Das Amazonasgebiet

Eine Region, die wahrscheinlich von vornherein der aussichtsreichste Kandidat war und deren Wahl daher nicht überrascht, ist das Amazonasgebiet, also der Amazonas und der ihn umgebende Regenwald. Denn hier geht es um Größenordnungen, die fast unvorstellbar sind. So ist der Amazonas der längste Fluss Südamerikas und der zweitlängste Fluss der Welt. Er hat mehr Volumen als die weltweit zehn größten Flüsse zusammen. Der Amazonas-Regenwald umfasst eine Fläche von sieben Millionen Quadratkilometern und erstreckt sich über die Länder Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Französisch-Guayana, Guyana, Peru, Surinam und Venezuela. Das ist mehr als die Hälfte der Regenwald-Bestände, die es auf unserem Planeten noch gibt. Im Amazonas Regenwald gibt es unzählige Tier- und Pflanzenarten, darunter den rosafarbenen Amazonasdelfin, tausende Arten Farngewächse, verschiedenste Orchideenarten und über 60 Meter hohe Bäume. In den Tiefen des Urwalds werden noch viele unentdeckte Tierarten vermutet. Von der globalen Bedeutung des Amazonasgebiets zeugt die Bezeichnung "Lunge der Erde".

Die Iguazú-Wasserfälle

Auch die Auszeichnung der Iguazú-Wasserfälle an der Grenze zwischen Argentinien und Brasilien als Naturweltwunder überrascht wenig, da sie mit einer Breite von 2,7 Kilometern die größten Wasserfälle der Erde sind. Sie sind fast dreimal so groß wie die Niagarafälle. Und zwar bestehen die Iguazú-Wasserfälle aus insgesamt 275 größeren und kleineren Wasserfällen. "Devil's Throat" ist der Name des größten Wasserfalls. Aus dem "Rachen des Teufels" fallen bis zu 13.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde 80 Meter in die Tiefe. Die Wasserfälle sind auf allen Seiten von tiefsten Regenwäldern umgeben, in denen viele seltene Pflanzen- und Tierarten beheimatet sind, darunter 800 Schmetterlingsarten und Rußsegler, die hinter den Wasserfällen brüten und dort vor Feinden geschützt sind. In diesem vielfältigen Ökosystem leben aber auch seltene Raubkatzen wie Jaguar, Ozelot und Puma. Die Gesamtfläche beträgt 1700 Quadratkilometer. Die Iguazú-Wasserfälle sind bereits seit 1986 UNESCO-Weltnaturerbe.

Die Halong-Bucht

Das dritte Naturweltwunder ist die Halong-Bucht im Golf von Tonkin in Vietnam. Sie besteht aus fast 2000 einzeln aus dem Wasser ragenden Kalksteinfelsen und –inseln, wobei die Felsen oft mehrere hundert Meter hoch sind. Die Felsformationen bedecken eine Fläche von 1.553 Quadratkilometern. Zwischen den Felsen liegen "schwimmende Dörfer", deren Bewohner von der Fischzucht und zunehmend vom Tourismus leben. Ein Besuchermagnet sind die vielen ausgewaschenen Kalksteinhöhlen mit ihren Stalagmiten (vom Boden nach oben wachsende Tropfsteingebilde) und Stalagtiten (von der Decke nach unten wachsende Tropfsteingebilde). Der Legende nach entstand diese bizarre Felsenlandschaft, als eine Drachenmutter mit ihren Kindern zum Spielen in die Bucht kam. Die Kinder wollten aber nicht wieder zurückkehren, blieben und versteinerten zu den Kalksteinfelsen. Von dieser Legende wurde der Name der Bucht abgeleitet. Denn Vinh Ha Long heißt: Bucht des untertauchenden Drachens. Die Halong-Bucht gehört seit 1994 zum UNESCO-Weltnaturerbe.

 

Der Puerto Princesa Underground River

Ein wirklich außergewöhnliches Weltwunder der Natur ist der längste unterirdische Fluss der Welt. Er befindet sich auf Palawan, der westlichsten Insel der Philippinen, ist 8 Kilometer lang und mündet direkt ins südchinesische Meer. Der überwiegende Teil ist schiffbar. Es handelt sich hier also um eine unterirdische, kilometerlange Grotte, die mit Schiffen befahren werden kann. Der Fluss ist stellenweise 8 Meter tief, und die Höhlen, die sich über dem Fluss wölben, sind bis zu 45 Meter hoch. In den Kalkstein-Hohlräumen haben sich zahlreiche Stalagmiten und Stalaktiten gebildet. Der St. Pauls Underground River – so sein anderer Name - ist ebenfalls UNESCO-Weltnaturerbe, seit den 70er Jahren geschützt und seit den 90er Jahren Nationalpark. Zum 20 Hektar großen Puerto Princesa Subterranean River National Park gehören unterschiedlichste Biotope, von Mangrovenbäumen bis zum tropischen Regenwald mit der höchsten Artendichte in der ganzen Region. Die Berge sind auch Heimat der Batak, einem Stamm der Ureinwohner Palawans.

Die Insel Jejudo

Ebenfalls als Wunder der Natur von Weltrang gilt die Insel Jejudo an der Südspitze Südkoreas. Sie ist mit fast 2000 Quadratkilometern die größte Insel und gleichzeitig die kleinste Provinz Südkoreas und besteht ausschließlich aus vulkanischem Gestein. Zentrum der Insel ist der erloschene Vulkan Hallasan, der mit seinen 1.950 Metern der höchste Berg Koreas ist. Im Krater des Vulkans hat sich im Laufe der Jahrhunderte ein See gebildet, der ebenso wie die Region um den Berg zum Naturschutzgebiet erklärt worden ist. Auf der Insel gibt es den einzigen Wasserfall Asiens, der direkt ins Meer mündet. Bis vor 100 Jahren war die Insel weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten, und dadurch konnten traditionelle Lebensformen bewahrt werden. So sind auch heute noch die sogenannten "Haenyeo" (Meerfrauen) zu sehen, die ohne Atemgerät nach Meeresfrüchten tauchen. Heute leben gut eine halbe Million Menschen auf der Insel, die längst auch zur Touristenattraktion geworden ist.

Der Tafelberg in Südafrika

Der - vermutlich auch durch die Fürsprache von Friedensnobelpreisträger und Bischof Desmond Tutu - zum Weltnaturwunder erklärte Tafelberg ("Table Mountain") thront an der Südspitze Afrikas und ist 1087 Meter hoch. Er ist das Wahrzeichen Kapstadts. Der Tafelberg ist mit mehr als 1400 Arten ein Pflanzenparadies. Viele der Pflanzenarten wachsen nur auf dem Tafelberg wie zahlreiche Erika-Gewächse. Der Berg ist eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Südafrikas, und zahlreiche Wanderwege führen zum Gipfel. Von Wanderungen wird jedoch abgeraten, wenn sich das "Tischtuch aus Wolken" auf dem Tafelberg ausbreitet. Denn die Nässe, die vom Meer her kommt, macht die Steine rutschig, und durch die Wolken besteht schlechte Sicht. Der Tafelberg zeichnet sich noch durch eine weitere Besonderheit aus. Er ist nämlich das einzige Naturwunder der Erde, nach dem ein Sternbild benannt wurde. Und zwar heißt diese Sternenkonstellation "Mensa". Sie ist nur am Firmament auf der südlichen Halbkugel sichtbar. 

Der Komodo Nationalpark

Der Komodo Nationalpark in Indonesien konnte den Titel "Weltnaturwunder" erringen durch seinen bekanntesten Bewohner. Dabei handelt es sich nämlich um den Komodowaran, der mit bis zu drei Metern Länge und 70 Kilo Gewicht die größte, aber auch gefährlichste Echse der Erde ist, da sie Beutetiere von beeindruckender Größe, beispielsweise Hirsche, zur Strecke bringen kann. Ferner besitzen Komodowarane ein besonders sensibles Geruchsorgan, mit dem sie ihre Beute aus 1.500 Metern Entfernung noch orten können, sowie Giftdrüsen im Unterkiefer, die sie zur Jagd einsetzen. Deshalb ist die Legende entstanden, dass sie Feuer speien können. Tatsächlich erscheinen diese Tiere wie Miniaturausgaben der feuerspeienden Drachen, die durch viele Sagen "geistern", und ziehen naturgemäß viele Touristen an. Da sich die Echse nur auf den drei vulkanischen Inseln befindet, über die sich der Nationalpark erstreckt, wurde der Komodo Nationalpark ursprünglich nur geschaffen, um die Warane zu schützen. Die "Heimat der Drachen" entwickelte sich dann jedoch zu einem Schutzgebiet für die gesamte Flora und Fauna.

Schlussbetrachtung

Bei den sieben außergewöhnlichen Regionen und Naturschönheiten, die zu Weltnaturwundern, also zu Naturwundern von globaler Bedeutung, erklärt worden sind, handelt es sich naturgemäß um eine Auswahl unter Kandidaten, von denen sicherlich noch weitere den Sieg bei der Abstimmung verdient gehabt hätten. Ich möchte hier nur drei erwähnen:·

  • Der Angel Wasserfall im Dschungel von Venezuela, bei dem das Wasser fast 980 Meter in die Tiefe stürzt und der deshalb der höchste Wasserfall der Erde ist.
  •  Das Great Barrier Reef, das sich über eine Länge von 2.300 Kilometern vom Nordostens Australiens bis nach Küste Papua-Neuguineas erstreckt und damit das größte Riff der Erde ist. Das Riff ist ebenfalls Teil des UNESCO-Weltnaturerbes und kann mit bloßem Auge vom Weltall aus gesehen werden.
  • Der Grand Canyon im Norden des US-Bundesstaates Arizona, eine 450 Kilometer lange und bis zu 1.800 Meter tiefe Schlucht, die während Jahrmillionen vom Colorado River ins Gestein des Colorado Plateaus gegraben wurde.

Was etliche Naturwunder miteinander verbindet, ob sie nun zu Weltnaturwundern gewählt wurden oder nicht, ist die akute Bedrohung durch Klimawandel und Umweltverschmutzung sowie durch extensive Landwirtschaft. Auch der Status als UNESCO-Weltnaturerbe hat das bisher nicht verhindern können. Helfen könnte nur noch ein Bewusstseinswandel bei den Erdbewohnern.

Bildnachweis

Alle Bilder: pixabay.com

Autor seit 10 Jahren
161 Seiten
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