Aufmerksamen Zuschauern der Serie wird sicherlich nicht entgangen sein, dass Dr. House trotz seines Credos "People don't change" im Lauf der sechsten Staffel versucht hat, sein Leben in den Griff zu bekommen. Teilweise und mit Hilfe seines salbungsvollen Psychiaters sogar recht erfolgreich. Irgendwie hat man ihn bisweilen nicht wieder erkannt, wenn er auf nett-ruppige Art Patienten getröstet und sogar auf "House-gemachte" Weise seinem Team unter die Arme gegriffen hat. Ich denke da an Taubs verkorkstes Eheleben, in das House mehr oder weniger freiwillig als Vermittler eingegriffen hat, oder den Versuch, Chase und Cameron zu trennen, nachdem deren Verbindung ohnehin von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Gedankt wurden ihm seine Bemühungen herzlich wenig.

Bis die Klinkchefin Dr. Lisa Cuddy ihm nach dem Verlust einer Patientin tränenreich versichert, dass sie ihn immer geliebt hat und nie von ihm loskommen wird. Ziemlich soapish war das, und genauso geht die siebte Staffel weiter. Als wäre das nicht schlimm genug, baut sich Cuddys und Houses Beziehung nur auf Sex und gegenseitiger Herabwürdigungen auf. Sie mäkelt an ihm herum, weil er den Müll nicht rausbringt und den Klodeckel offen stehen lässt, droht ihm mit Sexentzug, und er fasst ihr dafür ungeniert bei der Arbeit an den Hintern und reißt in einer Tour unanständige Witze. Klar, anders hätten wir das bei ihm nicht erwartet. Trotzdem bin ich enttäuscht. Hat er während seiner Therapiesitzungen überhaupt nichts gelernt? Abgesehen davon, dass ich es besser fand, als Arzt und Chefin noch umeinander herumscharwenzelt sind, kommt mir die "Beziehung" sehr konstruiert und unreif vor.

Tatsächlich geht House da einen oder zwei Schritte zurück. Nachdem eine bis zur Weißglut gereizte Cuddy ihm den Laufpass gibt, greift er zu kindischen Tricks, sie zurückzuerobern, heiratet zum Schein eine osteuropäische Schönheit, die eine Green Card braucht, lässt Modellbau-Hubschrauber in der Krankenhauslobby kreisen und tüftelt mit seinem Team im Monster Truck Diagnosen aus. Hier nebenbei eine Frage an Chefkeem: ist das Fahren von diesen Ungetümen im regulären Straßenverkehr in den USA erlaubt? Ich hege nämlich allmählich den Verdacht, dass es sich bei der gesamten siebten Staffel um eine Halluzination des juvenilen Helden handelt. Dafür sprächen auch surreale Traumsequenzen mit Zombies (Thriller lässt grüßen) und Musicaleinlagen (sehr beeindruckend: Hugh Lauries Gesangstalent), Stürze vom Balkon eines Hotels, Hommagen an diverse Filmklassiker und ein erstaunlich zahmer Wilson, der selten nervt.

Die übrigen, eigentlich ebenfalls interessanten Figuren kommen im Fahrtwasser der "Huddy"-Hysterie für mich viel zu kurz. Chase hatte eine bedeutende Storyline nach dem Tod des afrikanischen Diktators und dem daraus resultierenden Abschied von Cameron, aber anscheinend aus Bequemlichkeit oder politischer Korrektheit wurde sie dramaturgisch fallen gelassen und Chase stattdessen zum Ladykiller, der sich auch noch öffentlich und demütigend auf Face Place anschmieren lässt von einer seiner flüchtigen Bekanntschaften. Nein, das hätte zu dem vorsichtigen, mitunter raffinierten Australier in den früheren Folgen nie gepasst.

Foreman bleibt mehr oder weniger statisch, wie er es schon immer gewesen ist. Zumindest da gibt's keine unerwarteten Überraschungen. Allerdings vermisse ich die rege Interaktion zwischen ihm, Chase und House von früher. Irgendwie scheint jeder eine Insel geworden zu sein, die kein Boot je erreichen kann.

Der unscheinbare Casanova Taub kämpft nach wie vor mit Eheproblemen (rasend interessant!), und verliert schließlich doch. Ganz amüsant anzusehen ist dann seine Wohngemeinschaft mit Foreman.

Für frischen Wind sorgt immerhin die kleine, betont auf biederes Moppelchen getrimmte Martha Masters (Amber Tamblyn), ein Wunderkind wie Einstein, das sich bei House die Sporen verdienen soll. Sie hält sich tapfer, verguckt sich goldigerweise in Chase und wird zum Finale hin zugunsten der bis dahin abwesenden Thirteen gefeuert, für die House so etwas wie väterliche Gefühle entwickelt und sich beide aufgrund ähnlicher Wesenszüge emotional näher kommen.

Behaupten zumindest die Drehbuchautoren. Ich selbst habe davon nie etwas gemerkt, denn - Entschuldigung an alle Fans von Olivia Wilde - die Frau kann in meinen Augen einfach nur hübsch aussehen und Lara Croft sein, was die 18. Folge "The Dig", in der sie geheimnisumwittert wie immer nach monatelanger Abwesenheit auftaucht, wieder einmal eindrücklich beweist. Und zwar mit einem gezielten Tritt in gewisse private Teile und einem Spud Gun-Wettbewerb, den sie für House gegen seinen Erzrivalen - einem nerdigen Teenager - bestreitet und dabei seine Waffe ordentlich aufboostet. Ohne sie wäre House wahrscheinlich kaum fähig, seine Schnürsenkel zu binden! Der Rivale lässt ein paar sexistische Sprüche über Thirteen los, und bekommt dafür die volle Dröhnung aus der aufgemotzten Spud Gun und House es mit der Obrigkeit zu tun. Hätte er dasselbe auch für Foreman oder Chase getan?

Überflüssig zu erwähnen, dass sie ihre Kollegen daheim im Hospital wie Idioten dastehen lässt und die richtige Diagnose allein durchs Telefon stellt, ohne den Patienten persönlich gesehen zu haben...

Ich finde es bedauerlich und eine verpasste Gelegenheit, dass die Macher von House offenbar zurückdrehen, bestenfalls im Kreis treten, statt jedem Charakter die Möglichkeit zu geben, sich zum Positiven weiterzuentwickeln. Der viel versprechende Anfang der sechsten Staffel ließ auf Besseres, Differenziertes hoffen. 

Wenigstens bleiben einem die ersten drei Staffeln auf DVD. Dort durfte House noch ein bisschen Menschlichkeit zeigen, ohne dass sich Produzenten und Autoren dafür rechtfertigen mussten.

Ob es eine achte Staffel mit demselben Cast geben wird, steht übrigens noch in den Sternen.

 

 

 

 

 

House (Bild: 7393585)

House MD - Staffel 7 in weniger als zwei Minuten
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