"Zuhören", was heißt das?

Der Duden umschreibt es mit folgenden Begriffen:

  • Aufmerksamkeit zuwenden
  • mit Aufmerksamkeit hören
  • etwas hörend in sich aufnehmen
  • etwas oder jemandem hinhörend folgen
  • ganz Ohr sein

Dass Zuhören ein echtes Geschenk für den Gesprächspartner sein kann, verraten schon Redewendungen wie jemandem "sein Ohr leihen" oder jemandem "Gehör schenken". 

Was bedeutet es, ein "achtsamer Zuhörer" zu sein?

Ein guter Zuhörer ist auch ein achtsamer Zuhörer. 

Achtsam sein, das bedeutet: In diesem Moment wirklich da sein. Dem, was gerade geschieht, volle Aufmerksamkeit schenken. 

Im Zusammenhang mit Achtsamkeit wird oft vom "Geist des Anfängers" ("beginner's mind") gesprochen. Wer jeder neuen Erfahrung mit dem Geist eines Anfängers begegnet, der ist ohne Vorurteile, ohne Erwartungen, ohne vorgefasste Meinungen.

Im Gespräch und beim Zuhören kann er sich ganz neu auf den Gesprächspartner einlassen, diesen Menschen ganz neu kennenlernen. Das ist selbst dann - und gerade dann! - möglich, wenn es sich um einen Menschen handelt, der einem schon lange Zeit vertraut ist, vielleicht der eigene Ehepartner, Mutter oder Vater, Sohn oder Tochter, ein alter Freund. Es kann sich lohnen, auch einen vertrauten Gesprächspartner mit neuen Augen zu sehen:

  • Was für ein Mensch ist das eigentlich?
  • Wie denkt er wirklich?
  • Was kann ich über diesen Menschen erfahren, wenn ich alle meine Urteile und Beurteilungen einmal weglasse?

Wichtige Voraussetzung, um wirklich zuhören zu können

Wer ein guter Zuhörer sein möchte, der sollte selbst innerlich möglichst ruhig sein. Dabei kann Meditation helfen - warum nicht einmal ganz bewusst vor einem wichtigen Gespräch versuchen, den Geist zu klären und die eigenen Gedanken zu "zähmen"?

Auch hier kann eine Meditation des Hörens hilfreich sein, sie ist in der Achtsamkeitspraxis als gängige Alternative zur üblichen Atemzählmeditation bekannt: "Achtsames Hören", im Englischen auch als "mindful listening" bezeichnet.

Bei dieser Art der Meditation geht es einfach nur darum, die Geräusche der Umgebung achtsam wahrzunehmen, ohne sie zu benennen oder zu beurteilen, ohne sie zu mögen oder abzulehnen, ohne sie "festhalten" oder unterdrücken zu wollen.

Die Geräusche sind einfach nur da und werden von den Ohren vorurteilslos wahrgenommen. Sie dürfen auftauchen, sich wieder entfernen, lauter werden oder leiser, ... 

Im Wikipedia-Artikel zum Thema "Zuhören" liest man den guten Ratschlag:

"Mache dir klar, dass aktives Zuhören Kraft kostet. Wenn deine "Batterien" gerade schwach sind, wird dir aktives Zuhören sehr schwerfallen. In einem solchen Fall ist es weise, sich für einen anderen Zeitpunkt zu verabreden."

"Deep listening"

Im Englischen wird für das Achtsame Zuhören auch der schöne Ausdruck "deep listening", "tiefes Zuhören", verwendet.

Beim "tiefen Zuhören" lässt man sich wirklich auf das ein, was der Gesprächspartner sagt. Man hört nicht nur mit den Ohren zu, sondern mit Geist und Herz. 

Man lässt nicht nur das auf sich wirken, WAS gesagt wird, sondern auch WIE es gesagt wird. Man nimmt Mimik und Gestik des Gegenübers wahr, Stimmlage und Tonfall. 

Das "tiefe Zuhören" wird manchmal auch so beschrieben: Wir hören unserem Gesprächspartner so zu wie wir - ganz offen und entspannt - einem Musikstück zuhören wirken. 

Auf der - sehr empfehlenswerten - Website Achtsame Wirtschaft wird das "Tiefe Zuhören" verständlich und anschaulich erklärt und die Frage gestellt: "Was würde sich ändern, wenn wir in unseren Meetings, am Telefon oder in Gesprächen tiefer zuhören würden?"

Ein guter (achtsamer) Zuhörer sein - wie man es richtig macht

Achtsames Zuhören heißt:

  • wirklich nur zuhören, nichts anderes tun
  • dem Gesprächspartner beim Zuhören in die Augen sehen
  • den Gesprächspartner nicht unterbrechen
  • nicht versuchen, das Thema zu wechseln
  • nicht versuchen, das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken
  • nicht überlegen, was man antworten möchte, sollte oder könnte
  • nicht beurteilen oder verurteilen (Beim Beurteilen hört man nicht länger zu, sondern verfängt sich wieder im eigenen Denken.)
  • die eigene Meinung und die eigenen Ansichten ganz bewusst zurückhalten - wirklich nur Zuhörer sein
  • alles loslassen: eigene Gedanken, Meinungen, Ideen und Vorstellungen, ...
  • wenn Gedanken auftauchen, diese registrieren und wieder ziehen lassen
  • dem anderen die Gelegenheit geben zu sprechen - den Gesprächspartner mit entsprechenden Fragen oder Bestätigung zum Weitersprechen ermuntern
  • Fragen sollten - wenn notwendig - das Gespräch auf sanfte Weise vertiefen, sie sollten offen und aufrichtig sein

Ganz wichtig ist: Nicht versuchen, dem anderen eine Lösung für seine Probleme zu liefern oder Ratschläge zu geben. Das achtsame Zuhören schafft für den Sprechenden Zeit und Raum, um selbst Lösungen zu finden - er kennt sich und seine Situation schließlich am besten. Beim Achtsamen Zuhören beginnt auch der Sprechende, sich selbst wieder besser zuzuhören. Es wird ihm möglich, mit seiner inneren Weisheit in Verbindung zu treten. Lösungen können so auf ganz natürliche Weise entstehen. 

Zuhören - auch dann, wenn es vielleicht schwer(er) fällt

Warum nicht einmal wirklich zuhören, ohne Frust, Ungeduld oder Ärger ...

  • wenn die Oma ausschweifend, mit vielen Details und langem Atem ihre Kindheitserinnerungen erzählt?
  • wenn der Kollege begeistert von seinen Urlaubserlebnissen schwärmt?
  • wenn der Onkel zum fünften Mal dieselbe "witzige" Anekdote erzählt, die wir inzwischen schon in- und auswendig kennen (oder es zumindest meinen)?
  • wenn die Nachbarin von ihren (uns unbekannten) Enkelkindern erzählt, dem Schrebergarten am Stadtrand oder dem geliebten Hund, den sie vor vielen Jahren einmal hatte? 

Web-Tipp: Stiftung Zuhören

Die Stiftung Zuhören engagiert sich für eine Kultur des Zuhörens - wer mitmachen oder unterstützen möchte, findet auf der Website der Stiftung ausführliche Informationen. 

Buchtipps:

Eure Erfahrungen?

Zuhören ist ein Thema, das jeden betrifft und zu dem jeder etwas zu sagen hat.

Deshalb höre ich gerne zu und freue mich auf euer Feedback und eure Erfahrungen. 

Bist du ein guter Zuhörer?
Michaela, am 09.05.2014
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Bild: clker.com (Wer gute Beziehungen möchte, sollte "Giraffensprache" sprechen: Gew...)
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