Der Palmrüssler frisst und frisst - Phönix-Palmen, Washington-Palmen oder bald nur noch Kunst-Palmen?

Südliches Flair

Gesunde Palme

 

 

 

Gesunde Palmen - typisches Mittelmeerflair

Inzwischen sind etliche Jahre vergangen, und hier nur ein paar nüchterne Zahlen: Man spricht allein im Raum von Marbella von 3.000 befallenen Palmen, aber hinter vorgehaltener Hand von noch sehr viel mehr. Auch der Park um den berühmten Palast des Al Fahd blieb nicht verschont.

Tausende von Palmen verloren

Das berühmte kulturelle Welterbe in Gestalt des Palmen-Waldes von Elche an der Costa Blanca hat von seinen circa 260.000 Palmen bisher schon mehr als 2.000 verloren. Inzwischen hat der "Rhynchophorus ferrugineus", wie er bei den Botanikern heißt, die Kanarischen Inseln, die gesamte spanische Mittelmeerküste einschließlich Mallorca heimgesucht, seit September 2006 auch die Cote d' Azur,  Ligurien. Gemeldet wurde jüngst auch seine Ankunft in Apulien und Sizilien! Wenn der angeblich aus Ägypten eingeschleppte Palmrüssler noch weiter so wütet, "dann fehlt unserer Landschaft bald das typisch südliche Flair", so Claudio Littardi aus San Remo. In dieser Touristenmetropole an der italienischen Riveria, an deren Küste über 200.000 dieser prächtigen Exemplare stehen, ist ein Palmenforschungszentrum angesiedelt. Doch dort wie auch in der ähnlichen Einrichtung, der  "Estación Phoenix" in Elche bei Alicante, die in Spanien auf diesem Gebiet führend ist,  gesteht man, dass man bisher kein richtiges Mittel gegen den roten Palmenkiller gefunden habe.

Ein überaus gefräßiger Käfer

Der gefräßige Käfer kann eine Palme bis zu 20 Kilometer (!) weit riechen und sie anfliegen.

Der Palmrüssler

Larve Strunkloch

 

 

 

 

 Palmrüssler mit dem langen Rüssel   -  die gefräßige Larve -      Eintrittsloch im Palmenstrunk

Seine Saison geht von Frühjahr bis Herbst, in der er in einen gesunden Palmenstamm seine langen Gänge frisst und Hunderte seiner Eiern legt. Jeder einzelne Käfer kann 400 Nachkommen zeugen. Die entstehenden Larven bauen sich dann aus Palmfasern einen Kokon in Eiergröße. Forstwissenschaftler Stefano Colazzo vom Palmen-Forschungszentrum in San Remo: "Wenn es die Palme erwischt hat, dann ist sie geliefert. Kaputte palmeWenn also die obersten frischen Palmblätter, die senkrecht in die Höhe stehen müssten, sich nach unten neigen, dann ist es bereits zu spät, dann hat der Palmrüssler das Herz der Palme zerstört" (wie im Bild links). Dann bliebe nur noch eines: umhauen und sofort gründlich verbrennen: "Man kann durch gründliche Vernichtung der befallenen Palmen die weitere Ausdehnung nur eindämmen," so sein Kollege Michel Ferry in Elche.  Die Folgen der chemischen Keule durch Schädlingsbekämpfungs-Mittel für die übrige Fauna könne man noch nicht abschätzen. So erproben die Forscher jetzt Duftfallen wie für den Borkenkäfer  und Bestrahlungen – bisher ohne Erfolg.

Chemische Keulen

Besitzer und Gärtner versuchen, wertvolle Palmen-Bestände mithilfe von Chemie-Keulen zu retten: Stehen die Herzblätter noch gerade,  man entdeckt aber Löcher im Palmenstamm, dann bohrt der Gärtner den Stamm an und spritzt an mindestens vier bis fünf Stellen ein bestimmtes chemisches Mittel ein. Zusätzlich bespritzt er die restlichen Palmblätter mit einem anderen scharfen Mittel. Übrigens erhält man als Laie die giftigen Chemiesubstanzen, die Chlor enthalten, zur Selbsthilfe gar nicht, diese Aktionen wurden nach langwierigen Ausschreibungen, in denen der Käfer ungehindert weiterfraß, an große potente Gärtnerketten vergeben. Die Behandlung der Palme, die allein an Material schon pro Vorgang und Palme mindestens 25 Euro kostet, muss man alle 14 Tage wiederholen, vergisst man das nur einmal, kommen die Larven wieder. Rechnet man die Arbeitszeit der Gärtner hinzu, so kostet es Tausende Euro, wenn es einem die eigenen Palmen wert sind. Doch haben diese Palmen je nach Alter in sich einen großen Wert: Man rechnet circa 350 €uro pro Meter Stammhöhe. Da ist es schon verständlich, wenn Besitzern hoher und dicker Phönix-Palmen die Tränen beim Fällen ihres Bestandes kommen. Dieser regelmäßige Einsatz der Chemie macht die Arbeit der Menschen ungeheuer schwierig und ist trotz Schutzkleidung nicht gerade gesundheitsfördernd. Und immer wieder berichten Betroffene, dass auch trotz dieses angeblichen Gegenmittels ihre Palmen eingegangen seien.

Oft hilft nur Verbrennen

Die Bürger fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen. "Wegen einer einzigen Palme rücken die doch gar nicht mehr aus bei der Vielzahl von Anforderungen", so wird über die Gemeinden geklagt. Und überdies kritisiert, dass die gefällten befallenen Palmen offen auf Lastwägen  abtransportiert werden, was die Verbreitung des Parasiten wunderbar erleichtert und dies allenfalls noch zur Arbeitsbeschaffung entsprechender Transportunternehmen dient. Hinzu kommt der Leichtsinn benachbarter Palmenbesitzer, die nichts tun oder nicht vor Ort  zu erreichen sind und mit ihren kranken Palmen auf dem Grundstück die Umgebung anstecken.

Bleibt nur der Trend zur Kunstpalme?

Doch was heißt "sofort verbrennen"? Aufgrund der großen Küstenbrände der letzten Jahre hat die Administration Gartenfeuer erschwert: Dazu muss man etwa an der Costa del Sol in der Provinzhautpstadt Málaga erst mal einen Antrag stellen und bis dann die Erlaubnis käme - im wahrsten Sinne ein gefundenes Fressen" für den Käfer. Kann man nur hoffen, dass dieser Käfer, der allerdings auch Zuckerrohr und Agaven nicht verschmähen soll, nicht auch noch die Fächerpalme  (Bild rechts) befällt, wenn er die Dattel-Palmenflora am Mittelmeer erst mal aufgefressen hat.

In der Werbung häufen sich zynischerweise die Angebote von Kunstpalmen! Wenn nicht bald ein Mittel gegen den gefräßígen Palmrüssler gefunden wird, geht der Trend vielleicht eines Tages  tatsächlich zur Kunstpalme am Mittelmeer, schließlich ist das Kunsthandwerk heute in der Lage, Pflanzenblätter täuschend echt nachzuahmen. Ökologen dürften nichts dagegen  einzuwenden haben: Die Kunst-Palme muss man nicht  gießen und sie spart deshalb wertvolle Trinkwasservorräte!

Bildnachweise: Udo Lenze, Palmasur, Gabriele Hefele

Arlequina, am 27.09.2011
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