Das Rätsel der spurlos verschwundenen Produkte

Falsch gedacht! Wohl jeder Gewohnheitskäufer hat schon einmal vergeblich nach den ihm vertrauten Waren gesucht. Wenn Produkte dauerhaft spurlos aus dem Handel verschwinden, kann dies natürlich vielfältige Ursachen haben: Eventuell existiert der Hersteller nicht mehr, oder die Handelskette arbeitet einfach mit neuen Lieferanten zusammen. Schlimmstenfalls wurde das betreffende Produkt vielleicht sogar verboten, weil Sicherheitsaspekte oder gesetzliche Vorgaben nicht eingehalten werden konnten.

Doch gelegentlich sind auch sehr beliebte und jahrelang erfolgreich verkaufte Marken wirtschaftlich gesunder Unternehmen betroffen. In diesem Fall liegt die Ursache meist bei den Herstellern selbst. In deren Führungsetagen glaubt man dann offenbar, dass ein bestimmtes Erzeugnis bald nicht mehr konkurrenzfähig sein wird. Schöne Beispiele dafür sind die häufig wechselnden Modellpaletten der Autokonzerne oder auch die sich rasant verändernde Computer-Branche.

Ein weiterer Grund könnte zudem der Profilierungsdrang sein: Eine neue Führungskraft möchte sich modern und dynamisch präsentieren und entfernt daher aus der Fertigungspalette die älteren Markenprodukte. Vereinzelt ist bestimmten Investoren (Stichwort: "Heuschrecken") jedoch auch schlichtweg die Rendite zu gering.

Welche tatsächlichen Überlebenschancen ein Fabrikat hat, wird unter anderem durch den sogenannten Produktlebenszyklus ermittelt. Grob vereinfacht ausgedrückt, bildet dieser den normalen Lebenslauf eines Erzeugnisses unter rein rechnerischen Gesichtspunkten ab. Grundsätzlich lassen sich daraus die Entwicklung der Verkaufszahlen sowie das Verhältnis von Umsatz und Gewinn zueinander ableiten.

Ein Produktlebenszyklus beginnt: die Einführungsphase

Wird ein neues Erzeugnis am Markt platziert, steigen die Verkaufszahlen in der Regel zunächst stetig an. Der Umsatz wächst also konsequent. In dieser Phase werden jedoch trotz steigender Nachfrage die Kosten nicht gedeckt, so dass ein negativer Gewinn, also ein Verlust, erzielt wird. Dies basiert allerdings nicht etwa auf zu hohen Herstellungskosten. Das einzelne Produkt wird durchaus mit Gewinn vertrieben. Jedoch reicht die Anzahl der verkauften Waren noch nicht aus, um weitere Kosten zu decken. So erfordert eine Markteinführung beispielsweise erhöhte Werbeaufwendungen. Der Umsatz reicht also für eine gewinnträchtige Produktion noch nicht aus.

Die Wachstumsphase: das Goldene Zeitalter eines Produkts

In diesem "Lebensabschnitt" steigt die Umsatzkurve weiterhin kontinuierlich an. Der Umsatz-Zuwachs, also die prozentuale Steigerung der Verkaufszahlen, erreicht nun den höchsten Punkt. Da das Produkt nun sicher am Markt etabliert ist, erwirtschaftet der Hersteller zudem einen schnell steigenden Gewinn, welcher ebenfalls in der Wachstumsphase seine höchste Ausprägung erreicht. Diese Gewinnmaximierung resultiert nicht allein aus den Umsatzzahlen, sondern auch aus einer durch die höhere Nachfrage möglichen Preissteigerung.

Die Reifephase: versteckte Vorboten des Niedergangs

Rein zahlenmäßig erreicht der Umsatz nun maximale Ergebnisse. Das Produkt ist überall präsent und wird in vergleichsweise hohen Stückzahlen konsumiert. Doch diese Epoche der scheinbaren Marktmacht beinhaltet bereits versteckte Vorboten des Niedergangs. Der Umsatzzuwachs sinkt bis auf 0 Prozent ab, denn die Verkaufszahlen sind nun ja nicht weiter steigerbar. Dramatischer jedoch ist die Verringerung der Gewinnmargen. Durch nachgeahmte, bessere oder modernere Produkte ist mittlerweile ein Konkurrenzkampf entstanden, welcher recht oft über den Verkaufspreis ausgeglichen wird. Der maximale Umsatz entsteht also vor allem durch höhere Stückzahlen zu geringeren Preisen.

Die Sättigungsphase: Ein Produkt wird alt

In dieser Phase verhält sich selbst der Gesamtumsatz leicht, aber kontinuierlich rückläufig. Damit erreicht der Umsatz-Zuwachs erstmals einen negativen Wert. Dennoch wird mit dem Erzeugnis immer noch Gewinn erwirtschaftet, welcher allerdings stetig absinkt. Spätestens in dieser Phase sollte ein Unternehmen entsprechende Nachfolgeprodukte am Markt platzieren.

Die Rückgangsphase: das unweigerliche Ende aller Erzeugnisse

Der Lebenszyklus des Produkts ist nun in die letzte Etappe seiner Existenz eingetreten. Noch lässt sich die Ware verkaufen, wenngleich der Trend auch rückläufig ist. Doch analog zur Einführungsphase reicht der erzielte Umsatz nun nicht mehr für eine gewinnbringende Produktion aus. Dass trotz der Verluste weiterhin produziert wird, kann verschiedene Ursachen haben: Möglicherweise hat das Nachfolgeprodukt nicht rechtzeitig die Marktreife erlangt. Um nun die Kunden weiterhin an eine bestimmte Marke zu binden, nimmt der Hersteller deshalb kurzfristig lieber Verluste in Kauf. In der Automobil-Zulieferindustrie hingegen umfasst die dort recht lange Rückgangsphase meist die Ersatzteilproduktion für ältere Fahrzeuge.

Irgendwann jedoch ist bei jedem Erzeugnis endgültig Schluss. Der ahnungslose Verbraucher hat vom Produktlebenszyklus und seinem Verlauf natürlich meist recht wenig bemerkt und ist dann, wie eingangs beschrieben, entsprechend überrascht.

Donky, am 18.10.2019
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