Der olympische Sport will (noch) auf die WHO hören

Aber standhaft wie das gallische Dorf bei Asterix nimmt ein Sektor des öffentlichen Lebens von den Veränderungen um ihn herum kaum Kenntnis: Der Sport und dabei insbesondere der Profifußball, obwohl für den Bürger inzwischen vieles anderes sehr viel wichtiger geworden ist als der Sport.

Das Internationale Olympische Comitee (IOC) beharrt trotz der weltweiten Corona-Pandemie darauf, dass die Olympischen Spiele 2010 in Tokio termingerecht am 24. Juli 2020 beginnen werden. Die notwendigen Qualifizierungen der Sportler für die Spiel werden durchgeführt, eventuell unter erleichterten Bedingungen. Das IOC setzt allein auf den Zeitfaktor, da bis zum Beginn der Spiele noch vier Monate Zeit seien, wenn auch die UEFA, die europaweite Vereinigung für den europäischen Fußball, ihre eigene Europameisterschaft um ein Jahr auf 2021 verschoben habe. Im Gegensatz zur UEFA meint das IOC, "Spekulationen über eine mögliche Verschiebung seien wegen des bestehenden Zeitfensters (Zitat) "kontraproduktiv". Das IOC sollte möglichst schnell einsehen, dass es mit der Erhaltung der Bevölkerung in der Welt wichtigeres gibt als den olympischen Gedanken. Spitzensportler sind gegen Corona ebenso wenig immun wie "normale" Menschen. Ein Ende der Pandemie ist nicht in Sicht und die Zahl der Kranken und Schwerkranken nimmt von Tag zu Tag rapide zu.

Immerhin war der Fackellauf mit dem olympischen Feuer von Griechenland nach Japan unterbrochen, aber in den folgenden Tagen über Wochen durch Japan hindurch wieder aufgenommen werden.

Beim IOC ist aber noch auf Einsicht zu hoffen, denn sein Präsident Thomas Bach hat, wenn auch erst auf mehrfaches Nachfragen, eingeräumt, das IOC werde auf den Ratschlag der Weltgesundheitsorganisation WHO hören. Schließlich sei das IOC in ständigem Kontakt mit der WHO und tausche sich regelmäßig mit diesem aus. Am 17. März ließ das IOC verlautbaren: "Das IOC wird weiterhin den Rat der WHO als führender Agentur der Vereinten Nationen zu diesem Thema befolgen."

Hier besteht somit die Hoffnung, dass bei den Olympischen Spielen der schnöde Mammon "Geld und Kommerz" allen Belangen der Sportler, Zuschauer und Betreuer nachgeordnet ist und bleibt.Gesundheit geht über Sport.

Dieser Hoffnung stehen aber bereits Äußerungen von IOC-Präsident Thomas Bach entgegen, wonach "eine Absage der Spiele für den olympischen Traum von 11.000 Athleten aus 206 Nationalen Olympischen Komitees und dem IOC-Flüchtlingsteam die am wenigsten faire Lösung wäre."

Da tut sich nur die Frage auf, welchen Corona-Schaden für die Welt und besonders Japan der Transport von 11.000 Athleten nach Japan hervorruft.

Der Profifußball lebt weiter in seiner Scheinwelt

Zwei Vorfälle in den letzten Tagen lassen vermuten, dass einige, hoffentlich wenige "Macher" im deutschen Profifußball der 1. Bundesliga in ihrer Scheinwelt leben und nichts Wichtiges mehr von dem wahrnehmen, was außerhalb ihrer Blase geschieht.

Sie haben nicht bemerkt, um nur vier Beispiele zu nennen, dass die Eintrittspreise für Bundesligafußball in den neuen und hochmodernen Stadien, die meist den Namen des größten Sponsors tragen und nicht mehr der Tradition verpflichtet sind, viel zu teuer für "Otto Normalbürger" geworden sind. Sie haben nicht bemerkt, dass ein Facharbeiter viel mehr als ein Leben arbeiten müßte, um auch dann nicht annähernd das zu verdienen, was internationale Spitzenfußballer pro Jahr gezahlt bekommen. Sie haben nicht bemerkt, dass diese Sportler keine Vereinstreue zeigen dürfen, um in der Verdienstskala kräftig und schnell hochzurutschen. Nur der Wechsel bringt das schnelle Geld. Und sie haben auch nicht bemerkt, dass die Ausweitung der Bundeligasaison und der internationalen Wettbewerbe wie Champions-League, Europaleague, Weltmeisterschaft und Europameisterschaft, der neue Wettbewerb der Nationalmannschaften und die veränderte Weltmeisterschaft für Vereine langsam auch für einen Fußballfan zu viel ist.

Mögen die Vereine und Verbände noch mehr Geld scheffeln wollen, der Fan wird sich abwenden. Denn anderes ist jetzt viel wichtiger. Heute ist es die Gesundheit, morgen daraus resultierend die gewachsene Wertschätzung für die Familie und spätestens dann auch der Blick auf das eigene Haushaltsgeld. Denn bald wird vieles nur noch über immer neue Bezahlsender oder Bezahlstreaming zu sehen sein.

Die Causa Hans-Joachim Watzke

Hans-Joachim Watzke führt seit 2005 das Amt des Geschäftsführers bei Borussia Dortmund sehr erfolgreich. Fußball geht ihm über alles, und das läßt er sich auch sehr gut honorieren. Watzke erhielt im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 2,55 Millionen Euro an Gehältern und Boni.

Watzke äußerte sich – seinen BVB im Blick - Mitte März 2020 in der ARD-Sportschau zur Corona-Krise: "Wir müssen ja irgendwann zur Normalität zurückkehren. Wir sollten es auch nicht übertreiben. Die Gesundheitsgefahr für eine Profi-Mannschaft, die aus Athleten besteht, würde ich als nicht so gravierend einstufen." Mit Blick auf die Konkurrenten und die Bundesliga-Spielpause über einen nicht absehbaren Zeitraum und deren Auswirkungen auf kleinere Vereine führte er weiter aus: "Wir sind Konkurrenten und ein Wirtschaftsunternehmen. Am Ende des Tages können nicht die Klubs, die die letzten Jahre gut gearbeitet haben, die belohnen, die es nicht getan haben."

Von notwendiger Solidarität und einem Zusammenstehen in schwierigen Zeiten war bei Watzke keine Rede. Watzkes Einstellung wurde unter Kollegen, in den Medien und in der Öffentlichkeit heftig kritisiert.

Anders hingegen sein Bundesliga Bundesliga-Konkurrent Dietmar Hopp von 1899 Hoffenheim. Er hat sich zur Solidarität im deutschen Fußball geäußert und im Zuge der finanziellen Unsicherheit vieler Vereine aufgrund der grassierenden Coronavirus-Pandemie für gegenseitige Unterstützung unter den Fußballklubs stark gemacht. "Es schlägt die Stunde der Solidarität. Der Starke hilft dem Schwachen. Ich würde mir wünschen, dass dieser sehr naheliegende Solidaritätsgedanke bei allen Protagonisten der Bundesliga Konsens ist", ließ der Hoffenheimer Mäzen in einem Interview auf der Homepage der Kraichgauer wissen. Hopp stellte fest, es dürfe "in dieser Notsituation keine Denkverbote geben" und appellierte wie Bayern Münchens Ex-Präsident Uli Hoeneß für ein Gemeinschaftsgefühl im Sport, auch im Profisport.

Andere Vereinsbosse benannten den Egoismus und die Aussagen Watzkes als "absolut unsolidarisch". Fortuna Düsseldorfs Vorstandsvorsitzender Thomas Röttgermann wurde sehr deutlich und sagte "Ich weiß nicht, was ihn dazu getrieben hat, das zu sagen. Ich halte das für absolut unsolidarisch. Es war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Inhalt."

Laut Geschäftsführer Christian Seifert von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) wurden Hilfen der Großklubs für kleinere Vereine bei der jüngsten Mitgliederversammlung "nicht thematisiert".

Vereinsboss Watzke sieht sich gern als Wirtschaftsboss. Statt zu schwadronieren und sich unsolidarisch und unsozial zu geben, sollte Watzke lieber den Aktienkurs von Borussia Dortmund im Auge behalten und an den notwendigen Stellschrauben drehen, damit der BVB-Fan mit seiner BVB-Aktie nicht in ein finanzielles Fiako gerät. Das wäre seine Aufgabe. Mitte Februar stand die Aktie bei 9,39 Euro, letzten Montag bei 4,60 Euro, am Dienstag morgens bei 4,41 Euro. Aber Watzke beschäftigt sich derzeit lieber mit teuren Neuverpflichtungen aus England und Frankreich für seinen BVB.

Was nutzt es seinem Verein, wenn er immer nur gegen die gleichen wenigen Vereine spielt, die die Corona-Krise finanziell überstanden haben?

Die Causa Horst Heldt

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Fußball-Stars aufgerufen, aus Millionen ihres Gehalts zu verzichten. Das würde den Vereinen am meisten dienen. Dabei betonte Söder unverblümt, er sehe es nicht als vordringlichste Aufgabe der Politik an, Profivereinen das Überleben zu sichern. Wichtiger sei nun die Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. (Zitat Söder): "Ich fände es in Ordnung, wenn viele derjenigen Spieler, die ganz große Gehälter bekommen, ihren Arbeitgebern gegenüber nun etwas zurückhaltender wären." Damit sprach Söder vielen Menschen aus der Seele. Viele Vereine haben mit ihren Spielern bereits auch dieses Thema gesprochen. Eine mögliche Illiquidität von Vereinen, Kurzarbeit wie bereits in Jena und Meppen beantragt, Kündigungen und Gehaltsverzicht sind denkbar.

Dieser durchaus überlegenswerten Forderung Söders nach einem Gehaltsverzicht hochbezahlter Fußballprofis begegnete der Sport-Geschäftsführer Horst Heldt vom 1. FC Köln mit Fäkalausdrücken. (Zitat Heldt): "Ich glaube, es wäre absolut sinnhaft, dass man sich mit populistischen Scheißausdrücken erst mal zurückhält. Meine Erwartung ist, dass die Politik führt und den Menschen einen Plan an die Hand gibt und sich nicht mit Vorschlägen in Teilbereiche hineinbewegt, nur um populistisch dazustehen." Während Heldt der Politik Populismus vorwirft, hat die Fußball-Nationalmannschaft bereits gehandelt und aus Kreisen der Mannschaft und des Trainerstabs 2,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diesem Spendenaufruf sind inzwischen viel Profis gefolgt und haben auf einen Teil ihres Gehaltes verzichtet.

Der amtierende DFL-Vorsitzende Seifert und sein Vorgänger Rettig haben die Profis ausdrücklich zum Gehaltsverzicht aufgefordert.

Offensichtlich hat Heldt mit seinem Jahresverdienst von geschätzten 2,5 Millionen Euro die von der Corona-Krise ausgehende Bedrohung der Gesundheit und wirtschaftlichen Zukunft für alle Bürger und das Gemeinwesen Staat noch nicht verstanden und "den Schuß nicht gehört".

Ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft oder eine vertane Chance

Statt nur zu schwadronieren oder mit unflätigen Ausdrücken um sich zu werfen, hätten weitsichtige Fußball-Manager längst die derzeitige Gelegenheit ergreifen können, um wieder national und natürlich auch international "normale Verhältnisse" herzustellen. Die Corona-Viren haben die ganze Welt im Griff; alle Länder und Verbände sind betroffen. Wann, wenn nicht jetzt, wäre weltweit ein gemeinsames Handeln denkbar?

Nur so könnten die unvorstellbar überhöhten Gehälter und Ablösesummen im Fußball-Profisport wieder auf ein niedrigeres Maß zurückgeschraubt werden. Das das überhaupt möglich ist, kann bezweifelt werden, solange Profisport eine Spielwiese für Milliardäre ist, die, weil sie so reich sind, keine Solidarität benötigen. Oder solange die teuersten Spieler meinen, Recht und Gemeinsinn missachten zu können. Jüngstes Beispiel dafür ist der in Frankreich spielende Fußballstar Neymar, der trotz Ausgangssperre in Frankreich mal eben nach Brasilien flog.

In Italien diskutieren Spieler und Spielergewerkschaft bereits die generelle Streichung von 30 Prozent der Spielergehälter.

Erste Ansätze für gute Vorschläge sind bereits aus den drei deutschen Fußball-Ligen zu hören. Am weitesten vorgewagt hat sich Martin Kind, der Chef des Zweitligisten Hannover 96. Weil einigen Klubs durch fehlende Einnahmen sogar eine baldige Insolvenz droht, schlug er vor, einen Solidarfonds durch die DFL aufzubauen. Er könnte aus einem festzulegenden Anteil des TV-Geldes gebildet werden. Voraussetzung wäre, dass alle Vereine dem auch zustimmen. Für Kind ist das jedenfalls "ein derzeit greifbares Modell, um den Solidargedanken aufzugreifen". Sollte erneut eine Notlage entstehen, könnten Vereine mit Mitteln aus dem Solidarfonds die Krise überbrücken.

Für Kind steht fest: "Der Fußball wird nach Corona nicht mehr der Gleiche sein. Für die Zukunft müssen neue Strategien entwickelt werden."

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