Das vergessene Massaker an den Ute-Indianern im Wilden Westen
Das Massaker an den Ute-Indianern in den frühen 1860er Jahren ist eines der weniger bekannten Ereignisse der US-GeschichteEin Zeltlager der Ute-Indianer (Bild: Thiophene_Guy / Flickr)
Der Weg zur Eskalation begann in Nordwest-Colorado
In den frühen 1860er Jahren spitzten sich die Spannungen in Colorado zu. Immer mehr Siedler ließen sich illegal im Ute-Gebiet nieder. Die Jagdgründe wurden zerstört, Wildtiere vertrieben, Wasserstellen besetzt. Ute-Führer protestierten bei Regierungsstellen, doch sie wurden ignoriert oder hingehalten. Ein zentraler Wendepunkt war der Vertrag von 1863, bei dem den Ute große Teile ihres Landes genommen wurden. Obwohl sie sich zur Abtretung zwingen ließen, hielten sich viele Siedler nicht an die neuen Grenzen.
Gewaltakte nahmen zu - auf beiden Seiten. Während Ute-Krieger gelegentlich Siedler angriffen oder Viehherden plünderten, reagierten Siedler-Milizen mit brutaler Vergeltung. Der tragischste und zugleich am wenigsten dokumentierte Vorfall dieser Zeit eriegnete sich vermutlich im Spätherbst 1865 oder im Frühjahr 1866. In einem abgelegenen Tal in Nordwest-Colorado, nahe des heutigen Craig, lagerte eine friedliche Ute-Gruppe unter der Führung eines Häuptlings namens Tavaputs. Die Gruppe bestand größtenteils aus älteren Menschen, Frauen und Kindern. Sie hatten sich dorthin zurückgezogen, nachdem Gerüchte über eine bevorstehende Militäroffensive die Runde machten.
Das Massaker an den Ute-Indianern ist kaum im öffentlichen Bewusstsein präsent
Ohne Vorwarnung griff eine Einheit aus freiwilligen Milizionären - bestehen aus lokalen Ranchern und ehemaligen Soldaten - das Lager an. Unter dem Vorwand, es handle sich um "feindliche Indianer", eröffneten sie das Feuer. Zeugenaussagen, die Jahrzehnte später gesammelt wurden, sprechen von mindestens 30 getöteten Ute, darunter viele Frauen und Kinder. Überlebende wurden verstreut, manche später gefangen genommen oder in entfernte Reservationen deportiert.
Die genaue Zahl der Toten ist nicht überliefert, ebenso wenig die Namen der Täter. Das Massaker wurde nie offiziell untersucht oder strafrechtlich verfolgt. In den Archvieren der Zeit finden sich kaum Hinweise - ein Beweis für das Schweigen, das sich über viele solcher Vorfälle legte. Für die Ute war dieses Massaker ein Wendepunkt. Es markierte den endgültigen Bruch mit den Weißen und die Hoffnung auf eine friedliche Koexistenz. In den folgenden Jahrzehnten wurden sie schrittweise in kleine, abgelegene Reservationen gezwungen, weit entfernt von ihren ursprünglichen Jagdgünden.
Die kulturelle Zerschlagung folgte der physischen Vertreibung. Bis heute ist das Massaker an den Ute-Indianern kaum im öffentlichen Bewusstsein präsent. Kein Denkmal erinnert an die Toten, keine Schulbücher erzählen von diesem Vorfall. Es ist Teil jener "unsichtbaren Geschichte", die zwar existiert, aber nicht erzählt wird - weil sie unbequem ist, weil sie Fragen stellt, und weil sie von Schuld berichtet, die nicht eingeordnet wurde.
Die Erinnerung an dieses Massaker ist nicht nur eine moralische Pflicht gegenüber den Opfern, sondern auch ein Schlüssel zum Verständnis der Dynamik, mit der die USA zur kontinentalen Großmacht wurde: durch Expansion, Gewalt und die systematische Verdrängung indigener Kulturen. Gerade weil es kaum Spuren dieses Massakers gibt, muss es in Erzählungen weiterleben - als Mahnung, als Gedenken und als Teil einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Westens.
Bildquelle:
State Library of Queensland
(Goldrausch im Wilden Westen)
PublicDomainPictures
(Amerika - Entstehung einer Weltmacht)