Der Vesuv – Eine tickende Zeitbombe

Das eine Naturwunder bzw. Naturmonument, das bereits seine Gefährlichkeit gezeigt hat, ist der 1.281 Meter hohe Vesuv in Italien. Und zwar ist der Vesuv der einzige Vulkan auf dem europäischen Festland, der noch aktiv ist. Er entstand vor ca. 17.000 Jahren, und seitdem gab es bereits zahlreiche Ausbrüche, darunter 8 größere explosive Eruptionen. Diese wurden oft von pyroklastischen Strömen begleitet, die sich als glühend heiße Glut- und Aschewolken die Hänge hinabwälzten, und zwar mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern in der Stunde - wie im Jahre 79 n. Chr., als die Städte Pompeji, Herculaneum, Oplontis and Stabiae total zerstört wurden. Ab 1631 gab es nach längerer Ruhezeit immer wieder starke, explosive Ausbrüche, zuletzt 1906 und 1944. Für den Vesuv ist also typisch, nach langen Ruhephasen in einer gewaltigen Eruption zu explodieren, und das macht ihn so gefährlich. Vulkanologen befürchten, dass es bald wieder zu einem heftigen Ausbruch kommen könnte, und deshalb wird der Vesuv rund um die Uhr überwacht. Wenn man einschätzen will, was ein Ausbruch des Vesuvs heute für Folgen haben könnte, muss man zunächst zur Kenntnis nehmen, dass ausgerechnet die Region um den Vesuv sehr dicht besiedelt ist. Das heißt: Allein in der Stadt Neapel wohnen mehr als eine Million Menschen, unmittelbar an den Hängen des Vulkans noch einmal Zehntausende. Insgesamt könnten mehrere Millionen Menschen zumindest indirekt von einem Ausbruch betroffen sein.

Der gefährliche "Bruder" des Vesuvs

Noch größeres Ungemach könnte von den Phlegräischen Feldern (Campi Flegrei = brennende Felder) drohen, die westlich von Neapel, direkt unter der Stadt Pozzuoli liegen. Und zwar handelt es sich hier um eine Caldera, eine Art in sich zusammengebrochener Vulkan, der mit einem Durchmesser von rund 13 Kilometern gigantische Ausmaße erreicht. Darin befinden sich 24 kleine Krater. Von vulkanischer Aktivität zeugen Thermalquellen und Öffnungen, an denen Gase austreten. Einige Wissenschaftler halten die Campi Flegrei für einen Supervulkan, dessen Ausbruch noch weitaus dramatischere Folgen hätte als ein Ausbruch des 15 Kilometer entfernten Vesuvs. So würde bei einem Ausbruch wahrscheinlich die Heimat von mehreren Millionen Menschen zerstört, und je nach Windrichtung könnte das 250 Kilometer entfernte Rom mit Asche bedeckt werden. Die Aschewolke würde schließlich die Alpen überwinden und für Aschefallout in Deutschland sorgen. Besonders alarmierend ist, dass – wie neue Studien zeigen - die Magmareservoire der Phlegräischen Felder und des Vesuvs miteinander in Verbindung stehen, denn das könnte ja dazu führen, dass beide Vulkane zur gleichen Zeit ausbrechen, und das hätte sicherlich globale Auswirkungen - ökologische und ökonomische.

Mögliche Gegenstrategien

Es ist offensichtlich, dass die Folgen eines Ausbrüchs des Vesuvs, aber auch des Supervulkans unter den Phlegräischen Feldern zunächst dadurch begrenzt werden könnten, dass die Siedlungsdichte in dieser Region verringert wird. Es hat auch bereits einen Versuch in dieser Richtung gegeben. So bot vor zehn Jahren die Region Kampanien für jeden Wegzug eines Haushalts aus der unmittelbaren Nähe zum Vesuv eine Prämie von bis zu 30 000 Euro an. Es haben jedoch nur ein paar Tausend Haushalte das Angebot angenommen. Die Gefahr wird also verdrängt oder heruntergespielt, was wohl vor allem darauf zurückzuführen ist, dass der Vesuv schon ungewöhnlich lange schläft, nämlich seit 70 Jahren, so dass kaum noch jemand da ist, der den letzten Ausbruch aus eigener Anschauung kennt. Es wurde deshalb das 3-D-Modell einer Vesuv-Eruption entworfen, bei dem per Computer-Animation die möglichen Folgen eines Vesuv-Ausbruchs gezeigt werden.

Ferner haben Vulkanologen und Katastrophenschützer einen mehrstufigen Notfallplan entwickelt, in dem die Evakuierung der Bevölkerung "im Fall der Fälle" geregelt ist. Und zwar wurde hier die betroffene Region in drei Zonen eingeteilt, in eine rote Zone, die durch die Eruption unmittelbar betroffen ist, weil sich hier die gefürchteten pyroklastischen Ströme ergießen könnten – bei einem starken Ausbruch könnte sogar Neapel davon betroffen sein - eine gelbe Zone, in der Felsbrocken einschlagen könnten, und eine blaue Zone, in der Ascheregen niedergehen könnte. Die in der roten Zone lebenden Menschen müssten naturgemäß im Ernstfall, d.h., sobald Vulkanologen in spätestens einer Woche einen Ausbruch erwarten, zuerst evakuiert werden. In diesem Zusammenhang bemüht man sich auch um eine weitere Verbesserung der Methoden der Ausbruchsprognose, damit ein bevorstehender Ausbruch der Vulkane so früh erkannt werden kann, dass alle Bewohner in der gefährdeten Region rechtzeitig evakuiert werden können und die Evakuierung in geordneten Bahnen, also ohne Chaos, verläuft.

Das Matterhorn – Der ehemals unbezwingbare Berg

Das andere Naturwunder bzw. Naturmonument, mit dem sich erschütternde Dramen verbinden, ist das Matterhorn. Das Matterhorn ist das Wahrzeichen und Symbol der Schweiz und gilt wegen seiner markanten Form und freistehenden Position als Inbegriff eines Berges, als Berg der Berge. Das heißt: Es gibt keinen bekannteren Berg auf der Welt, dessen natürliche Form einer Pyramide so nahe kommt wie das Matterhorn. Das Matterhorn ist deshalb auch der meistfotografierte Berg der Welt. Im Jahr 2015 feiert Zermatt den Berg – mit zahlreichen Feierlichkeiten rund um die Erstbesteigung, die 1865 Zermatter Bergführern und einer Gruppe von Bergsteigern um den Briten Edward Whymper gelungen war. Bis dahin war das Matterhorn der letzte berühmte 4000er, der noch nicht erobert war. Alle Versuche, das Matterhorn zu besteigen, waren also bis dahin gescheitert. Der Berg galt deshalb als unbezwingbar.

Die Katastrophe bei der Erstbesteigung

Für den Briten Edward Whymper war das Matterhorn eine besondere Herausforderung. Denn er hatte bereits siebenmal versucht, den Berg zu besteigen, und wollte 1865 beim achten Anlauf endlich sein Ziel erreichen. Und da bis dahin die – gescheiterten – Versuche, das Matterhorn zu bezwingen, zumeist von der italienischen Seite her unternommen worden waren, wollte Whymper versuchen, den Berg über den Umweg des Schweizer Nordost-Grates, also von Zermatt aus, zu erobern. Er stellte eine Siebener-Seilschaft zusammen, und der Gruppe gelang am 14. Juli 1865 tatsächlich die Erstbesteigung. Edward Whymper erreichte als Erster den Gipfel. Ihm folgten der Bergführer Michel Croz (aus Chamonix), Reverend Charles Hudson, Lord Francis Douglas, Douglas Robert Hadow (alle aus England) sowie die Zermatter Bergführer Peter Taugwalder Vater und Peter Taugwalder Sohn. Beim Abstieg kam es jedoch zur Katastrophe, denn die vorderen vier der Seilschaft (Croz, Hadow, Hudson und Douglas) stürzten tödlich ab. Drei der Toten wurden einige Tage später auf dem Matterhorngletscher geborgen, die Leiche von Lord Francis Douglas, mit 18 Jahren der jüngste Expeditionsteilnehmer und ein Verwandter der englischen Königin Victoria, wurde dagegen bis heute nicht gefunden.

Ein Berg wird endgültig zum Mythos – Mit weiteren tödlichen Folgen

Die Todesfälle bei der Erstbesteigung des Matterhorns lösten zwar großes Entsetzen aus, aber sie schmälerten nicht den Ruhm des Erstbesteigers Edward Whymper und machten den Berg für Bergsteiger erst recht attraktiv. Das heißt: Der Reiz, das Matterhorn zu bezwingen und wenigstens einmal im Leben auf dem Berg zu stehen, wurde eher noch größer. Das Matterhorn wurde endgültig zum Mythos, aber diese Faszination hat noch viele weitere Opfer gefordert. Denn es kommen zwar, seit in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts am Dach des Matterhorns fixe Seile installiert sind, nicht mehr so viele Alpinisten zu Tode wie in früheren Jahren. Aber es sind dennoch so viele Menschen bei der Besteigung des Matterhorns tödlich verunglückt wie auf keinem anderen Berg der Welt, nämlich schätzungsweise 500.

Schlussbetrachtung

Was die Gefahren betrifft, die vom Vesuv und dem Supervulkan in seiner Nachbarschaft ausgehen, so ist festzuhalten, dass diese Gefährdungen nur zu einem Teil den Vulkanen selbst zuzuschreiben sind, dass sie vielmehr auch menschengemacht sind. Das heißt: Viele Menschen haben sich ganz in der Nähe der Vulkane angesiedelt und wollen von dort auch nicht wieder wegziehen, offensichtlich weil sie die Gefahren, die ihnen bei Vulkanausbrüchen drohen, unterschätzen bzw. bewusst ignorieren. Hier besteht noch viel Aufklärungsbedarf.

Die alte Spruchweisheit: "Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um!" bewahrheitet sich vielleicht noch stärker beim Naturwunder Matterhorn. Vor allem zeigt sich hier, wie sehr Menschen bereit sind, ihr Leben zu riskieren, um einen Nervenkitzel zu erleben. Man kann in diesem Fall aber auch von fehlgeleiteten Versuchen sprechen, eine Herausforderung zu bewältigen, um die eigenen Fähigkeiten zu erproben. Die Alpenbewohner früherer Zeiten waren diesbezüglich wesentlich weiser. Denn sie fürchteten den Aufstieg in die eisigen Höhen und sahen auch keinen Sinn in derartigen Vorhaben.

Vielleicht kann man auch sagen – das gilt sowohl für die Vulkane als auch für das Matterhorn - dass viele Menschen den Kampf mit diesen Naturgewalten aufnehmen, weil sie beweisen wollen, dass der Mensch ihnen trotzen kann, wenn er nur will. Potenziell gefährliche Naturwunder wie der Vesuv und das Matterhorn sind mit anderen Worten für den modernen Menschen eine Provokation, weil sie ihm die Grenzen seiner Macht aufzeigen. Sie sind also auch deshalb gefährlich, weil sich der moderne Mensch die Beschränkung seines Allmachtswahns, die von ihnen ausgeht, nicht gefallen lassen will. Darin kommt meines Erachtens auch der mangelnde Respekt des modernen Menschen vor der Natur zum Ausdruck.

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Alle Bilder: pixabay.com

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