Das Timing mit dem Anschlusszug

 

Die Bahn nach Buxtehude hat voraussichtlich 5 Minuten Verspätung. Natürlich hat sie die, denn heute kam man ja gut los und war pünktlich, also 5 Minuten zu früh, am Gleis. Außerdem ist das Wetter hervorragend geeignet, um ein wenig zu warten. Wir haben 3 Grad, böigen Wind und Regen, der einem von der Seite ins Gesicht weht. Es hätte einem beim Verlassen des Hauses schon klar sein müssen, dass die Bahn Verspätung hat.

Ist Ihnen eigentlich einmal aufgefallen, dass Bahnhöfe so konstruiert sind, dass es auf dem Gleis nirgends einen windgeschützten Ort gibt? Selbst in den Wartehäuschen wird man noch vom seitlichen Regen erwischt. Das Wartehäuschen und auch sämtliche Laternenmasten und Werbetafeln, die Hoffnung auf Schutz geben, sind eh von anderen Fahrgästen besetzt. Kurz schießt einem der Gedanke durch den Kopf, dass es sich vielleicht nur um Statisten handelt, die von der Bahn bezahlt werden, damit alle Fahrgäste den gleichen Wartekomfort haben.

 

© pixelmaster-X / Pixelio /www.pixelio.de





© pixelmaster-X / Pixelio / www.pixelio.de


Mit 5 Minuten Verspätung kommt die Bahn, man steigt ein und schaut auf die Uhr. Die Verspätung betrug wirklich nur 5 Minuten. Am Hauptbahnhof kommt der Anschlusszug 7 Minuten später an und fährt auf demselben Bahnsteig gegenüber ein. Es ist also nicht so schlimm, man ist noch im Plan und kommt pünktlich zur Arbeit.

Dann hält die Bahn kurz vorm Ziel auf freier Strecke, eine nette Durchsage kommt, dass sich die Einfahrt am Hauptbahnhof ein wenig verzögert, da sich noch ein Zug im Gleis befindet. Nun gut das Problem scheint größer zu sein, man beruhigt sich, vielleicht hat der Anschlusszug ja auch Verspätung. Die Bahn setzt sich wieder in Bewegung, ein Blick auf die Uhr, man ahnt bereits, der Anschlusszug wird pünktlich sein, denn es bleibt maximal 1 Minute zum Umsteigen. Das ist schaffbar, sagt man sich selbst, man muss ja nur die 10 Meter über den Bahnsteig rennen und in die geöffneten Türen des wartenden Zuges springen. Die Fahrgäste um einen herum, werden auch nervös. Der Herr vorne an der Tür legt schon die Hand auf den Taster, drückt aber nicht, bevor die Taste nicht in Betrieb ist. Hervorragend ein erfahrener Berufspendler, der weiß, dass man so wertvolle Zehntel verliert, wenn man die Hand erst wieder vom Taster nehmen muss, um erneut zu drücken. Es ist gut, wenn man mit Profis unterwegs ist, man sagt sich erneut, dass man es schaffen kann.

 

 

Zuviel Verspätung

© RainerSturm / Pixelio / www.pixelio.de

Die Bahn fährt ein, gegenüber wartet natürlich schon der Anschlusszug mit einladend geöffneten Türen. Man sagt sich selbst, dass wenn man jetzt schnell ist, dass machbar ist und es keine Probleme gibt. Der eigene Zug wird langsamer und kommt in quälend langen Sekunden zum Stillstand. Gegenüber sieht man das rote Warnlicht der Türen die sich langsam schließen. Der eigene Taster wird grün, der Herr an der Tür drückt reaktionsschnell und die Türen beginnen sich zu öffnen, während gegenüber die Türen zufallen. Die Ersten stürmen aus dem Zug, laufen im Slalom über den Bahnsteig, es sind noch zwei Meter man streckt die Hand aus, um den rettenden Türknopf zu drücken, der genau im Moment wo man ihn berührt, deaktiviert wird.

An mehreren Türen wird wieder und wieder gedrückt, die Berufspendler haben sich bereits abgewandt, sie wissen es ist nichts mehr zu machen. Die Gelegenheitsfahrer drücken noch ein wenig und sehen in Richtung Lok, in der Hoffnung, dass der Zugführer die Türen nochmal freigibt. Aber es passiert nichts dergleichen. Man steht noch ca. 5 Sekunden vor den geschlossenen Türen und träumt davon auf der anderen Seite der Scheibe zu sein, dann setzt sich der Anschlusszug quälend langsam in Bewegung und fährt hinaus.

Man schaut den Rücklichtern des Zugs hinterher und weiß schon jetzt mit Gewissheit, dass der nächste Zug natürlich wieder Verspätung hat.

Autor seit 13 Jahren
5 Seiten
Laden ...
Fehler!