Die enorme Lernfähigkeit der Künstlichen Intelligenz

Bei der Künstlichen Intelligenz geht es logischerweise um die Nachahmung von Prozessen, die im menschlichen Gehirn ablaufen, also um die Schaffung eines künstlichen Gehirns, das durch digitale Verbindungen von Neuronen funktioniert. Ein künstliches neuronales Netz orientiert sich folglich an der Funktionsweise der Nervenzellen, der Neuronen, im Gehirn. Und zwar sind in einem solchen neuronalen Netz mehrere Schichten künstlicher Neuronen auf komplexe Weise miteinander verbunden, um Informationen zu verarbeiten. Und da die Stärken dieser Verbindungen variieren können und auch Rückkopplungen möglich sind, sind diese Netze lernfähig.

Und zwar geht es hier um das Erkennen von Mustern und den Umgang mit diesen aufgrund von Erfahrungen. Man spricht hier von Deep-Learning-Systemen oder auch selbstlernenden Systemen, wobei diese gegenüber den Neuronalen Netzen der 1980er Jahre enorm verbessert sind Das heißt: Waren damals nur einige Tausend künstliche Neuronen in wenigen Schichten miteinander verbunden, sind es bei den leistungsfähigsten Systemen von heute Milliarden von Neuronen, die in bis zu 30 Schichten gestapelt sind. Ermöglicht wurde dieser Fortschritt durch die phänomenale Steigerung der Rechenleistung und Speicherfähigkeit von Computern. So konnten die stärksten Supercomputer Mitte der 1990er Jahre etwa 100 Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde bewältigen. Heute schafft der leistungsfähigste Computer, nämlich der Supercomputer Summit von IBM, eine Quintillion Rechenoperationen pro Sekunde – das ist eine 1 mit 30 Nullen.

Die Rechenleistung von Computern könnte noch weiter enorm gesteigert werden durch die Verwendung sogenannter neuromorpher Chips, die das Verhalten von Nervenzellen nicht per Software, sondern elektronisch nachbilden. Deren Lernvorgänge sind bereits heute zehntausendfach schneller als beim menschlichen Gehirn und millionenfach schneller als bei den bisherigen Supercomputern. Dass Computer mit ihrer künstlichen Intelligenz überhaupt eine phänomenale Lernfähigkeit haben, hatte man festgestellt, als man Computern "beibrachte", "Dame" oder "Go" zu spielen und sie dann ständig gegen sich selbst spielen ließ. Die Computer erreichten dadurch nämlich eine Spielstärke wie kein Mensch zuvor. Das heißt auch, dass die Computer der neuen Generation nicht mehr programmiert, sondern ähnlich wie das menschliche Gehirn mit Hilfe von Daten trainiert werden.

Die neue Ära der "smarten Maschinen"

Die neue Ära der - auf der Basis der Künstlichen Intelligenz - selbstlernenden und sich letztlich selbst optimierenden "smarten Maschinen" begann mit dem Smartphone, einem Hochleistungsrechner im Miniaturformat, der 100 Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde schafft. Mittlerweile gibt es smarte Maschinen, die auf komplexe Fragen möglichst präzise Antworten geben und bei komplexen Problemen optimale Vorschläge zur Problemlösung unterbreiten. Man spricht hier von "bots". Wichtige Beispiele dafür sind "virtuelle Rechtsberater", Legal Bots, und der Einsatz Künstlicher Neuronaler Netze bei der Diagnose und Therapie von Krankheiten.

Neben diesen "Alltagsassistenten", die in einer rein virtuellen Umwelt agieren, bieten mittlerweile auch "smarte Maschinen" ihre Dienste an, die fähig sind, sich in der analogen Welt zu bewegen, in diese einzugreifen und mit Menschen in physischen Kontakt zu treten. Wichtige Beispiele dafür sind der multifunktionale Serviceroboter, der in der Betreuung und Pflege alter und/oder kranker Menschen eingesetzt werden könnte, vollautomatisierte, selbstfahrende Autos sowie zivile und militärische Drohnen oder auch Kampfroboter.

Können "smarte Maschinen" Moral besitzen?

Angesichts der Möglichkeit oder auch Notwendigkeit der Interaktion und Kommunikation zwischen Menschen und den genannten "smarten Maschinen" in der analogen Welt stellt sich nach Expertenmeinung auch die Frage nach der moralischen Handlungsfähigkeit von Maschinen. Denn es wird davon ausgegangen, dass zunehmend intelligente und autonome Maschinen zwangsläufig irgendwann vor moralischen Entscheidungen stehen werden. Das heißt: Eine Maschine mit künstlicher Intelligenz kann blitzschnell Optionen erfassen und dann nach einer vorgegebenen moralischen Regel entscheiden oder die moralischen Folgen abschätzen und dann auswählen. Eine solche Maschine hält sich also entweder an vorgegebene Regeln, die sie unmittelbar umsetzt, oder sie versucht, eine Entscheidung zu treffen, die moralisch adäquat zu sein scheint.

So muss z.B. ein in der Altenpflege eingesetzter Serviceroboter abwägen zwischen der Selbstbestimmung des zu Pflegenden und bestimmten gesundheitlichen Risiken, die entstehen, wenn dieser seine Medikamente nicht wie vorgeschrieben einnimmt. Einem Kampfroboter könnte man beibringen, aus moralischen Gründen das Befolgen eines Befehls zu verweigern, so dass er sich zivilisierter verhalten könnte als ein Soldat. Künstlich moralischen Maschinen wird also durchaus zugetraut, moralisch besser zu handeln als Menschen, weil sie keinen irrationalen Impulsen oder emotionalem Stress unterliegen. Letztlich könnten hochkomplexe künstlich intelligente Systeme sogar - so wird vermutet – eine eigene, genuin maschinelle Moral entwickeln, die, im besten Falle, humaner sein könnte als die menschliche Moral.

Die besondere Problematik vollautomatisierter autonomer Fahrzeuge

Wegen der besonderen Bedeutung des Individualverkehrs in Deutschland möchte ich auf die Problematik selbstfahrender Autos näher eingehen. Es handelt sich dabei also um Autos, die ohne menschliche Fahrer auf der Straße fahren und bei denen stattdessen ein Autopilot im Fahrzeug das Steuer übernimmt und selbständig Entscheidungen im Straßenverkehr trifft, und zwar auf der Grundlage der Verarbeitung von Daten, die Sensoren oder Kameras im Umfeld des Fahrzeugs wahrgenommen haben. Mit Hilfe dieser Informationen können also autonome Kraftfahrzeuge ihre eigene Position und die der anderen Verkehrsteilnehmer bestimmen und dann in Zusammenarbeit mit der Navigationssoftware das Fahrziel ansteuern und Kollisionen auf dem Weg vermeiden.

In der Diskussion um Chancen und Risiken, die mit autonomen Fahrzeugen verbunden sind, wird zum einen argumentiert, dass durch diese Technik der Straßenverkehr sicherer würde, da sich 90 Prozent aller Unfälle auf menschliches Versagen zurückführen ließen. Eine große Chance wird auch in der Einführung von autonomen und elektrischen Robotertaxis gesehen. Zudem könnten sich in autonomen Fahrzeugen die Fahrer mit anderen Dingen beschäftigen, z. B. Lesen, und alten Menschen könnte dadurch weiterhin die Teilnahme am Autoverkehr ermöglicht werden.

Als mögliche Nachteile autonomer Fahrzeuge werden häufig Unklarheiten bezüglich des Datenschutzes genannt und auf die Gefahr von Attacken von Cyberkriminellen und die Gefahr von Unfällen durch Softwarefehler hingewiesen. Und auch ein autonomes Fahrzeug wird möglicherweise irgendwann eine moralisch fundierte Entscheidung treffen müssen, und es muss ihm deshalb "beigebracht werden", dass der Schutz von Leben immer Vorrang hat vor Sachschäden.

Die Bedeutung "smarter Maschinen" auf gesellschaftlicher Ebene

Wichtige Beispiele für "smarte Maschinen" auf einer überindividuellen, gesellschaftlichen Ebene sind

  • "Smart Grids" (intelligente Stromnetze). Hier werden Erzeugung, Speicherung und Verbrauch von Strom miteinander kombiniert und durch eine zentrale Steuerung optimal aufeinander abgestimmt, so dass Leistungsschwankungen - insbesondere durch fluktuierende erneuerbare Energien – im Netz ausgeglichen werden. Durch "Smart Grids" werden also nachhaltige Energiesysteme erst möglich gemacht.
  • "Smart Buildings" (intelligente Häuser) . Hier erfolgt eine zentrale Steuerung der elektrischen Geräte in einem Haus oder in einer Wohnung, wobei im Idealfall die elektrischen Geräte nicht nur untereinander vernetzt sind, sondern zusätzlich auf Informationen des Strommarktes reagieren können. Das heißt: Wenn die Strompreise gerade am Markt günstig sind, könnten Versorger diese Information an die Haushalte weitergeben, so dass stromintensive Geräte genau in diesen Zeitfenstern genutzt werden könnten. Abgerechnet würde dann über einen sogenannten Smart Meter, ein intelligentes Messsystem, welches verschiedene Tarife zu verschiedenen Zeiten erfassen kann.
  • "Smart Cities" (intelligente Städte) sind die Städte der Zukunft mit ihren "schlauen Infrastrukturen", die dafür sorgen, dass die richtigen Ressourcen zur richtigen Zeit innerhalb der Stadt zur Verfügung gestellt werden – seien es Nahrungsmittel, Energie oder Konsumprodukte. Dabei werden Energie- und Wasserversorgung, Mobilität und Kommunikationstechniken immer mehr miteinander vernetzt, um die Bedürfnisse der Menschen erfüllen zu können. Ziel ist, die Städte durch Einsatz moderner Technologie effizienter und damit klimaschonender sowie lebenswerter zu machen.
  • "Smart Factories" (intelligente Fabriken) in der Welt von "Industrie 4.0". Hier geht es um eine vierte industrielle Revolution, bei der mit Hilfe intelligenter und digital vernetzter Systeme eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion ermöglicht werden soll. Das heißt: In den intelligenten Fabriken der "Industrie 4.0" kommunizieren und kooperieren Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte direkt miteinander, und durch diese Vernetzung soll es möglich werden, nicht mehr nur einen Produktionsschritt, sondern eine ganze Wertschöpfungskette zu optimieren, die alle Phasen des Lebenszyklus der Produkte einschließt - von der Idee eines Produkts über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Wartung bis hin zum Recycling.

 

Fazit

An anderer Stelle (https://pagewizz.com/kunstliche-intelligenz-schone-neue-welt-oder-horrorvision-33857/) hatte ich über die ersten großen Erfolge berichtet, die auf dem Gebiet der "Künstlichen Intelligenz" erzielt worden waren, aber auch auf mögliche Gefahren für die Zukunft der Menschheit hingewiesen, die nach Meinung von Experten mit der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz verbunden sein könnten. Inzwischen sind, wie ich in meinem heutigen Artikel gezeigt habe, mit der Entwicklung selbstlernender smarter Maschinen auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz weitere bahnbrechende Fortschritte erzielt worden, durch die viele Probleme, die das Leben vieler Menschen derzeit belasten, gelöst werden könnten. Wir stehen m.a.W. vor der Aufgabe, Künstliche Intelligenz intelligent und zum Wohle der Menschen einzusetzen.

Quellennachweis

Ulrich Eberl, Was ist Künstliche Intelligenz – Was kann sie leisten?

Thomas Range, Mensch fragt, Maschine antwortet. Wie Künstliche Intelligenz Wirtschaft, Arbeit und Leben verändert.

Christoph Kehl, Entgrenzungen zwischen Mensch und Maschine, oder: Können Roboter zu guter Pflege beitragen?

Catrin Misselhorn, Können und sollen Maschinen moralisch handeln?

Oliver Bendel, Überlegungen zur Disziplin der Maschinenethik.

 (Alle Artikel sind erschienen in: Aus Politik und Zeitgeschichte – Künstliche Intelligenz, 68. Jahrgang, 6-8/2018.)

https://de.wikipedia.org/wiki/Digitalisierung

https://de.wikipedia.org/wiki/Industrie_4.0

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCnstliche_Intelligenz

https://www.enbw.com/energie-entdecken/gesellschaft/smart-cities/

https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstfahrendes_Kraftfahrzeug

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wohnen/smart-home-das-intelligente-zuhause-6882

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Alle Bilder: Pixabay.com

 

 

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