Die Quadratzahlen: wenn Männer mit Steinen spielen
Spielen macht schlau – das wusste auch schon Pythagoras vor zweieinhalbtausend Jahren. Was der Grieche dabei entdeckte, beeinflusst uns noch heute.Ein kleiner Club mit großen Gedanken
Der vielseitig interessierte Grieche war kein Einzelgänger. Um sich mit Anderen austauschen zu können, gründete er einen "kleinen Club", den man aus heutiger Sicht auch wahlweise als Schule oder Sekte bezeichnen kann. Die Mitglieder – Männer und Frauen – nannten sich "Pythagoreer". Sie waren vor allem in Süditalien, wo Pythagoras seine zweite Lebenshälfte verbrachte, aktiv.
Alle hatten drei Dinge gemeinsam: Sie waren verrückt nach Zahlen, spielten gern mit Steinen und liebten es, über den Kosmos nachzudenken.
So stellten sich die Baumeister der Kathedrale Notre-Dame von Chartres (Frankreich) Pythagoras vor.
Bild: Jean-Louis Lascoux, wikimedia (PD)
Würden die Pythagoreer hören, dass Zahlen als abstrakte, mathematische Objekte definiert werden, so würden sie vor Schreck in Ohnmacht fallen und ihre Mathematiker-Kollegen zum Exorzisten schicken. Von wegen abstrakt – für Pythagoras' Club waren Zahlen nichts künstlich Geschaffenes, sondern gegebene, heilige Ganzheiten. Sie besaßen sogar Eigenschaften, die sich durch Denken ergründen ließen. Und mehr noch: Die Zahlen Eins bis Neun waren Götter, wobei die Eins als Ursprung aller Existenz mit Zeus gleichgesetzt und besonders verehrt wurde.
Stein um Stein
Die Zahlenjunkies begnügten sich nicht damit, in abgedunkelten Hütten über das Objekt ihrer Begierde zu philosophieren. Nein, sie griffen auch zu handfesten Methoden und visualisierten die Zahlen als Punkte oder mithilfe von Kieselsteinen.
Auf diese Weise ließen sich geometrische Figuren aus den Zahlen formen. So konnten beispielsweise alle ungeraden Zahlen zu einem "L" mit zwei gleich langen Armen angeordnet werden, was die Pythagoreer ein "Gnomon" nannten. Aufgrund der regelmäßigen Form wurden die ungeraden Zahlen als harmonisch und gut betrachtet. Anders die geraden Zahlen, die sich nicht zu einem Gnomon legen ließen und eine unausgewogene Form aufwiesen – sie galten als böse.
Abgesehen von Schlussfolgerungen über gut und böse ebneten die Steinspielchen den Weg für mathematische Erkenntnisse. Und da Spielen nicht nur Kinder schlau macht, kam es, wie es kommen musste: Eines Tages entdeckten die Pythagoreer, dass sich manche Zahlen als Quadrat legen ließen – und zwar immer dann, wenn eine ganze Zahl mit sich selbst multipliziert wurde.
Es mag nicht unbedingt der Gipfel der Kreativität gewesen sein, aber was läge näher, als diese Zahlen "Quadratzahlen" zu nennen?!
Kieselsteine auf Samos. Vielleicht waren einige von ihnen Zeugen bei
der Entdeckung der Quadratzahlen?
Bild: Pixabay
Bildquelle:
M. Fernholz
(Logische und unmögliche Zahlen in der Mathematik)