Gelber Enzian
Der gelbe Enzian, Gentiana lutea, Bitterstoffe pur; unser Schnaps- und HeilkraftlieferantGelber Enzian, Blüten (Bild: a.sansone)
Der Gelbe Enzian als Pflanze
Wie "Enzian" schon anzeigt, gehört er in die Familie der Enziangewächse, Gentianaceae. Er ist eine sehr hoch blühende Pflanze und kommt bis etwa 2.200m hoch vor.Steinige Weiden, Schutthalden, im Latschen- oder Erlengebüsch tritt er oft sehr gesellig auf. Blütezeit und dann nicht zu übersehen ist Juli, August. Die gelben Blütenstände sitzen büschelig, drei bis zehn Blüten in mehreren Etagen in den Achseln der oberen Tragblätter; die gegenständigen Blätter sind graugrün und bis zu 30 cm lang. In den Blattscheiden sammelt sich gerne Wasser. Die Blüten selbst sind meist 4- oder 5 zählig und sternförmig offen. Jede der länglichen kegelförmigen Früchte beinhaltet bis zu hundert sehr leichte Samen, die durch den Wind verbreitet werden. Seine rübenartige oft armdicke Pfahlwurzel wird seit Alters her hoch geschätzt; dazu komme ich noch extra. Eine Pflanze, die bis zu 60 Jahre alt werden kann, braucht auch einige Jahre bevor sie erstmals zu blühen beginnt, nämlich bis zu zehn Jahre.
Im blütenlosen Zustand kann er leicht mit dem hochgiftigen Weißen Germer verwechselt werden.
Abb: li Enzianblätter, re Blätter vom Weißen Germer
Die wertvollen Bitterstoffe vom Gelben Enzian
Der Gelbe Enzian, Gentiana lutea, mit seiner Bittersubstanz Amarogentin in den Wurzeln, ist das Bitterste was Mütterchen Erde pflanzlich hervorgebracht hat. Amarogentin ist noch in einer Verdünnung von eins zu 58 Millionen deutlich wahrnehmbar. Das heißt, wenn man ein Schnapsglas (2cl) Amarogentin in einer Wassermenge verdünnt, die etwa 5.800 Badewannenfüllungen entspricht, würde man sie immer noch schmecken.(Quelle: Link) Auch wenn er bereits in vorchristlicher Zeit als Arzneipflanze geschätzt wurde, die Bitterstoffe produziert er ja nur, um sich gegen Tierfraß zu schützen; an Menschen hat die Pflanze da mal nicht gedacht. Übrigens die ersten Hinweise darauf kommen von Dioskurides, der berichtet, dass der König Genthius (na? da klingelt es gleich =>Gentiana, Gentianaceae) einen Auszug aus vergorenen Enzianwurzeln gegen die Pest empfohlen hat.
*Übrigens, der Enzianschnaps, den man in den Alpen bekommt, ist aus diesen Wurzeln gebraut. Auch wenn auf den Flaschen meist fälschlicherweise ein blau blühender Enzian abgebildet ist.
Bitterwurz oder Fieberwurz sind weitere volkstümliche Namen des gelben Enzians, der in Mittel- und Südeuropa bis in die Höhe von 2.500 m vorkommt. Die Bitterstoffe sind in der Wurzel vorhanden, was fast zum Aussterben der Pflanze beigetragen hat. In den Alpengebieten gibt es strenge Kriterien, wer wann Enzianwurzeln ausgraben darf, um den begehrten Schnaps zu brennen.
Pro Jahr dürfen etwa in Galtür ausgeloste 13 Haushalte jeweils 100 Kilogramm Wurzeln in den Seitentälern ausgraben. Daraus werden schließlich nur knapp sieben Liter Enzian-Schnaps, wobei im Verkauf ein Liter "Enzner" knapp 300 Euro kostet.
Nur ein Modeprodukt?
Enzo, eine Limonade aus Enzianwurzel
Meine Begeisterung hält sich in Grenzen, weil die Befürchtung, dass ein ohnehin bereits knappes Vorkommen vom Gelben Enzian noch weiter "totgeschürft" wird, sicher nicht unbegründet ist. So weit, so schlecht.
Enzo nennt sich das Produkt, es ist ein alkoholfreies Tonikum namens "Enzo", das aus eben diesen Enzianwurzeln gebraut wird.
Die Manufaktur möchte durch die Verwendung heimischer Ressourcen einen Kontrapunkt zu anderen Limonadenherstellern setzen, die auf Essenzen aus weiter Ferne zurückgreifen. Der unter Naturschutz stehende Enzian muss schonend geerntet werden, damit eine nachhaltige Vermehrung und eine neuerliche Ernte nach zehn Jahren möglich ist: Die heimischen Wurzeln werden von Hand jenseits der Baumgrenze gestochen, zu Sirup eingekocht und dieser mit Alpenwasser verdünnt.
Möge die Übung gelingen, denn die Worte "schonend" und "Gewinn einer neuen Marke" lassen sich selten vereinbaren.
Sinnvoll den ganzen Enzian verwerten ... sieht allerdings seit Kurzem so aus:
Galtürer Enzian cultiviert - Enzian für die Kosmetik
Auf der Suche nach einer weiteren Verwendung und Anwendung des Gelben Enzians; allerdings nicht auf die Wurzel bezogen, sondern aus dem ehemaligen Abfall, nämlich Blatt, Stängel und Blüten, etwas Sinnvolles zu fabrizieren, wurde ein neues Produkt geboren.
a) Der Gelbe Enzian wird in eigenen alpinen Teilen gezielt angebaut - eben Galtürer Enzian cultiviert.
b) Die Blüten und Blätter des Gelben Enzians werden in den Sommermonaten *händisch geerntet.
Aus diesem Grün & Gelb wird ein zertifizierter, bitterstoffhaltiger Extrakt in Arzneimittelqualität hergestellt.
*Die Namensgebung Enzian cultiviert, gründet auf einer Doppelbedeutung: Der Name Galtür kommt aus dem rätoromanischen "cultura" ("gepflügtes Feld"). Der Name erinnert an die Kultivierungsarbeit der Engadiner.
Das Besondere an diesem Produkt: Die Schnapsbrenner verwenden, wie schon erwähnt, die Wurzeln des Gelben Enzians, Blätter und Blüten der Pflanze sind für sie wertlos und werden nicht verwertet, enden quasi als Abfall. Doch darin befinden sich die gleichen Bitterstoffe wie in den Wurzeln; allerdings nicht in der gleichen hohen Konzentration. Auf einem ehemaligen Acker zwischen Galtür und Wirl wird nun seit 2017 der Gelbe Enzian kultiviert; auf einer Versuchsfläche mit 12.000 vorgezogenen Enzianpflanzen.
In den ersten zwei Jahren nach dem Setzen musste man sich intensiv um die Pflanzen kümmern, erklärt Hermann Lorenz. Nunmehr stehen bereits an sie 30.000 Pflanzen auf diesen Feldern.
c) Nach einigen Versuchen die Blüten und Blätter zu einem Elixier für die Hautpflege zu verwerten, wird nun ein Extrakt in Arzneimittel-Qualität herstellt. Das fertige Extrakt wird in Innsbruck zu Dusch- sowie Kugelseifen und zu einer Lotion verarbeitet.
*Bei der Ernte des Gelben Enzians drängt die Zeit. Da muss in diesem Falle noch die ganze Familie mithelfen, denn es gibt nur ein kleines Zeitfenster, in dem die Blüten erntereif sind. Außerdem müsse bei der Ernte die Sonne scheinen, damit die Blüten offen sind, beschreibt Allgemeinmedizinerin Alexandra Walter: "Wenn die Pflanzen beim Abschneiden nass wären, dann würde beim Transport ein Fermentationsprozess in Gang kommen und dann wäre quasi die Ernte kaputt."
Alexandra Walter und Heidrun Walter und Hermann Lorenz sind auf jeden Fall auf einem guten Weg, den Gelben Enzian aus der Nische des "nur oder ausschließlich zum Schnapsbrennen gut", zu befreien. Auch hier gilt das "from head to toe"-Prinzip, also ganzheitliche Verwertung.
https://www.enzner.at/
Tiroler Kräuterdestillerie - Gebirgs Enzian Sch... | Tirol geniessen - Enzian Schnaps (1 x 0,50 l) |
Bildquelle:
a.sansone
(Welcher Enzian ist das? Enziangewächse im Fokus)
a.sansone
(Womit haben Alpenpflanzen/Alpenblumen zu kämpfen?)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone
(Welche Alpenblumen blühen im Sommer?)