Ein Panda verscheucht die Leser: Suite101.de schließt Berliner Büro

Die Internet-Plattform für Online-Autoren „Suite101.de“ steht vor massiven Veränderungen. Der Traffic der Website ist nach dem „Panda-Update“ von Google massiv eingebrochen.

Am Mittwoch äußerte sich Peter Berger, Geschäftsführer des kanadischen Unternehmens Suite101.com Media Inc., in einer öffentlichen Mitteilung über weitreichende betriebliche Veränderungen. Da das Unternehmen seit einigen Monaten nicht mehr profitabel wirtschafte, werde sich „Suite101“ in der Zukunft stärker auf das englischsprachige Kerngeschäft konzentrieren, so Berger. Die Schließung des deutschen Redaktions-Büros in Berlin sei für Dezember 2011 geplant. Die übrigen europäischen Dependanzen in Frankreich und Spanien sollen ebenfalls geschlossen werden. Er selbst werde das Unternehmen zum Jahreswechsel aus privaten Gründen verlassen. Sein Nachfolger wird Michael Kedda, bisheriger Chefredakteur von „Suite101.com“. Berger betonte in seiner Erklärung: „All unsere jetzigen und zukünftigen Autoren können ihre Texte weiterhin auf Suite101.de veröffentlichen. Bei der Auswahl neuer Autoren wird suite101 aus Kanada mindestens dieselben Qualitätsanforderungen anlegen wie bislang die europäischen Büros.“ Wie sich "Suite101.de" in Zukunft entwickeln wird, ist jedoch fraglich. Mit Aufgabe der verhältnismäßig strengen redaktionellen Betreuung fällt ein wichtiges Qualitätsmerkmal weg, durch das sich das Autorennetzwerk gegenüber anderen Internet-Plattformen für Online-Autoren bislang abgegrenzt hat.

„Panda-Update“ stellt Geschäftsmodell in Frage

Erst im Juni 2011 war der langjährige Chefredakteur von "Suite101.de", Dirk Westphal, auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen ausgeschieden. 2012 soll seine Konkurrenz-Plattform "Ticula" an den Start gehen. "Suite101.de" war zuletzt stark unter Druck geraten. Das Internet-Unternehmen Google hatte mit dem sogenannten Panda-Update die Algorithmen seiner Suchmaschine verändert, um die Qualitätsstandards zu erhöhen. Vor allem die englischsprachige Plattform "Suite101.com", aber auch die deutschsprachige Website "Suite101.de" verzeichneten in der Folge massive Einbrüche bei Leserzahlen und Werbeeinnahmen. Insider sprechen von Traffic-Rückgängen zwischen 60 und 70 Prozent. Das Unternehmen finanziert sich vor allem über die Einnahmen aus auf den jeweiligen Artikelseiten geschalteten Google-Adsense-Werbeanzeigen.

Informationspolitik in der Kritik

Neben einigen professionellen Journalisten schreiben vor allem ambitionierte Amateur-Autoren auf "Suite101.de". Seit längerem herrsche jedoch starke Unzufriedenheit über die Entwicklung des Unternehmens, heißt es aus Autorenkreisen. "Suite101.de" wirbt unter anderem damit, dass Autoren durch Umsatzbeteiligung mit dem Schreiben Geld verdienen, "für jeden veröffentlichten Artikel, jeden Tag". Noch im Januar 2010 äußerte sich der damalige Chefredakteur von "Suite101.de", Dirk Westphal, in einem Interview gegenüber dem Online-Medienportal Meedia optimistisch: "Fleißige Schreiber, die ihre Texte geschickt aufbauen, können im Monat einen mittleren dreistelligen Euro-Betrag verdienen." Tatsächlich verdienen viele Autoren monatlich geringe zweistellige, mitunter nur einstellige Eurobeträge – trotz zum Teil hunderter veröffentlichter Artikel. Auch soll die restriktive Informationspolitik des Unternehmens immer wieder von Autoren kritisiert worden sein. Entscheidungen würden mangelhaft erklärt, die Autoren häufig vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch weigere sich "Suite101", die genaue Höhe der Beteiligung der Autoren an den Werbeeinnahmen offenzulegen.

Platzhirsch „Suite101.de“

Die im Jahr 2008 online gestellte Website "Suite101.de" ist nach Angaben des Unternehmens mit mehr als 3 000 Autoren und über 70 000 Artikeln das größte Autorennetzwerk im deutschsprachigen Raum. Die kanadische Muttergesellschaft mit Sitz in Vancouver betreibt neben der deutschsprachigen Internet-Plattform bereits seit 1996 die englischsprachige Website "Suite101.com". Seit dem Jahr 2009 gibt es zudem die französischsprachige Plattform "Suite101.fr" und die spanischsprachige Website "Suite101.net". Burda Digital Ventures und der deutsche Unternehmer Dr. Boris Wertz sind Hauptanteilseigner des Unternehmens.

Walter_Plinge, am 23.11.2011