Deutsche Geschichte im Regierungsviertel
Das neue Parlaments- und Regierungsviertel in Berlin ist kein Ort, der aus der Retorte entstandEntstand hier nach 1991 eine "Retortenstadt" ohne Geschichte? Findet man im Berliner Parlaments- und Regierungsviertel keine Zeugnisse der Geschichte? Oftmals erscheint das so, ist aber nicht völlig korrekt. Zwar entstand der Reichstag tatsächlich 1884 - 1894 an einem Platz außerhalb des damaligen Berlin, dem damaligen Königsplatz. In der Wüste war das trotzdem nicht, stand hier doch das Anwesen des berühmten Kunstsammlers Athanasius Radczinsky. Auf der anderen Seite befand sich ein beliebter Vergnügungs- und Unterhaltungsort der Berliner, das Kroll`sche Etablissement". Und an der nördlichen Begrenzung befand sich das Alsenviertel, eines der elegantesten Viertel des alten Berlins, das nach dem 1. Weltkrieg zum bedeutenden Botschaftsstandort mutierte. Einziges Überbleibsel : die Schweizerische Botschaft, die auch die wahnwitzigen Pläne der Nord-Süd-Achse für die "Welthauptstadt Germania" überlebte. Dort, wo man die Schweizer Flagge wehen sieht, wäre die große Kuppelhalle der Nazis, die "Große Halle des Volkes", entstanden. Die Siegessäule stand übrigens mal vor dem Reichstag, dort wo heute der Rasen ist. Der Zugang zum Gebäude ist ja etwas verwinkelter geworden, man muß erst durch das neue "Kontrollzentrum", bevor man das Reichstagsgebäude betreten darf.
Der Vorplatz war übrigens am Tag des "Ermächtigungsgesetzes", am 24.3.1933, gefüllt mit nazitreuen Demonstranten, die mit Sprechchören die Zustimmung der Abgeordneten zum Gesetz forderten. Ein typischer Spruch war "Wir wollen das Ermächtigungsgesetz, sonst gibt es Zunder!". Die Abgeordneten aller Parteien - mit Ausnahme drer SPD- waren so nett, dem "Wunsch" der Demonstranten zu entsprechen - das war das Ende der ersten Demokratie in Deutschland.
Neben dem Kontrollzentrum, von ein paar Hecken regelrecht "versteckt", befindet sich das 1992 errichtete Denkmal für die 96 im Dritten Reich ermordeten Abgeordneten. Dieses Denkmal findet seine Forstsetzung in einem Kunstwerk von Katharina Sieverding, das sich im Reichstag befindet.
Auf der Nordseite des Reichstagsgebäudes (momentan muß man dafür an Zäunen vorbeilaufen) findet man die interessante Lichtinstallation von Jenny Holzer, die sich zwar im Hause befindet, von außen aber gut sichtbar ist : an einer Säule laufen (im Stile der neuen Medien) Protokolle berühmter Reichs- und Bundestagsitzungen nach oben. Nicht immer ist sofort herauszubekommen, um welche Sitzung es sich handelt.
Geht man weiter, entdeckt man Mauerkreuze am Ufer der Spree. Ein Streifen im Boden zeigt an, dass hier die Mauer verlief. Die Mauer wohlgemerkt - nicht die Grenze. Die verlief sogar durch den östlichen Teil des Reichstagsgebäudes, etwa 70cm gehörten im Kalten Krieg zu Ost-Berlin. Ein imposantes Gebäude ist immer noch das ehemalige Palais des Reichstagspräsidenten an der Spree, heute Sitz der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. In verschiedenen Theorien zum Reichstagsbrand spielt es eine Rolle, besonders der Tunnel hinüber zum Reichstag. Vielleicht regt es den Besucher an, zu hause noch einmal die verschiedenen Theorien dazu nachzulesen.
Brücke im Regierungsviertel
Das legendäre interaktive Kunstwerk im Bundestag
Stephan Balkenhol "Mann mit Kuh"
Führungen im Regierungsviertel und im Reichstag
Nachtführung mit Besuch der Reichstagskuppel
Reichstag vom Ufer der Spree aus
Denkmal für die 96 im Dritten Reich ermordeten Reichstagsabgeordneten
Bildquelle:
Barbara Lechner-Chileshe
(Warum gibt es unterschiedliche Haut- und Augenfarben?)