Hörner – in der Massentierzucht unerwünscht

Eine gesunde und leistungsfähige Kuh erkennt man an schönen Hörnern und jeder Bauer, der sein Vieh liebt, ist stolz darauf. Der Körper einer behornten Kuh strahlt Harmonie aus und wird als wohltuend empfunden. Hörner bestimmen ihr Wesen. Nimmt man sie ihr weg, fehlt ein Teil ihres Wesens. Aber Hörner sind weit mehr als nur Kopfschmuck, sie erfüllen viele wichtige Aufgaben - wie Untersuchungen und Beobachtungen gezeigt haben. Die schmerzhafte Verstümmelung der Kühe durch das Absägen oder Abbrennen der Hörner soll zudem negative Auswirkungen auf die Qualität und Verträglichkeit der Milch haben.

Erstaunt und interessiert fragt man sich vielleicht, warum und seit wann das Enthornen überhaupt praktiziert wird? Wie kommen Landwirte dazu, ihren Schutzbefohlenen, ihrem lebenden Kapital, nach Jahrtausenden erfolgreicher Haustierhaltung plötzlich große, durchblutete Körperteile gewaltsam zu entfernen? Der Grund dafür ist, wie auch in anderen Tierzuchtbereichen, ein rein ökonomischer und hat seinen Ursprung in der dramatischen Veränderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft hin zur industriellen Intensiv-Tierhaltung, die seit den 80er Jahren – fast unbemerkt von der Öffentlichkeit - kontinuierlich gewachsen ist.

In den modernen Großbetrieben ist man von der früheren Anbinde-Haltung zur Laufstallhaltung übergegangen. Das hört sich zunächst angenehm an, aber die Tiere zahlen dafür einen hohen Preis: sie werden wegen der hohen Vieh-Dichte im Stall ihrer wichtigen Hörner beraubt. Hörner seien eine Gefahr für Mensch und Tier, so heißt es meist stereotyp. Fakt ist aber: man passt das Vieh den Ställen an und nicht umgekehrt.

 

Ein seltenes Bild - Kühe mit Hörnern (Bild: Petra Anderson)

Was geschieht beim Enthornen?

Bereits im Alter von 2-3 Wochen werden den Kälbern die Hornansätze unter Narkose ausgebrannt. Diese Praktik ist schmerzhaft und verursacht großen Stress bei den jungen Tieren.

Das Absägen der Hörner bei erwachsenen Kühen ist wesentlich anstrengender und schmerzhafter und sollte, nach Meinung vieler Hörner-Befürworter, verboten werden. Auch hier wird örtliche Betäubung vorgeschrieben, was aber, laut PETA, aus Gründen der Kostenersparnis wohl nicht immer geschieht. Das abgesägte Horn blutet danach meist stark nach.

Das Enthornen gehört heute leider schon zum Standard, auch in der Biobranche.

Doch nicht alle Bauern, Tierärzte, Verbände und Fachleute heißen diese Entwicklung gut. Im Allgäu hat sich im Jahr 1999, auf Initiative des Landwirts Walter Georg Heim, der Arbeitskreis "Hörner tragende Kühe" gebildet und auch der biologisch-dynamisch arbeitende Demeter-Verband sowie KAGfreiland in der Schweiz untersagen konsequent das Enthornen der Kühe. Der Bioland-Verband hält sich ebenfalls an die EG-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau. Die Durchführungsverordnung Nr. 889/2008 schreibt darin vor, dass unter anderem auch die Enthornung nicht routinemäßig durchgeführt werden darf.

(Bild: Petra Anderson)

Die Hörner - wichtiges Organ für die Verdauung

Kühe sind Wiederkäuer und ihre besondere Fähigkeit besteht darin, aus Rohfaser (Gräser, Kräuter, Heu) wertvolle Milch herzustellen. Kraftfutter, wie Getreide oder Soja oder Silage – wie es in der Massentierzucht wegen höherer Milchleistung der Kühe üblich ist – haben, gemäß Bioring Allgäu und Demeter-Verband, im Futtertrog nichts verloren. Manche Bauern, wie die engagierte Demeter-Bäuerin, Susanne Schwärzler aus Kempten und der Allgemeinarzt Herbert Boneberg aus Waltenhofen, sehen in dem stark durchbluteten Horn ein "Verdauungsorgan".

Die Kuh mit ihren 4 Mägen verdaut immer, ob im Stall oder auf der Weide und produziert während des Verdauungsvorgangs ständig Gase. Diese Gase werden aufgestoßen und durchströmen im Kopf die großen Stirnhöhlen bis in die Hornzapfen hinein. Bei einer Kuh, die kräftig und behaglich wiederkäut, werden die Hörner spürbar wärmer. Alle Kräfte, die von den Hörnern ins Innere zurückgestrahlt werden, geben der Kuh die Kraft, aus Kohlenhydraten (Zellulose), mit Hilfe von Bakterien, Eiweiß zu bilden. Je rohfaserreicher das Raufutter ist, umso größere Hörner haben die Kühe. Das Horn kann also, ebenso wie die Haut, als Sinnesorgan betrachtet werden. Sägt man das Horn ab, gerät der Gashaushalt des Tieres ins Ungleichgewicht.

Zudem werden die heutigen Kühe durch Züchtung sowie protein- und energiereiches, leicht verdauliches Kraftfutter (Silage) auf Hochleistung getrimmt. Silage beeinflusst die Wiederkäuzeit. Je kürzer die Tiere wiederkäuen, umso schneller produzieren sie Milch und Mist. Der Verdauungsapparat der Tiere, so Frau Schwärzler, sei damit nicht ausgelastet. Der unvollständige Verdauungsprozess bei der Kuh trage dazu bei, dass die Milch auch für den Menschen nicht gut verdaubar ist und zur Milchunverträglichkeit führe. Seit der massenhaften Enthornung in den letzten 20-30 Jahren hätten allergische Reaktionen auf Milchprodukte deutlich zugenommen.

Dass die Enthornung die Lebenskraftstruktur der Tiere behindert, konnte der Tierarzt Wilhelm Höfer aus Überlingen mittels der Hagalis Kristallanalyse, die auf einer 500 Jahre alten Methode von Paracelsus basiert, nachweisen. Dabei verglich er Kristallbilder von Proben aus Milch, Blut und Harn bei Kühen mit und ohne Horn. Er kam zu der Erkenntnis, dass die Enthornung eine deutliche Behinderung der Nerven-Sinnesfunktion der Kühe zur Folge hat und dass offensichtlich die Qualität der Milch beeinträchtigt wird.

Durch die unvollständige Verdauung und das nicht artgemäßes Futter hat auch der Mist, den die Kuh der Erde als wertvollen Dünger noch schenken kann, keine Qualität mehr. Die Bodenfruchtbarkeit lässt immer mehr nach und schwächt dadurch im ökologischem Kreislauf die Lebenskräfte in Pflanzen, Tier und Mensch.

Film-Trailer "Das liebe Rindvieh" (als DVD erhältlich)

Die Bedeutung der Hörner für die Rangordnung in der Herde

Einige Hirten und Senner, wie der Schweizer Martin Bienerth, sprechen bei der Kuh von einer Aura, einem unsichtbaren Bereich um jede einzelne Kuh, der zwischen zwei und drei Meter groß ist. Bei behornten Tieren wird dieser Raum durch unscheinbare Bewegungen der Hörner angezeigt. Die Herdenordnung kann somit immer aufrechterhalten und kontrolliert werden. Kühe setzen ihre Hörner also ein, um innerhalb einer Herde die Rangordnung festzulegen. Kommt es dabei zu einem Kampf, dem so genannten "Kopfdrücken", verhindern die Hörner ein Abrutschen der Kämpfenden. Schon Kälber üben sich in diesem Verhalten.

Laut Martin Bienerth sind Herden mit behornten Tieren strukturiert. Je mehr hornlose Tiere in einer Herde sind, desto schwieriger wird es, aus einer größeren Anzahl von Kühen eine Herde zu gestalten. Die Tiere wirkten orientierungsloser, scheu, unsicher und "trauriger".

Ein oft so trauriges Bild - Kühe ohne Hörner......

Was kann man tun, um den Kühen ihre Hörner zu lassen?

Verbraucher haben die Macht, diese schmerzhafte, Tiere verstümmelnde Praktik zu unterbinden durch bewussten Kauf von Milch und Milchprodukten, die von behornten Kühen aus Biolandwirtschaft stammen, durch Nachfrage und Forderungen an Geschäfte, an Bauernverbände, an die Politik.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, Milchprodukte enthornter Kühe aus Massentierzucht zu boykottieren oder alternativ auf pflanzliche Protein-Getränke wie zum Beispiel Reis-, Soja-, Hafer- oder Mandelmilch umzusteigen.

 

Quellen:

Arbeitskreis Hörner tragende Kühe (Bio-Ring Allgäu): Die Kuh und ihre Hörner. 2010

demeter.de (Richtlinien für die Zertifizierung der Demeter-Qualität (Erzeugung), Stand: 11.10

Filme "Das Liebe Rindvieh" sowie "Vom Glück der Kühe" von Bertram Verhaag (DVD erhältlich über Denkmal-Film)

Film "Horn auf"
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