Was würden Sie sagen, wenn Ihnen jemand erzählt, dass sich eines der 50 Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika sich vor gar nicht allzu langer Zeit von den USA losreisen wollte? Dieser Staat hätte eine eigene Republik ausgerufen und den USA den Krieg erklärt. Es hört sich unglaublich an. Das Szenario kann nur einem billigen Science-Fiction-Film entsprungen und niemals Realität gewesen sein, werden viele denken. Aber gerade dies ist wirklich passiert. Und es ist nicht einmal so lange her.

Krieg in den USA – Abspaltung eines Staates von den Vereinigten Staaten von Amerika

Am 23. April 1982 lösten sich die Inseln der Florida Keys, dazu gehören zum Beispiel Key West und Key Largo, von den Vereinigten Staaten von Amerika los und gründeten eine eigenen Staat, die Conch Republic. Sie proklamierten eine freie Nation und erklärten noch zu alledem den USA den Krieg. Die Kriegserklärung wurde zwar am gleichen Tag noch zurückgenommen, doch forderte man im gleichen Atemzug von den USA eine Milliarde US-Dollar finanzielle Hilfe für den Wiederaufbau. Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen?

Die USA haben bekanntlich an ihren südlichen Grenzen Staatsgrenzen Probleme mit illegalen Einwanderern aus Mexiko, Kuba und den anderen lateinamerikanischen Staaten. Damit sie illegale Einwanderer und Drogen, die in das Land eingeschmuggelt werden, besser finden konnten, bauten die US-Behörden eine Grenzkontrollstelle am Highway 1.  Diese Checkpoint sollte verhindern, dass Illegale und Rauschmittel auf das US-Festland gelangen konnten. Doch dieser Highway war auch der einzige Weg von den Inseln der Florida Keys aufs Festland.   

Florida Keys

Die Errichtung dieses besagten Grenzpostens hatte für die Bewohner der Keys jedoch immense Auswirkungen zur Folge. Durch die Kontrollen entstanden kilometerlange Staus. Touristen drohten durch die lange Anfahrts- und Wartezeiten auszubleiben. Und gerade Key West lebt und lebte von dem Geld, dass die Touristen da lassen. Zu alledem kam bei den  Bewohnern von Key West das Gefühl auf, dass sie von der US-Regierung durch den Grenzkontrollposten vom eigentlichen Amerika, dem Festland, abgegrenzt und von der Staatsmacht der USA schikaniert wurden. Sie mussten, wenn sie aufs Festland wollten, ihre Staatsbürgerschaft nachweisen und lange Kontrollen über sich ergehen lassen. Die Key-Bewohner fühlten sich bald wie Ausländer behandelt und dies im eigenen Land. Und so kam es, dass sie gegen diesen Grenzposten protestierten und sogar vor Gericht zogen. Doch der Antrag des Bürgermeisters von Key West, Dennis Wardlow, vor dem zuständigen Bundesgericht in Miami diesen Kontrollposten zu entfernen, wurde abgeschmettert. Bereits beim Verlassen des Gerichts kündigte Wardlow den wartenden Journalisten an, dass sich die Florida Keys von den USA loslösen würden.

Key West (Bild: Walter Schauer / pixelio.de)

Seven Mile Bridge - Florida Keys (Bild: Hans-Dieter Buchmann / pixelio.de)

Key West und die weiteren Florida Key-Inseln gründen die Conch Republic

Wie gesagt, so getan. Am darauf folgenden Tag, den 23. April 1982, proklamierte der Bürgermeister Dennis Wardlow, die Unabhängigkeit von Key West und rief die Conch Republic aus mit ihm als ersten Premierminister. Gleichzeitig erklärte er den USA den Krieg, um dann am gleichen Tag zu kapitulieren. Im gleichen Zuge forderte er von den USA eine Milliarde US-Dollar als finanzielle Hilfe zum Wiederaufbau und Beseitigung der Schäden, die durch die US-Belagerung entstanden waren. Key West wartet noch heute vergeblich auf die Entschädigungszahlungen der US-Regierung.

Wer jedoch glaubt, dass die ganze Aktion nichts gebracht hat, der irrt. Das gesamte Vorhaben war von Anfang an, nicht ernst gemeint. Vielmehr war es als humoristischer Protest, als Schelmenstreich, gedacht gewesen. Und als solcher bewirkte er dennoch eine ganze Menge. Key West wurde durch diese unkonventionelle Maßnahme so populär, so dass die USA ihren Grenzposten letztendlich aufgaben.

Conch Republic mit eigener Flagge, Hymne und Pässe

Flagge Die Conch Republic hat heute eine eigene Nationalhymne, eine eigene Flagge, einen Premier-, Verteidigungsminister und einen Generalsekretär, sowie diverse Botschaften in einer Vielzahl von Ländern unter anderem auch in Deutschland. In Deutschland hat diese ihren Sitz in Bingen, In der Eisel 2. Außerdem pflegt die "Republik" diplomatische Kontakte zu vielen karibischen Nationen. Der Generalsekretär Peter Anderson reiste hierzu in viele Länder der Erde und wurde dort - nach eigenen Angaben – offiziell als Diplomat und Regierungsbeamter der Conch Republic empfangen von Staaten wie Deutschland, Schweden, Havanna, Mexiko, Frankreich, Spanien, Russland.

Darüber hinaus stellt die Conch Republic eigene Pässe aus. Dafür braucht man nicht unbedingt einen Wohnsitz vor Ort zu haben. Wenn man der gleichen Gesinnung ist, nämlich mit Humor etwas erreichen zu wollen,  kann man sich für 200,00 US-Dollar, für Europäer für derzeit 218,00 Euro, einen Reisepass ausstellen lassen. Hierzu reichen die Angaben auf einem Formular und die Überweisung des Geldbetrages vollkommen aus, um anerkannter Bürger der Conch Republic zu werden. Wer etwas mehr investiert bekommt sogar einen Pass als Botschafter. Und ab circa 10.000,00 US-Dollar erhält man sogar einen Diplomaten-Pass. Diesen kann man sich auch verdienen, wenn man sich für das "Land" im besonderen Maße einsetzt. Am Rande sei noch gesagt, dass diese Pässe allesamt soviel Gültigkeit besitzen, als wenn man sich selbst einen gemacht hätte. Manche Personen wollen mit den "Conch-Pässen" sogar so manche Grenzkontrolle in ein anderes Land überwunden haben. Eine Garantie gibt es hierfür jedoch nicht.

Key West – Heimat der Schwulen und Lesben, Aussteiger und Hippies

Conch Republic – Woher kommt eigentlich der Name? Das Land oder besser gesagt die Republik wurde nach der heimischen Schneckenmuschel benannt, die auch die Flagge ziert. Conch (Konk ausgesprochen) bezeichnen sich auch die Einwohner der Key-Inseln. Und Key West rühmt sich eines der liberalsten Städte der USA zu sein. Querdenker, Aussteiger, Hippies und Schwule finden hier ihre Heimat. Nicht von ungefähr kommt es, dass hier eine der belebtesten Schwulenszene existiert. Es heißt, dass ein Viertel der Einwohner schwul oder lesbisch sei. Und so verwundert es keinen, dass der Unabhängigkeitstag, der 23. April, jedes Jahr sehr ausschweifend und unkonventionell zelebriert wird. Zum 25. Jubiläum gab es Drag-Queen-Rennen, Seeschlachten mit Tomaten und Klopapier ganz getreu nach dem Motto: "Die Linderung der Weltspannung durch die Ausübung von Humor."

Doch die vielen, lustigen Events und Schelmenauftritte haben einen ernsten Hintergrund. Damit wollen die Conch zeigen, dass sie die besseren Amerikaner sind und gegen das Establishment auf populäre Art und Weise demonstrieren. Eine dieser Aktionen steht stellvertretend für den Sinn und der Intension der als Narretei daherkommenden Events.  

Humor, Immigranten und Hemingway – dies alles gehört zu Key West

2006 wurden Flüchtlinge aus Kuba, die auf einer Brücke von Key-Inseln gelangt waren, von den US-Behörden zurückgeschickt. Die Begründung war, dass die Immigranten nie die USA betreten hätten, da die Brücken, die die Inseln verbinden, kein Land seien, sondern zum Meer zählten. Und somit hatten die Flüchtlinge niemals einen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt. Dies nahmen die Bewohner der christiaaane / pixelio.deConch Republic zum Anlass und besetzten daraufhin teilweise als Piraten verkleidet diese Brücke, die zwischen Vaca Key und Bahia Honda verläuft und die angeblich nicht zum amerikanischen Land gehörte. Zwar wurde ihnen, der Conch Republic, von der US-Regierung die Brücke nicht zugesprochen, aber die Entscheidung wurde revidiert. Die Brücken, die die Inseln verbinden, zählen als Land und somit als Teil der USA.

So hat Key West neben einem grandiosen Blick auf den Sonnenuntergang im Meer und dem alljährlichen Hemingway-Double-Wettbewerb etwas Außergewöhnliches zu bieten: Eine Republik, die mit Humor Veränderungen herbeiführt. Jedenfalls ist es so gut wie sicher, dass

die Conch Republic auch in Zukunft mit ihren humoristischen, aber sehr wohl politischen Aktionen, von sich Rede machen wird.

Weitere Informationen:

Scheinstaaten wie die Conch Republic nennt man Micronationen. Sie sind keine souveräne und eigenständige Staaten im Sinne des Völkerrechts. Daher werden diese auch nicht von anderen Nationen als souveräne Staatsgebilde anerkannt. Oftmals entstehen derartige Staaten aus einer Protesthaltung heraus. Meist wollen die Initiatoren auch  den Tourismus auf diese außergewöhnliche Art und Weise ankurbeln und sehen die "Staatgründung" als einen Publikums wirksamen Werbegag an. Diese "Staaten" haben für gewöhnlich nur ein kleines Territorium und eine relativ geringe Anzahl an Bevölkerung. Es gibt auf der Welt eine ganze Reihe solcher Staaten wie beispielsweise die Hutt River Province (Australien), das Fürstentum Sealand (Plattform vor Großbritannien), Seborga (Italien) und das Königreich Redonda (Karibik).

Diese Fantasiestaaten haben jedoch nichts mit den so genannten Zwergstaaten (ebenso auch als  Mini- oder Mikrostaaten zu bezeichnen) wie Monaco, San Marino oder Tuvalu gemein. Das "Mikro", "Mini" oder "Zwerg" bezieht sich nur auf die kleine Fläche des Landes. Diese Staaten sind jedoch souveräne, eigenständige Staaten und vom Völkerbund als solche anerkannt.

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