Betonplatten, Plastikbecher und Knochen

Eine schmale Gasse wird enger und enger. Die Natur macht keinen Unterschied, sie überlagert vermoderte Steinplatten und vereinzelte achtlos weggeworfene Plastikbecher ohne Unterschied. Eine eiserne Kette rostet still vor sich hin, noch sieht sie stabil und massiv aus. Sie wird solange überdauern, bis die Maschinen im Vorfeld der Bagger auch ihr den Garaus machen. Altmetallsammler würden sich ihrer gerne annehmen. Doch das Gelände wird bereits seit langer Zeit überwacht, Plünderer haben keine Chance mehr. Früher kannte man die Firmen als Wachdienst, heute nennen sie sich nach amerikanischem Vorbild Security-Patrouillen. Weshalb, weiß keiner.

 

Nach jedem Regenschauer bleibt die Nässe lange im Moos auf den Mauerkronen haften und lässt es in trügerisch frischem Grün schimmern. Ein verblichener kleiner tierischer Schädelknochen liegt zwischen den Fugen. Wie er dorthin fand, wird wohl nicht mehr zu klären sein. Könnte er seine Geschichte erzählen, würde der sinnende Betrachter gebannt lauschen.

Nur der Wind unterbricht die Stille, wo einst das Lachen der Kinder zu hören war.

Schaukel (Bild: copyright: Max Günter Jagodzinska)

Verantwortung übernehmen - Gedanken beim Spaziergang

Ein einsamer Spaziergang durch die verlassenen Gassen und Winkel, die Gedanken schweifen ab in die Vergangenheit. Es stimmt nachdenklich, die Zerstörung an allen Ecken und Enden greifbar vor sich zu haben. Man sieht Ecken voller Müll und schüttelt den Kopf; man sieht Ecken, in denen die Natur das von Menschenhand geschaffene Bauwerk überlagert und staunt über die Kraft, die selbst im kleinen Grashalm steckt.

Macht das alles Sinn? Ist der scheinbar unstillbare Energiehunger der Spezies Mensch es wert, über Jahrhunderte gewachsene Dörfer und soziale Bindungen zu vernichten? Fragen, die sich jeder stellen muss... Antworten, die einsichtig sein können, die zum Überlegen anregen müssen, die zornig machen dürfen, ja vielleicht müssen …

Wo sich früher Menschen begegneten ...

Die Gasse der Erinnerungen (Bild: copyright: Max Günter Jagodzinska)

Heilt die Zeit die Wunden?

Die früheren Dorfbewohner sind inzwischen in ihrer neuen Heimat angekommen. Sie haben ihre Wurzeln dem Fortschritt und dem Energiehunger der modernen Gesellschaft opfern müssen. Besonders den älteren Mitbürgern fällt es schwer, die Plätze ihrer Kindheit, den Ort, der ihr Leben lang eine vertraute Heimat war, sterben zu sehen. Die Narben auf der Seele werden sie für den Rest ihres Lebens begleiten. Bei den jungen Menschen heilt die Zeit die Wunden, man arrangiert sich mit den neuen Gegebenheiten. Viele haben die Umsiedlung positiv aufgenommen und sehen optimistisch in die Zukunft.

Autor seit 12 Jahren
8 Seiten
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