Zwei Kirchen und ein gewaltiger Platz für die Pilger

Auf der einen Seite des Platzes steht eine Kirche, wie man sich eine solche vorstellt. Die neobarocke, weiße Rosenkranzbasilika ziert ein hoher Kirchturm mit Uhr, geschmückt mit Heiligenfiguren und einem Kreuz auf der Spitze. Rechts und links schließt sich jeweils ein säulengetragener Gang mit Rundbögen an. Man könnte meinen, die Kirche möchte mit diesen seitlichen Flügeln das heilige Areal in den Arm nehmen. Allein die Ausmaße des Platzes, der doppelt so groß ist wie der Petersplatz in Rom, lassen dies nicht zu. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde ein moderner Flachbau errichtet, der schlicht und schmucklos erscheint. Es ist die viertgrößte Kirche der Welt. Im Inneren erschließt sich dem Besucher die volle Größe des Rundbaues, der von dem griechischen Architekten Alexandros Trindade entworfen wurde. Die Igreja da Santissima Trinidade hat 13 Eingänge und umfasst einen gewaltigen Saal mit gepolstertem Kirchengestühl für mehrere Hundert Menschen. Sie schauen auf ein riesiges Altargemälde. Es stellt sich einfach dar, erstrahlt aber komplett in Gold. Der Saal unter der Kuppel des Deutschen Reichstages dürfte klein sein, gegen diesen Kirchenraum. In Fátima ist alles groß. Die Gebäude, die Räume, die Zahl der Pilger, die Eindrücke und auch die Gefühle. Ganz in der Mitte des Areals prangt die Erscheinungskapelle (Capela das Aparicoes), die dort errichtet wurde, wo den Kindern die Mutter Gottes am 13. Mai 1917 erschien. Sie ist ausnahmsweise nicht riesig, aber das Herz von Fátima.

Die Geschichte um Fátima beginnt mit drei kleinen Kindern

Noch vor rund 100 Jahren war der Ort völlig unbekannt. Heute ist Fátima einer der bedeutendsten Pilgerorte für die katholische Kirche. Von Mai bis Oktober immer am 13. des Monats treffen sich hier viele Tausend Gläubige. Bis zu 200.000 Menschen finden sich zum Gebet ein. Durch drei kleine Kinder wurde Fátima zum heiligsten Ort Portugals. Am 13. Mai 1917 hüteten Sie in der Cova da Iria eine kleine Herde. Dabei erschien den Geschwistern zur Mittagszeit ein helles Licht am Himmel. Es zeigte sich in Gestalt der heiligen Mutter Gottes. Einem der Kinder gab sie drei Weissagungen mit auf den Weg. Lucia de Jesus gab zwei davon bekannt, die dritte Weissagung blieb bis zum Jahr 2005 unausgesprochen. Nur der Papst selbst und Lucia kannten sie. In der ersten Weissagung wurde der frühe Tod der beiden Geschwister Francisco und Jacinta vorhergesagt. Die zweite Weissagung soll sich auf die Schrecken des 20. Jahrhunderts beziehen, die dritte auf das Papstattentat 1981. Die Weissagungen wiederholten sich fünf Monate lang jeweils am 13. des Monats. Bereits am 13. Oktober 1917 sollen sich 70.000 Gläubige versammelt haben, um die Erscheinung zu sehen. Offenbart hat sich die Mutter Gottes jedoch immer nur einem der Kinder, Lucia de Jesus, die am 13. Februar 2005 im Alter von 97 Jahren starb. Sie und ihre Geschwister wurden vom Papst heilig gesprochen. 

Fátima - Rosenkranzbasilika - links Gottesdienst (Bild: H. Nedo)

Der Ort kämpft mit gewaltigen Pilgerströmen

Der Ansturm der Gläubigen ist für den Ort eine Herausforderung. Riesige Parkplätze stehen bereit für Busse und Pkw. Hotel an Hotel und Andenkenläden prägen das Bild des Ortes. Über eine neu erbaute Schnellstraße wird der Besucherstrom durch die Landschaft geleitet. Von Beschaulichkeit ist nichts mehr übrig. Wer Fátima etwas ruhiger erleben will, sollte das Wochenende meiden. Am Montag besteht die Möglichkeit, den Basilikaplatz leerer zu erleben, wobei leer hier im Verhältnis zum gewaltigen Areal gesehen werden muss. Auch an einem ruhigen Montag ist es bewegend, den stattfindenden Gottesdienst zu erleben. Über große Lautsprecher wird der komplette Platz mit Kirchengesang und lateinischen Worten erfüllt. Das Areal bietet bei fantastischer Akustik auch am Rande stehenden genug Eindrücke. Selbst Nichtgläubige können sich der Atmosphäre Fátimas nicht entziehen. 

Persönliche Eindrücke - nicht nur Gläubige halten inne

Mein Mann und ich erlebten Fátima an einem Montag. Es war erstaunlich leer. Umso mehr faszinierte mich eine weibliche Stimme, die über Lautsprecher singend das gesamte Areal zum vibrieren brachte. Der Gesang berührte zutiefst und ging mir unter die Haut. So habe ich es empfunden, einfach fantastisch. Ein einzelner Mann rutschte auf den Knien über den Platz. Strahlende Sonne ließ das Weiß der Gebäude blenden. Besucher stellten große oder kleinere Kerzen auf. Dafür gab es extra einen Platz. Es waren so viele Kerzen, dass die Hitze ihrer Flammen sich unter dem Dach staute. Hohe Kerzen verbogen sich merkwürdig, ein seltsamer Anblick, wenn man bedenkt, dass mit jedem Licht ein Wunsch, eine Danksagung, eine Bitte, ein Gebet verbunden ist. Fátima ist so wie Lourdes in Frankreich ein Ort, der von vielen Kranken im Glauben an eine Wunderheilung aufgesucht wird. Mein Mann hat das an einem 13. des Monats erlebt. Er kam tief bewegt zurück. Unsere Montagsfahrt nach Fátima führte über eine neue Autobahn, die rechts und links kaum etwas von der Landschaft freigab. Wir waren über weite Strecken das einzige Auto. Vermutlich reihen sich hier immer am 13. von Mai bis Oktober Kilometerweit Auto an Auto. Für mich war es seltsam, die freie Autobahn und später den leeren Ort zu erleben, kannte ich doch aus dem Fernsehen und von Erzählungen nur ein Fátima der Menschenmengen. Dafür hatte ich ausreichend Gelegenheit für Fotos, die die Größe des Areals erkennen lassen. Ergriffene Gesichter von Tausenden Pilgern gehörten nicht zu meinen Eindrücken, in Erinnerung bleibt mir Fátima trotzdem als ergreifend und irgendwie riesig. Riesig in vielerlei Hinsicht. Nicht nur die Gebäude, das gewaltige Gelände, schon davor die Autobahn für den monatlichen Ansturm, Parkplätze für Tausende Pilger und nicht zuletzt Unmengen von Andenkenläden. In Fátima ist alles groß. Nur der Beginn seiner heiligen Geschichte geht auf drei kleine Kinder zurück. Es ist erstaunlich, welche Ausmaße ein Pilgerort annehmen kann.

 

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