Unverbindliche Symbolkultur

Hohle Phrase "Zeichen setzen"

Licht an, statt Hirn aus!Politiker genießen geringes Ansehen, obwohl sie über unser aller Leben bestimmen. Dabei sollte man ihren Sonntagsreden viel mehr Aufmerksamkeit widmen, reflektieren sie doch das gesellschaftliche Umfeld, in welchen sie sich bewegen. Eigenverantwortung oder die Benennung konkreter Schritte sind mittlerweile zur Randerscheinung verkommen – gleichermaßen in der Politik, wie auch innerhalb unserer Gesellschaft. Kein Wunder also, dass nicht Nägel mit Köpfen gemacht, sondern lieber unverbindliche, hohle Phrasen gedroschen werden.

 

Da wimmelt es dann von "Solidarität", "sozialer Gerechtigkeit" und was der schwammigen Unverbindlichkeiten mehr sind. Konsequenterweise leben wir längst in einer Symbolkultur. Wir tragen rote Aids-Schleifen aus Solidarität mit den Erkrankten, demonstrieren für Frieden oder unterzeichnen bequem von zu Hause aus Online-Petitionen gegen alles Übel der Welt. Die Erfolge dürften sich zwar in überschaubaren Grenzen halten, aber der Teilnehmer kann mit vor Stolz geschwellter Brust von sich behaupten, ein Zeichen gesetzt zu haben.

 

 

Earth Hour: Hirn aus!

Die 2007 erstmals vom WWF Australien veranstaltete "Earth Hour" ist ein besonders kurioser Vertreter dieser Symbolkultur. Um auf die – angebliche oder tatsächliche – weltweite Energieverschwendung aufmerksam zu machen, werden symbolisch diverse Beleuchtungen ausgeschaltet. Zumeist allerdings nicht im privaten Bereich, sondern von öffentlichen Einrichtungen. Begeistert haben sich zahlreiche Städte, ganz im populistischen "schadet nicht und poliert das Image auf"-Sinne angeschlossen. Der Eiffelturm in Paris, die Athener Akropolis oder das Brandenburger Tor in Berlin müssen jeweils für eine Stunde ohne Licht auskommen, was den jeweiligen Bevölkerungen ein entzücktes "Oooh!" entlockt.

 

Natürlich sind die eingesparten Energiemengen der Rede nicht wert. Dies ist aber auch nicht Ziel der "Earth Hour":

"Es geht nicht wirklich um die Energie, die dabei eingespart wird", sagte "Earth Hour"-Mitinitiator Andy Ridley. Vielmehr solle die Aktion zeigen, dass viel bewirkt werden könne, wenn viele Menschen sich zusammentun.

Da leuchtet das güldene Herz der Symbolkultur auch ganz ohne Energiezufuhr auf. Denn um konsequente Umsetzung möglicherweise unpopulärer Ziele geht es gar nicht. 

 

Klimawandel-Heuchelei, oder: "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!"

Eine beinahe schon legendäre Demonstration übelster Heuchelei und Verlogenheit stellen die Klimakonferenzen dar. Erinnern Sie sich noch an jene vom Dezember 2009 in Kopenhagen? 27.000 Teilnehmer, darunter über 10.000 staatliche Delegierte, konferierten über den Klimaschutz. Dabei entsprach der verursachte CO2-Ausstoß dem der englischen Großstadt Middlesbrough während desselben Zeitraums.

 

Wie sagt doch der Volksmund in Abwandlung eines Bibel-Zitates so treffend: "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen". Und tatsächlich erstaunt die Doppelmoral der Teilnehmer. Viele reisten in Privatjets an, aus Mangel an Limousinen vor Ort wurden Luxuswagen extra aus Deutschland angekarrt, auf dem Menüplan der Delegierten standen unter anderem Kaviar und Jakobsmuscheln.

 

Natürlich sollen diese Fakten keine Neiddebatte entfachen, sondern vielmehr jenen, die für diesen Irrsinn bezahlen, während sie selbst aus voller Überzeugung für Umweltschutz eintreten, die Augen öffnen. Lassen Sie es mich unverblümt direkt formulieren: Wie ernst kann es den Teilnehmern solcher Konferenzen mit ihren angeblichen Anliegen wohl sein, wenn sie mit schlechtem Beispiel vorangehen?

 

Ein US-amerikanisches Sprichwort lautet: "Do as I say not as I do", oder auf gut Deutsch: "Tu was ich sage und nicht, was ich selber tue". Würden Sie einem Betrunkenen sein Engagement wider Alkohol abkaufen? Natürlich nicht! Weshalb also nehmen Sie an, Heuchlern wie den oben Angeführten gehe es tatsächlich um die "gute" Sache und nicht darum, Geld zu machen oder eine hübsche Urlaubsreise auf Steuerzahlerkosten zu erhalten?

 

Wer es ernst mit seinem Anliegen meint, lässt den schönen Worten Taten folgen. Ein simples Prinzip, das aus verständlichen Gründen unpopulär ist. Wer beginnt schon bei gerne bei sich selber, wenn er berechtigerweise annehmen muss, dass die anderen nicht mitziehen? Weshalb selber auf etwas verzichten, wenn man dann mitansehen muss, wie andere sich umso begeisterter dem verzichteten Produkt widmen?

 

Deshalb: Hirn an, statt Licht aus! Lassen Sie sich nicht mit billigen Phrasen abspeisen oder jegliche Heuchelei auf die Nase binden. Fordern Sie bei der nächsten "symbolischen Aktion" von den Betreibern konkrete Schritte, statt schöner Worte. Sie werden überrascht sein, mit welchen absurden Ausreden, Relativierungen oder Rechtfertigungen Sie plötzlich konfrontiert werden … 

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Autor seit 13 Jahren
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