Neandertaler sammelten Beeren und Nüsse

In der letzten Warmzeit, vor etwa 120.000 Jahren, bot Mittel-Europa den Menschen sehr günstige Lebensbedingungen. Die Sommer waren länger und feuchter als heute, die Winter kürzer und milder. Dadurch gedieh eine üppige Vegetation, die zahlreichen Tierenarten Nahrung gab. Sogar Flusspferde stapften im Oberrhein. Menschen durchstreiften Europa nach Nahrung. Sie passten sich ihrer jeweiligen Umwelt an. Wahrscheinlich leistete die Jagd nur einen sehr kleinen Beitrag zur Ernährung. Da gewährleistete das Sammeln von Nüssen, Beeren, Wurzeln, Eier, Muscheln und Insekten eine sicherere Lebensgrundlage. Tiere wandern fort, Pflanzen nicht. Sie wachsen an bestimmten, charakteristischen Standorten, die Frauen und Kinder gezielt aufsuchten.

Die Nahrungsquellen der Natur sprudelten zu unterschiedlichen Jahreszeiten und an wechselnden Orten. Die Menschen folgten diesem Rhythmus und hielten sich oft nur wenige Wochen an einem Lagerplatz auf. Ein typisch warmzeitlicher Lagerplatz lag nicht in einer Höhle, wie in unserem idyllischen Beispiel, sondern vielleicht am Ufer eines Sees oder Flusses. Dort fand sich auch genügend aus den Bergen herab transportierter Schotter, das Rohmaterial für Steinwerkzeuge.

Jäger und Sammler (Bild: Pressefoto:Neanderthal-Museum/H.Neumann)

Eiszeit in Europa

Am Ende der Warmzeit wurde es allmählich kälter. Eine offene, von Gras- und Krautsteppen geprägte Landschaft dominierte in ganz Europa. Die Sommer waren warm, aber kurz. Der Winter dauerte sieben Monate und Stürme fegten über das Land. Die an ein Leben in der Kälte angepassten Großtiere mussten weite Wanderungen unternehmen, um genügend Futter zu finden. Die Neandertaler folgten ihnen, denn nun aßen sie mehr Fleisch. Je kühler das Klima, desto weiter verstreut waren die Nahrungsquellen und desto größer war der Energieverbrauch. Sie hatten durch ihren kräftigen Körper ohnehin einen hohen Energiebedarf, den Fleisch am besten deckte.

Als Jagdwaffen benutzten sie einfache Holzlanzen, aber auch Speere mit Steinspitzen. Jagd gilt gemeinhin als Männersache, doch daran zweifeln Archäologen inzwischen. Im Steinzeitmüll fand sich eine große Zahl Knochen von kleinen Beutetieren, wie Hasen, Füchse oder Vögel. Die sind mit aller Wahrscheinlichkeit von Frauen gefangen worden. Somit haben sie zusammen mit den gesammelten Pflanzen zwischen 50 und 70 Prozent der gesamten Nahrungs-Kalorien für die Familie geliefert. 

Neandertaler stellten Werkzeuge und Kleidung her

Ein typisch eiszeitlicher Lagerplatz könnte sich in einer nach Süden offenen Höhle, in einem geschützten Tal befunden haben. Herden von großen Pflanzenfressern, wie das Mammut, durchzogen das Tal auf ihren jahreszeitlichen Wanderungen. Auch während der kalten Monate bot der lockere Bestand von Kiefern, Birken und Wacholder am Tal Grund einigen Tieren Schutz und Nahrung. Und dem Menschen bescherte dies Essbares und wertvolles Brennholz. Sammeln und Jagen mag beschwerlich erscheinen, doch Studien der letzten heute noch lebenden Sammler- und Jäger-Völker zeigten anderes. Die Frauen wendeten etwa 12 Stunden pro Woche auf, um Pflanzennahrung für alle herbeizuholen. Den Männern reichten 21 Stunden, um genügend Fleisch zu beschaffen. Sicherlich vegetierten die Neandertaler nicht dumm und dumpf in ihren Höhlen. Ihnen blieb genügend Zeit, um Steinwerkzeuge und Kleidung geschickt anzufertigen.

schnitzender Neandertaler (Bild: Pressefoto:Neanderthal-Museum/H.Neumann)

Bison-Magen als Kochtopf

Die Neandertaler kannten das Feuer und nutzten es. Schwer Verdauliches konnte durch Erhitzen genießbar gemacht und der Geschmack verfeinert werden. Auch ohne Edelstahlkochtopf, Elektroherd oder Mikrowelle ließ sich gut kochen. Es gab sogar mehrere Methoden. Aus Fell, Leder oder Tiermägen konstruierten die Steinzeitmenschen ihre "Kochtöpfe". Sie hingen an Gerüsten aus starken Ästen über Feuerstellen. Ein Bison-Magen als Kochgefäß soll selbst bei täglicher Benutzung mehrere Monate halten.

Man kann auch mit erhitzen Steinen in Gefäßen aus Holz oder Birkenrinde, in wasserdichten Körben oder in mit Leder bzw. Fellen abgedichteten Gruben einen steinzeitlichen Eintopf zubereiten. Für diese Methode nach dem Tauchsieder Prinzip eignen sich am besten Granit-, Basalt- und Quarzit-Steine. Die lassen sich bis zu 25-mal wiedererhitzen, bevor sie platzen. Die heißen Kochsteine nimmt man mit einer Holzzange aus dem Feuer, spült sie kurz im klaren Wasser ab und taucht sie in den Eintopf. Schon beim vierten Stein fangen etwa drei Liter Flüssigkeit an zu kochen.

Kochen in Kochgruben

Schaf, Fuchs oder Ziege konnten auch im eigenen Fell gegart werden. Dazu nahmen die Steinzeitmenschen solch ein Tier aus und verstopften den Schlund mit einem geeigneten Kieselstein. Anschließend füllten sie Wasser und heiße Steine ein und nähten das Tier zu. Wenn die Haare vom Fell abfielen, war das Fleisch gar.

Eine weitere, mögliche Methode: Dem gehäuteten Tier wurde das Fleisch von den Knochen gelöst, in den Magen des Tieres gesteckt, Wasser hinzugegossen und die Knochen dienten als Brennmaterial. Diese Methode ist für Steinzeitmenschen durchaus denkbar, doch für Archäologen hinterlässt sie keinerlei Spuren.

Kleine Tiere ließen sich prima in einen dichten Lehmmantel einhüllen. An den Rand der Feuerstelle gelegt, garte das Fleisch ganz allmählich im eigenen Saft und konnte auch nicht verkohlen. Zum Essen schlug man den festen Ton einfach auf. Fleisch mit Gemüse und schmackhaften Kräutern in Blätter eingewickelt dämpfte in Kochgruben mit heißen Steinen vor sich hin - ein komplettes Menü mit Sauce. Sogar heute ahmen wir diese geniale Methode mit modernen Mitteln wie Römertopf oder Garen in der Alufolie nach.

Spießbraten und Grillen unbeliebt

Abbildungen über die Nahrungszubereitung in der Steinzeit stellen häufig Feuer dar, an denen Fleisch am Spieß röstet. Damals lebten die Menschen aber nicht in einer unendlichen Grillsaison bei untergehender Sonne, sondern für sie waren Braten am Spieß oder Grillen nur zwei Garmethoden unter vielen. Sie grillten eher selten, denn es geht dabei reichlich kostbares Fett verloren. Wir sind froh darüber, aber die Neandertaler schätzten es als wertvollen Energielieferanten. Geschmack fanden sie sicherlich auch an einem Kotelett vom Wildschwein auf einem heißen Stein gebraten. Selbst wildes Getreide, im rohen Zustand schwer verdaulich, konnte durch Rösten genießbar gemacht werden.

Jäger schneidet Fleisch (Bild: Pressefoto: Neanderthal-Museum/H.Neumann)

Einfrieren, Räuchern und Trocknen

Ohne Konservendose und Tiefkühltruhe lassen sich schon in der Steinzeit Konservierung und Vorratshaltung nachweisen. Das einfachste war bestimmt das Einfrieren im Winter. Fleisch und Fisch konnte auch durch Räuchern vor dem sicheren Verderb geschützt werden. Dazu klemmten Steinzeitfrauen oder -männer ganze Fische oder Fleischstücke zwischen oben und unten zusammen gebundenen Röststäben und stellten sie am Feuer auf. Um Obst und Gemüse haltbar und transportfähig zu machen, bot sich das Trocknen an. Nicht zuletzt lagerten die Neandertaler Lebensmittel in kühlen Erdhöhlen oder abgedeckten Gruben ein.

Neanderaler mit O- und X-Beinen

Archäologen fanden heraus, dass Jäger der Steinzeit zumindest in Süddeutschland eine gesicherte Existenzgrundlage besaßen. Zeiten mit Not und Mangel wird es nur im beginnenden Frühjahr gegeben haben. Dann gingen die Wintervorräte zur Neige und die natürlichen Nahrungsquellen standen noch nicht wieder zur Verfügung. In solchen Notzeiten ein abgemagertes Wild zu jagen, war völlig nutzlos. Beim Jagen, Zubereiten und Verdauen des ausgezehrten Fleisches verschwendete der Mensch mehr Energie, als er durch den Verzehr aufnehmen konnte.

Eine andere Art der Unterversorgung fiel an einigen Skeletten auf. Die Neandertaler Westeuropas hatten krumme Beine. Heute sind Vorgeschichtler überzeugt, dass O- oder X-beinige Neandertaler an Rachitis litten. Diese Erkrankung beruht auf einem Mangel an Vitamin D. Vitamin D kann nur in der Haut mit Hilfe ultravioletter Sonnenstrahlen erzeugt werden. Nun gab es während der Kaltzeiten in Europa gewiss wenig Sonnenschein, der Himmel war oft wolkenverhangen und die frierenden Menschen bekleideten sich mit wärmenden Pelzen.

Neandertaler aßen vielfältig

Alles in allem ernährten sich die Neandertaler abwechslungsreicher. Fast alle jetzt bekannten Früchte gab es schon damals in Form ihrer wilden Vorläufer. Es wurden mehr Wurzeln, Knospen, Blätter, Stengel, Früchte, Pilze und unterschiedliche Tierarten verspeist. In den Jahrtausenden verengte sich das Angebot an Nahrungsmittel durch Landwirtschaft und Industrialisierung. Dafür kommt heute makelloses Obst und Gemüse der Handelsklasse Extra auf den Tisch. Wer mag, kann täglich bei untergehender Sonne im Garten grillen.

Pflanzliche Nahrung - Schlehe, Traubenkirsche, Holunder, Hagebutte, Sanddorn, Him-, Brom- und Wald-Erdbeere, Haselnuss, Bucheckern, Eicheln, Wilde Möhre, Pastinak, Wiesen-Kümmel, Steinpilz, Pfifferling, Beifuß, Klee, Veilchen, Hahnfuß, Kiefernnüsse, Wacholderbeeren, Bart- und Moosflechten

Tierische Nahrung - Damhirsch, Wildschwein, Pferd, Ur, Nashorn, Waldelefant, Feldhase, Rotfuchs, Rentier, Moschusochse, Pferd, Bison, Wollnashorn, Mammut, Schneehase, Eisfuchs

Mit Steinzeit-, Neandertaler- oder Paleo-Diät gegen Übergewicht

Die Anhänger der Diäten propagieren, viel Fleisch, Obst und Gemüse zu essen. Alle verarbeiteten Lebensmittel, wie Brot oder Nudeln und vieles andere mehr, und Fertiggerichte stehen nicht auf dem Speiseplan. Die Theorie hinter diesen Diät-Prinzipien ist: Der menschliche Körper konnte sich in den Jahrtausenden noch nicht an die heutigen Lebensmittel und Lebensstil gewöhnen. Daher sind Zivilisationskrankheiten, wie Übergewicht, Herzinfarkt und Diabetes entstanden. Zudem waren Neandertaler leistungsfähiger als der heutige Durchnschnitts-Mensch!

Steinzeit-Clooney

Steinzeit-Clooney (Bild: Neanderthal-Museum/H.Neumann)

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