Eine kurze Geschichte des Mammuts
Nicht alle Mammuts waren pelzig und lebten in der Kälte – lesen Sie weiter und werden Sie zum Mammut-Experten!Die Verwandtschaft der Mammuts
Mammuts gehörten zur Gattung Mammuthus, die nahe mit Elephas verwandt war und deren letzte noch heute lebenden Vertreter die Asiatischen Elefanten (Elephas maximus) sind. Gut erkennbar ist dies vor allem an der ähnlichen Schädelform, welche bei beiden Gattungen recht kurz ist, dafür aber gewölbt in die Höhe ragt. Die kleinen Ohren sowie der hohe Rücken stellen weitere anatomische, auf den ersten Blick auszumachende Gemeinsamkeiten dar. Dem Afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana) und dem Waldelefanten (Loxodonta cyclotis) als Angehörige der Gattung Loxodonta hingegen fehlen diese Merkmale – ihr Zweig hatte sich schon früher, nämlich vor 7,6 Millionen Jahren, von jenem abgetrennt, der später zur Bildung von Elephas und Mammuthus führen sollte. Die beiden Letztgenannten spalteten sich erst vor 6,7 Millionen Jahren. Interessant ist es, dass sich Wollhaarmammut und Afrikanischer Elefant genetisch gesehen nur zu 0,6 % voneinander unterscheiden – das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Mensch und Schimpanse ist doppelt so weit entfernt. Das wichtigste morphologische (= erscheinungsbildliche) Detail, um die Artzugehörigkeit eines Mammuts zu klären, stellen übrigens die Backenzähne dar. Die jeweilige Form ihrer sogenannten Schmelzfalten resultiert in einer Lamellenstruktur, deren Anzahl je nach Spezies unterschiedlich hoch ist und im Laufe ihrer Entwicklung stetig zunahm (7-9 Lamellen bei den allerersten afrikanischen Mammuts, 21-30 bei der jüngsten Art, dem Wollhaarmammut). Dies spiegelt die immer bessere Anpassung an offene Landschaften, welche überwiegend Gras als Nahrung boten und dank der vielen, bei späten Gattungen auch immer dünneren Schmelzlamellen optimal zerkleinert werden konnten. Allen drei Gattungen (Loxodonta, Elephas und Mammuthus) ist jedoch gemein, dass sie zur Familie der Eigentlichen bzw. Echten Elefanten (Elephantidae) innerhalb der Ordnung der Rüsseltiere (Proboscidea) gezählt werden, einer Ordnung, der auch andere illustre Mitglieder wie die Mastodonten angehörten.
Verwechslungsgefahr besteht hier übrigens, da ebenfalls der Gattungsname Mammut existiert, welcher verwirrenderweise aber nicht für die Mammuts (Mammuthus) verwendet wird, sondern für die Mammutidae (Echte Mastodonten)! Das Wort "Mammut" geht wohl auf einen Begriff der Wald-Nenzen zurück, einem teilweise nomadisch lebenden Volk aus Nordosteuropa und Nordasien, das immer wieder auf Knochen von Mammuts oder gar im Eis konservierte Tiere stößt. Sie nennen sie "Erdfresser".
Mammuthus.jpg (Bild: User Fun-dan/Wikimedia Commons/Public Domain)
Mammutvielfalt
Die Mammuts entwickelten diverse Arten, deren Erscheinungsform von klein bis groß und deren Lebensraum von der Wüste bis zur Tundra reichte. Als erstes Mammut überhaupt gilt Mammuthus subplanifrons – die ältesten Fossilien dieser Art sind 5,7 Millionen Jahre alt, gefunden wurden sie in der Afar-Region in Äthiopien, welcher ebenfalls einige der bekanntesten und ältesten menschlichen Überreste entstammen (so auch "Lucy", der weltberühmte Australopithecus afarensis). Aus M. subplanifrons und dessen Nachfahren M. africanavus fächerten sich in der Folge die weiteren Spezies auf. Bedeutend ist hier M. meridionalis. Er, der sogenannte Südelefant, wagte sich als erstes Mammut bis nach Eurasien und wurde hier zum Steppenmammut (M. trogontherii), das bis in Schulterhöhen von 4,7 m emporwuchs und damit zu einem der größten Rüsseltiere überhaupt aufstieg. Es fühlte sich auch im Norden des Kontinents wohl und entwickelte mit der Zeit ein immer dichteres Fell – das Wollhaarmammut (M. primigenius) war geboren.
Währenddessen zogen einige Südelefanten über einen Vorläufer Beringias (einer Landbrücke zwischen Sibirien und Alaska, die aufgrund von großflächigen Vergletscherungen in Kaltzeiten und dem damit einhergehenden Absinken des Meeresspiegels im Wechsel von Jahrtausenden in den Fluten versank und wieder auftauchte) bis nach Nordamerika: zum einen entstand hier das Präriemammut (M. columbi; einige Experten sehen hier stattdessen auch eine Abstammung vom Steppenmammut), und zum anderen das Kalifornische Zwergmammut M. exilis, einem Nachfahren des riesigen Präriemammuts, das allerdings nur Höhen von 1,80 m aufwies. Es lebte auf dem Festland vorgelagerten Inseln, was die geringe Größe dieser Art erklärt. Tiere auf Inseln entwickeln sich nämlich häufig zu Zwergformen, um dem knapperen Lebensraum und Nahrungsangebot Rechnung zu tragen - und das Fehlen von Raubtieren enthebt sie des Zwangs, viel Gewicht und große Höhen erreichen zu müssen. Diese sogenannte Inselverzwergung trifft man besonders häufig bei Rüsseltieren an, so etwa auch beim kleinsten Mammut: das Kreta-Zwergmammut (M. creticus) wurde mit seinen etwa 1,1 m nur wenig höher als die kleinsten Elefanten aller Zeiten, die ausgestorbenen Elephas falconeri oder Sizilianischer Zwergelefant (er lebte auf Malta und Sizilien) sowie Elephas cypriotes (der Zypern-Zwergelefant). Zu guter Letzt komplettiert M. lamarmorai, das Mini-Mammut von Sardinien, die Familie der bekannten (und als solche anerkannten) Mammuts. Zum Vergleich: ein Afrikanischer Elefant kann die 4-Meter-Marke durchbrechen, ein Asiatischer wird bis zu 3,50 m hoch und ein Waldelefant gut 2,40 m. Riesig waren auch die Stoßzähne der Mammuts: die längsten bekannten trug einst ein Steppenmammut – 5,2 m messen sie! Das sind 170 cm mehr, als beim Rekordhalter der Afrikanischen Elefanten ermittelt wurden.
Heilige Beute
Dann erschien der Mensch. Seine Beziehung zum Mammut war von Anfang an ambivalent – einerseits bejagte, andererseits verehrte er es. Eindrucksvolle Höhlenmalereien und Kunstobjekte wie Mammutstatuetten oder Schnitzereien in Mammutstoßzähnen aus dem Jungpaläolithikum (der jüngsten Periode der Altsteinzeit, ca. 38.000 bis 9.700 v. Chr.) legen eine rituelle Hinwendung der Menschen zu ihren Beutetieren nahe, schließlich versorgten sie sie neben Nahrung auch mit fast allem anderen, das sie zum Überleben brauchten: aus den Häuten der Tiere fertigte man Kleidung und Abdeckungen von Hütten, Knochen wurden zu Werkzeugen, Waffen und Kunstgegenständen, Sehnen zu Bestandteilen von Pfeilbögen. Entgegen früherer Annahmen zeigen neuere Forschungen, dass die Menschen damals wohl nur recht selten auf Mammutjagd gingen – sicherlich zogen sie eine weniger wehrhafte Beute wie Antilopen oder Rentiere vor. Belegt ist dies alles für das Wollhaarmammut, doch liegt der Schluss nahe, dass überall auf der Welt auch andere, vor allem kleinere, Mammutarten gejagt wurden, zumindest in Zeiten der Not.
Die Jagd auf sie gilt auch als einer der Gründe für das Aussterben der Mammuts. Große Säugetiere, die sich nur langsam und mit einem Jungtier pro Wurf fortpflanzen, sind sehr anfällig für Schwankungen ihrer Reproduktionsrate. Bereits ein Rückgang von wenigen Prozent, sei es durch Bejagung oder durch einen klimatisch bedingten Wandel des Lebensraumes und den dadurch bedingten Nahrungsmangel, können mittel- bis langfristig zum Aussterben der Art führen. Viele Mammutspezies überlebten übrigens bis ins Zeitalter des Jungpleistozän (etwa 125.000 bis 9.800 v. Chr.), das Wollhaarmammut gar bis ins Holozän, die anschließende und bis heute dauernde Epoche – die letzten von ihnen lebten auf der Wrangelinsel (hier setzte wiederum eine leichte Verzwergung ein) in Ostsibirien bis etwa 2000 v. Chr.!
Mammoth calf.jpg (Bild: User Woudloper/Wikimedia Commons/Public Domain)
Mammuts heute
Vornehmlich aus Sibirien stammen auch die "Mammutmumien", einige aus Alaska und Kanada. Starb ein Wollhaarmammut, konnte es vorkommen, dass es vor bzw. in einem frühen Stadium der Verwesung von Eis eingeschlossen wurde, das im Permafrostboden die Jahrtausende überdauerte, bis es schließlich von Menschen aufgefunden wurde. Lange bevor es die moderne Wissenschaft gab, machten sich russische Händler auf die Suche nach solchen Überresten, denen sie die Stoßzähne entfernten – Elfenbeinhandel war damals schon ein sehr einträgliches Geschäft. Sie mussten buchstäblich nur ihrer Nase folgen, denn die Kadaver begannen schnell damit, ihre unterbrochene Verwesung nachzuholen, war das sie schützende Eis erst einmal geschmolzen – sie strömten dann einen beißenden Gestank nach Moschus aus, der schon aus mehreren Kilometern Entfernung zu riechen war. Manchmal wirkte das Fleisch jedoch noch frisch, sodass sich – dem Vernehmen nach – einige Menschen einen rohen Bissen genehmigten. Über die gesundheitlichen Folgen dieser Experimente ist hingegen nicht viel bekannt.
Mittlerweile werden tiefgefrorene Mammuts von Wissenschaftlern akribisch untersucht, denn sie sind oftmals so gut erhalten, dass man beispielsweise ihren Mageninhalt identifizieren und so viel genauere und umfassendere Rückschlüsse über ihre Lebensweise ziehen kann, als dies nur über das Erforschen von Knochen möglich wäre. Und – in einigen Fällen gelang es, DNA-Proben bzw. sogar einen Tropfen flüssigen Blutes zu entnehmen! Im Jahre 2008 veröffentlichten Wissenschaftler die Genomsequenz des Wollhaarmammuts – damit wurde es zum ersten ausgestorbenen Tier, dessen genetischer Code (allerdings "nur" zu etwa 70%) entschlüsselt werden konnte. Dies weckt unter einigen Forschern den Wunsch, das Wollhaarmammut mittels Klonierung quasi wieder auferstehen zu lassen. Neben den ethischen Fragen, die sich aus einem solchen Vorhaben ergeben, gilt es jedoch auch zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Lebensraum dieser Tiere schon längst verschwunden ist. Die Wollhaarmammuts waren so eng mit diesem verbunden, dass er nach ihnen "Mammutsteppe" getauft wurde. Da diese aber nach der letzten Kaltzeit, der Weichsel-Kaltzeit am Ende des Pleistozäns, ebenso verschwand wie die Mammuts, müssten geklonte Tiere in Zoos leben – und das, obwohl sie "zu Lebzeiten" einen Landstrich von Mitteleuropa über Nordsibirien bis nach Nordamerika ihr Zuhause nannten und sicherlich Wanderungen über hunderte, wenn nicht gar tausende Kilometer unternahmen. Das taten sie außerdem nicht alleine, sondern in Herden – möchten wir sie also wirklich wieder zum Leben erwecken, nur um sie in ein Gehege zu sperren?
Bilder:
Titelbild: Woolly mammoth (Mammuthus primigenius) - Mauricio Antón.jpg von Mauricio Antón, Lizenz: CC-BY-SA 2.5
Größenvergleich: Mammuthus.jpg von User Fun-dan, Lizenz: Public Domain
Mammutkalb: Mammoth calf.jpg von User Woudloper, Lizenz: Public Domain
Bildquelle:
a.sansone
(Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(Rosen und die Frage: Dorn oder Stachel?)