Der Titel des 2009 erschienenen Buches lässt schon tief in vergangene DDR-Zeiten blicken: Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht. Der Untertitel – Geschichten aus der arschlochfreien Zone – macht neugierig, ob es so etwas wirklich gibt. Dieter Moor erzählt darin Geschichten über den Alltag eines verschlafenen brandenburgischen Dorfes in der Nähe von Berlin. Da er beruflich vorwiegend in der deutschen Hauptstadt eingebunden ist, beschließt er eines Tages mit seiner Frau Sonja, seinen Wohnsitz von der malerischen Schweiz nach Brandenburg zu verlegen. Als Ausgleich zum stressigen Fernsehjob wollen sich die beiden einen Bauernhof aufbauen und in der dörflichen Idylle entspannen. Am Ende des Buches meint Dieter Moor, nicht nur angekommen zu sein, sondern dazu zu gehören.

Das Grundstück wird ungesehen gekauft

Aus Zeitmangel verlässt sich Dieter Moor bei der Auswahl des Grundstücks voll auf die Intuition seiner Frau, aber als er dann den ersten Umzugswagen fährt, kommen ihm doch leise Zweifel. Ohne zu wissen, was ihn erwartet, stürzt er sich samt Haustieren in ein nicht vorausschaubares Abenteuer. Bei der ersten Begegnung mit einem ortsansässigen Bauer erfährt Familie Moor, dass das idyllische Dorfbild nur vorübergehender Natur ist, denn regelmäßige Ruhestörungen durch Autokarawanen, nächtliche Technopartys und Fluglärm auf der direkt hinter dem neu erworbenen Haus liegenden Fluglandebahn werden bald die Ruhe stören. Doch die Neuankömmlinge haben keine Wahl. Sie haben die Schweizer Heimat hinter sich gelassen und können nur nach vorn blicken. Und am Ende sieht alles gar nicht so schlimm aus.

Der Trailer zum Buch

Mittelpunkt ist der Dorfladen

Natürlich haben sie mit Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen, finden aber bald unter den Mitbürgern überall helfende Hände, die sich zum Teil recht schnell zu Freundschaften entwickeln. Durch die offene Art der beiden fernseherfahrenen Leute finden sie jederzeit Zugang zu den Ortsansässigen. Eine besondere Rolle spielt dabei die Besitzerin des dorfeigenen Ladens, Frau Widdel, die im Kittelschürzen-Look aus DDR-Zeiten (als der Dorfladen noch Konsum hieß) hinter einer antiken Registrierkasse ein strenges Regime führt. Der Dorfladen ist auch Ausgangspunkt aller Kontakte, hier wird man als Neuer gemustert und es ist wie überall in Brandenburger Dörfern: Man kennt noch nicht selbst alle Leute, aber alle anderen kennen einen selbst schon.

Das Buch ist eine Lobeshymne an Brandenburg

Dieter Moor berichtet herrlich komisch über Begegnungen und Begebenheiten mit den Dorfbewohnern. Er kann eine ganze Seite einem einfachen Handgriff mit der Schippe widmen, nimmt sich selbst ebenso auf die Schippe und der Leser muss sich zwar nicht wie auf dem Einband versprochen die Tränen aus den Augen wischen, kommt aber doch hin und wieder ins Schmunzeln. Das Buch ist nicht nur eine Lobeshymne an seine Frau, die immer wieder optimistisch das Ruder in die Hand nimmt, sondern vor allen Dingen auch eine Hommage an Brandenburg, auch wenn die hin und wieder zitierte Mundart stark berlinerisch klingt. So mancher waschechter Brandenburger sieht seine Heimat wieder mit anderen Augen und ist tief ergriffen, wenn Frau Moor voller Emotionen mit Tränen in den Augen fasziniert durch das Brandenburger Land fährt. Am Schluss des Buches scheint die Integration in die Dorfgemeinschaft gelungen, wenn bei Kümmerling und Singsang eine heimelige Atmosphäre aufkommt. Ganz arschlochfrei geht es allerdings nicht ab. Im Laufe des Buches treten immer wieder Figuren in Erscheinung, die man doch dieser Kategorie zuordnen möchte. Auch bleiben Zweifel, ob man tatsächlich integriert ist, wenn man sich nur allem einfach anpasst.

 

Seither sind ein paar Jahre vergangen. Dieter Moor denkt noch einmal über die arschlochfreie Zone nach und legt ein weiteres Buch mit dem Titel: Bauer sucht Frau mit Trecker…vor. Als Erscheinungsdatum ist Juli 2012 avisiert. Man darf gespannt sein, ob er sich immer noch so wohl fühlt.

So geht es Familie Moor nach sieben Jahren in Brandenburg
Laden ...
Fehler!