Der Waldkauz ist Vogel des Jahres 2017
Ein kauziger Typ mit viel Persönlichkeit: Über den Waldkauz – Vogel des Jahres 2017 – gibt es Spannendes zu erzählenKleiner Steckbrief für alle, die den Waldkauz noch nicht kennen
Der Waldkauz (Strix aluco) ist eine mittelgroße Eule. In Mitteleuropa ist er neben der Waldohreule die häufigste Eule. Der Waldkauz ist in ganz Europa, außerdem in Asien und Nordafrika verbreitet.
Als Lebensraum bevorzugt er Waldgebiete mit Lichtungen, kommt aber auch in Parks, sogar in Städten und in der Nähe von menschlichen Siedlungen immer häufiger vor.
Der Waldkauz ist sehr anpassungsfähig. Er brütet in Baumhöhlen, Felsenhöhlen, verlassenen Greifvogel- oder Krähennestern. Fühlt er sich ungestört, wagt er sich aber auch in die Nähe des Menschen, baut sein Nest in Scheunen, auf Dachböden oder in Schornsteinen.
Vorwiegend ernährt sich der Waldkauz von kleinen Nagetieren wie Mäusen oder Maulwürfen.
Obwohl er in Deutschland weit verbreitet ist, bekommt man ihn nur selten zu Gesicht, denn er zieht sich tagsüber zurück und geht erst in der Dämmerung und bei Nacht auf Beutejagd.
(Bild: ernie / Pixabay)
Typisch Kauz
Wie alle Käuze hat auch der Waldkauz keine Federohren. Seine Augen sind sehr dunkel, seine Füße gefiedert und die Flügel sind abgerundet.
"Braune Eule" in weiß, grau und rot
Tawny owl, "braune Eule", so wird der Waldkauz im Englischen genannt.
Tatsächlich kommen beim Waldkauz aber ganz verschiedene Farbvarianten vor: Von braun über rostrot bis zu grau und weiß.
Forscher haben inzwischen herausgefunden, dass sich der Waldkauz farblich an seinen Lebensraum anpasst. Die meisten Waldkäuze, die in Laubwäldern leben, sind tatsächlich braun gefärbt. Mit ihrem Federkleid, das der Rinde eines Baumes ähnelt, sind sie im Wald gut getarnt.
Da sich Käuze mit unterschiedlicher Farbe auch miteinander verpaaren, kann es vorkommen, dass in einem Waldkauznest Ästlinge mit ganz unterschiedlicher Farbe sitzen.
Die jungen Waldkäuze, die Ästlinge, sind außerdem an ihrer quer gestreiften Gefiederfärbung gut zu erkennen.
Wenn's romantisch wird, wird's auch riskant …
Männchen und Weibchen unterscheiden sich bei den Waldkäuzen nicht. Das macht die Partnersuche für das Waldkauz-Männchen zu einer ziemlich riskanten Angelegenheit, denn das potentielle Weibchen könnte auch ein potentieller Rivale sein …!
Eulen erkennen einander für gewöhnlich an der Silhouette, an den Lauten bzw. Rufen. Die typischen Rufe des Waldkauz-Männchens sind besonders charakteristisch und individuell. Den "unheimlichen" Balzruf des Männchens hat jeder in dunklen Herbstnächten vermutlich schon einmal gehört.
Überhaupt gibt das Waldkauz-Männchen sich bei der Werbung um das Weibchen richtig viel Mühe: Durch die Scheinbalz im Herbst finden die paarungswilligen Partner zusammen – doch so schnell lässt sich das Weibchen nicht überzeugen!
Noch können sich Männchen und Weibchen nur vorsichtig einander annähern, erst durch die "richtige" Balz im Frühjahr kommt man sich langsam näher. Gemeinsames Singen und die Übergabe von kleinen Geschenken (das Männchen bringt dem Weibchen Beutetiere) stimmt das Weibchen endlich geneigt, sich auf die Werbung des Männchens einzulassen.
Er schlägt geeignete Brutplätze vor, Sie hat das letzte Wort, was die Wahl des Nestes betrifft.
Auf das balzende "Hu" des Männchens antwortet das Weibchen im Frühjahr übrigens mit dem bekannten "Ku-witt", das dem Waldkauz im Mittelalter auch den Ruf eines Todesvogels eingebracht hat: Mit diesem "Komm-mit!" soll der Vogel angeblich Menschen in das Reich des Todes locken ...
Auge um Auge, Zahn um Zahn?
Hat sich ein Waldkauzpaar erst einmal zusammen gefunden und ein gemeinsames Nest gebaut, wird das junge Familienglück vehement gegen Feinde und Eindringlinge verteidigt. Dabei attackieren Waldkäuze, wenn sie sich bedroht fühlen, durchaus auch Menschen.
Der englische Fotograf Eric Hosking hat beim Versuch, ein Waldkauznest zu fotografieren, durch einen Angriff der wehrhaften Eule sogar ein Auge verloren. Seine Autobiografie (1937) trägt deshalb den Titel "An Eye for a Bird".
Tatsächlich scheint die Sorge der Waldkauzeltern nicht ganz unbegründet: 36 Prozent der Ästlinge sterben, noch bevor sie überhaupt fliegen können.
Gefährlich werden können den jungen Waldkäuzen Fressfeinde wie Mäusebussard, Baummarder oder Rotfuchs. Vor dem Habicht und dem Uhu müssen sich auch die Altvögel in acht nehmen.
Hat man Kinder, muss man auch Opfer bringen (und viele Mäuse!)
Waldkäuze sind sehr fürsorgliche Eltern, sie bringen ihren Jungen große Mengen Futter ans Nest – oft viel mehr, als die Ästlinge überhaupt fressen können.
Solch intensive Brutpflege ist kräftezehrend: Im April und Mai sterben bei den Waldkäuzen mehr Altvögel als in den übrigen Monaten des Jahres.
Wenn er Glück hat und das anstrengende Brutgeschäft übersteht, kann ein Waldkauz in freier Wildbahn bis zu 18 Jahre alt werden.
Dem Waldkauz schmeckt alles: Vom Regenwurm bis zum Kaninchen
Überwiegend ernährt sich der Waldkauz von kleinen Nagetieren wie Mäusen und Maulwürfen.
Allerdings ist er bei der Auswahl seiner Beute nicht besonders anspruchsvoll, denn er nimmt alles, was er kriegen kann: Regenwurm, Käfer, Frosch, Wanderratte, kleinere und größere Singvögel …
Selbst mit Beutetieren, die seinem eigenen Körpergewicht entsprechen, nimmt es der Waldkauz auf, er schlägt auch Eichhörnchen oder Kaninchen.
Waldkauz, warum hast du so große Augen?
Der Waldkauz fällt durch seine großen dunklen Augen auf. Viele Menschen glauben, dass der Kauz damit besonders gut sehen kann. Tatsächlich sehen Waldkäuze aber nur wenig besser als Menschen. Sie sind sehr weitsichtig, können Beutetiere also aus großer Höhe erkennen.
Viel wichtiger ist für den Waldkauz jedoch sein Gehör, erst damit kann er seine Beute zielsicher finden. Wie bei allen Eulen ist auch beim Waldkauz das Gehör hochentwickelt, er hört zehnmal besser als ein Mensch und kann Geräuschquellen – vor allem hohe Frequenzen - haarscharf orten.
Anhaltender Regen kann dem Waldkauz deshalb zum Verhängnis werden: Durch das Geräusch der Regentropfen kann der Vogel seine Beutetiere nicht mehr hören.
Ein lautloser Jäger
Um das empfindliche Gehör bei der Beutejagd nicht zu stören, hat die Natur den Waldkauz mit einem ganz besonderen Federkleid ausgestattet: An den Kanten der Flügel befinden sich feine Hornfäden, die den Luftstrom abbremsen. Der Kauz kann so vollkommen geräuschlos fliegen.
Warum ist der Waldkauz eigentlich Vogel des Jahres – ist er in Deutschland gefährdet?
Gefährdet ist der Waldkauz in Deutschland nicht, mit etwa 64 000 Brutpaaren ist sein Bestand stabil. Der Waldkauz als Jahresvogel 2017 macht auf die Bedürfnisse höhlenbrütender Tiere aufmerksam.
Das Problem sind eintönige Wälder und Agrarlandschaften. Wo Totholz, also alte Höhlenbäume fehlen, finden viele Höhlenbrüter nur schwer geeignete Brutplätze. Dem Waldkauz und anderen Vögeln hilft es, alte Bäume nicht abzuholzen oder alternativ geeignete Nistkästen anzubringen.