #Wir sind für Euch da, bleibt Ihr dafür zu Hause und der vernichtenden Kritik gegenüber abweichenden Meinungen, selbst wenn sie von weltweit anerkannten Experten kommen.

Dass dabei die Grundrechte auf eine derartige Weise so massiv beschnitten werden, wäre bis vor kurzem unvorstellbar gewesen. Seltsamerweise scheint dies jedoch nicht wirklich zu stören. Daß der Bevölkerung von Seiten der Regierung quasi über Nacht Hausarrest erteilt und all jene Rechte entzogen wurden, für die andere Menschen in den vergangenen 70 Jahren auf die Straße gegangen sind, hat man stillschweigend akzeptiert. Die eingetrichterte Angst vor dem unsichtbaren Feind war so allumfassend, so allgegenwärtig, dass sich die Bevölkerung mit den Erklärungen des alles andere als souverän und überzeugend auftretenden Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, zufrieden gab. 

Jugendliche, denen man ansonsten nachsagt, von rebellischer Natur zu sein, und die in den vergangenen Jahrzehnten die Protestbewegungen anführten, sitzen nun stumm vor ihren Handys und gehorchen ausnahmsweise den Anweisungen der Eltern. Noch wenige Monate zuvor waren sie zu Hunderttausenden auf den Straßen um lautstark für mehr Klimaschutz zu protestieren. Auch in den vergangenen Jahrzehnten waren es die Jugendlichen und Studenten, die immer wieder auf die Straße gingen und sich für ihre Freiheit einsetzten. 

Es regte sich erst ein zaghafter Widerstand, als Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU durch die Hintertür eine Handyüberwachung ins neue Infektionsschutzgesetz einschreiben wollte und somit dem fortschreitenden Überwachungssystem vollends Tür und Tor zu einem totalen Überwachungsstaat geöffnet hätte. Dieser Punkt wurde dann vorerst zu den Akten gelegt. Man setzt noch auf die freiwillige Bereitschaft der Bevölkerung, sich zur Virenprävention kontrollieren zu lassen. War da nicht auch schon mal was mit "zum Schutz vor Terrorismus"?

Kein Wunder, schlagen Experten wie der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, Alarm. Was da vielleicht ja erst mal ganz verlockend klingt und immer noch besser ist, als den Leuten das Ausgehen zu verbieten, kann auch ganz schnell in einer total überwachten Gesellschaft enden. Vom Datenschutz und den Gefahren von Datenmissbrauch einmal ganz abgesehen. 

Ein anderer, der diese Verwandlung nach dem 11. Sept. 2001 in den USA live miterlebt hat, ist Edward Snowden. Er warnt uns Europäer mit berechtigter Sorge aus seinem Moskauer Exil davor, daß nun im Zuge der Corona-Krise bei uns das Gleiche passiert wie in den USA nach dem 9/11. Damit hat Snowden natürlich vollkommen recht. Ob es das ist, was die Regierung plant oder nicht, sei mal dahingestellt. Was zählt ist das, was nach dem Ende der Pandemie übrig bleibt. Und das sind genau die Dinge, die in der Krise als vermeintliches Mittel zur Bekämpfung derselbigen eingeführt und ins Gesetzbuch eingetragen werden. Was man erst mal eingeführt hat, wird man hinterher nicht mehr los, sagt selbst der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts. 

Wie schnell das gehen kann, dass die Bevölkerung plötzlich in einem ganz anderen Land aufwacht, zeigt die gegenwärtige Krise augenscheinlich. So ließ beispielsweise Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) nichts anbrennen, als er bereits Mitte März den Vorschlag unterbreitete, Grundgesetzänderungen vorzunehmen, damit Gesetze auch dann verabschiedet werden können, falls der Parlamentsbetrieb eingestellt würde. Das ging dann - glücklicherweise - den parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen doch zu weit so, dass sie diesen Vorschlag ablehnten. 

Ein weiteres Phänomen der Corona-Krise ist die "Militarisierung der Pandemiebekämpfung", wie es der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Linke) nennt. So gibt es in einigen Kommunen Pläne, die Bundeswehr mit polizeilichen Aufgaben zu betrauen, was vom Verteidigungsministerium unter Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) natürlich forciert wird. Mit dieser "schleichenden Vermischung der Kompetenzen für innere und äußere Sicherheit" werde die strikte Trennung der Sicherheitsorgane aufgeweicht, heißt es in dem Positionspapier. 

Dabei ist das längst keine Entwicklung mehr, die nur auf Deutschland beschränkt ist. In Frankreich hat Präsident Macron sogar einen Krieg gegen das Corona-Virus ausgerufen, was eigentlich genauso lächerlich ist wie der "Krieg gegen den Terror", den der damalige US-Präsident George W. Bush nach 9/11 ausgerufen hatte. Man kann keinen Krieg gegen den Terror führen, den man zuvor selbst jahrelang gefördert hat, und noch viel weniger kann man einen Krieg gegen ein Virus führen. 

Dennoch verfolgt auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell genau diese Strategie. Die EU-Staaten sollten sich stärker über Einsatzmöglichkeiten ihrer Armeen im Kampf gegen das Corona-Virus austauschen, sagte Borrell am 6. April nach einer Videokonferenz mit den Verteidigungsministern der Union. Eine Arbeitsgruppe, die in seinem Büro angesiedelt wäre, könnte demnach mit dieser Aufgabe betraut werden und überprüfen, welche Möglichkeiten es für die Armeen gibt. (um notfalls auch ein Aufbegehren der eigenen Bevölkerung gewaltsam niederschlagen zu können). 

Eines scheint jedoch festzustehen: Die Veränderungen, die jetzt vorgenommen werden, bedeuten für die Zukunft keinesfalls mehr Freiheit und Demokratie für die Bürgerinnen und Bürger, sondern vermutlich weitaus weniger. Aktuelle Eingriffe in die Freiheitsrechte werden Corona überdauern. 

Die Menschen sollten daher ganz genau darauf achten, welche Realität sie an jenem Tag vorfinden werden, wenn sie wieder aus ihren Wohnungen heraus und in den Alltag zurückkehren dürfen.

 

Gedankenwelt, am 09.04.2020
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Bildquelle:
http://www.geschenke-der-hoffnung.org/ (Weihnachten im Schuhkarton)
Kuscheltier (Tunnel-Menschen - ein Leben in Dunkelheit)

Autor seit 11 Jahren
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