Enziane soweit das Auge reicht

Gentiana verna (Bild: adele sansone)

Enziangewächse - Gentianaceae - Ein Ausflug in die Botanik

Die Familie der Enziangewächse (Gentianaceae) umfasst an die 85 Gattungen mit bis zu 1.600 Arten; es gibt sogar Sträucher, Bäume und Lianen darunter. Uns genügen zwei Gattungen, Gentiana und Gentianella, mit ihren in den Alpen heimischen Arten. Diese Gattung alleine hat schon an die 400 Arten. Die meisten Arten sind Kräuter oder Stauden, ein- bis zweijährig.

Der Standort der Enziane - extrem

Magerrasen, Moore, Hochgebirge, klingt alles nach schweren Lebensbedingungen und guten Überlebenskünstlern. Die Stängel sind kurz, die Blüte oft riesig, am Fuß bilden viele eine Rosette. Die Blätter leiten so ganz gezielt das Wasser zu den kräftigen Zugwurzeln, die auch noch Halt auf den schottrigen, bewegten Böden gewährleisten. Das Feinwurzelsystem der Gebirgspflanzen ist bis um das Fünffache länger als das von Talpflanzen.

Die Enzianblüte

Typisch - die Blütenformel für die Trichterblüte des Enzians ist die Fünf. Halt, keine Regel ohne Ausnahme. Es gibt auch Enzian-Arten, die nur vier zum Kelch zusammengewachsene Blätter haben und außerdem auch noch die Farbe gewechselt haben und 12-zählige gibt es auch noch.

Bestäuber für den Enzian sind Hummeln und Falter, für die brauchen sie auch die nett gezeichnete Landebahn (Strichsaftmale - Punkte, Flecken). Saftmale Gentiana acaulis

Ganz schön clever!

Gebirgspflanzen haben kein leichtes und bequemes Leben. Da ist Einfallsreichtum gefragt, um mit den rauen Wetterbedingungen zurande zu kommen. So neigt und schließt etwa der Enzian bei nassem Wetter seine Blüte, damit die wertvollen Staubgefäße nicht nass werden. Was aber ist, wenn tagelang Schlechtwetter herrscht? Ist dann sein Blühen vergebens, weil keine Bestäuber in seinen Schlund kommen können?

Selbst ist der Mann, sprich die Pflanze: Im Notfall greift sie zur Selbstbestäubung, um den Zyklus des Blühens, Samens und des neuen Lebens nicht zu durchbrechen.

Die Frucht der Enziane ist eine Kapsel.

 

Der Enzian und die Farbe Blau - Anthocyane, gut für auch Ihre Gesundheit

Die wunderschöne intensive blaue Farbe verdankt der blau blühende Enzian Anthocyanen (Kyanos ist das griechische Wort für Dunkelblau). Anthocyane sind sekundäre Pflanzenstoffe, die Blüten und Gemüse blau oder violett färben und den Menschen - wenn er diese Lebensmittel verspeist - vor Krebs schützen.

Diese Pflanzenstoffe bieten

  • Schutz vor zu starkem Einfluss von UV-Strahlung. Dadurch werden die DNA und die Proteine im Zellkern der pflanzlichen Zelle vor Mutationen geschützt. 
  • Bindung von freien Radikalen, als antioxidative Wirkung.
  • Erzeugung von Farben, die Insekten anlocken, die der Pflanze bei der Vermehrung helfen.

Bitterstoffe, die vor allem in der Wurzel sind, befinden sich aber auch in den Blättern, das erklärt, warum das Almvieh den blauen Liebling in Ruhe lässt.

Clusius-Enzian (Bild: adele sansone)

Diese Enziane sind wirklich himmlisch blau

Nur eine kleine bescheidene Aufzählung, der in den Alpen häufig anzutreffenden Enzian-Arten. Die Blütenkronen im Schlund sind ohne Fransen, alle gehören zur Gattung Gentiana:

  • Frühlings-Enzian, auch Schusternagerl genannt, Gentiana verna, er ist der am frühesten blühende Enzian. Zarte Blüten mit enger Röhre und den 5 ausgebreiteten Zipfeln.
  • Bayerischer Enzian, Gentiana bavarica, wird etwas höher als Gentiana verna
  • Clusius-Enzian, Gentiana clusii, ein Enzian auf ganz kurzem Stiel, allerdings ohne grüne Punkte im Schlund und auf Kalkböden anzutreffen. Wird deshalb auch oClusius-Enzianft Kalk-Enzian genannt. 
  • Stängelloser Enzian oder breitblättriger Enzian, Gentiana acaulis, neben den typischen Streifen auch deutlich grüne Flecken im Schlund. AcaulisEr wird gerne als Silikat-Enzian bezeichnet.
  • Schwalbenwurz-Enzian, Gentiana asclepiadea, durch seinen hohen Wuchs und den büschelig angeordneten Blüten in den Blattachseln leicht zu erkennen.

Zu der Gattung Gentianella gehören neben den lila blühenden Arten auch einige blaue dazu. Zipfel sind vier, statt fünf und die Kronzipfel oder der Schlund sind gefranst:

  • Gefranster Enzian, Gentianella ciliata, der Stängel ist vierkantig und die Kronzipfel deutlich gefranst.
Schwalbenwurz-Enzian, Gentiana asclepiadea
Schwalbenwurzenzian

Schwalbenwurzenzian

Woher stammt der Name "Gentiana - Enzian"?

Schon bei Dioskurides und Plinius dem Älteren war von Gentiana radix, also der Wurzel des gelben Enzians (Gentiana lutea) die Rede. Der Name Gentiana leitet sich mit großer Wahrscheinlichkeit von dem illyrischen König Genthios her. An seinem Hof war das Heilkraut Enzian bereits bekannt.

Neben dem gelben Enzian werden auch noch die Wurzeln von:

  • punktierter Enzian, Gentiana punctata, gelb blühend mit Punkten
  • purpurroter Enzian, Gentiana purpurea
  • ungarischer oder brauner Enzian, Gentiana pannonica

verwendet.

Volkstümliche Namen für die verschiedenen Enziane lauten: Himmelsstern, Himmelsbleaml, Schusternagele, Guggernagerl, Schwizer Höseli, Steinnägeli, Tintenblüemli, Bläueli, Kerzenwurzn oder Graggeschnabel.

Damit man durch die regionalen Namen nicht in die Irre geführt wird, gibt es die eindeutige wissenschaftliche Bezeichnung: Botanische Begriffe und Bedeutung.

Ostalpen-Enzian, Pannonischer Enzian

Gentiana panonica (Bild: a.sansone)

Gelber Enzian

Der Gelbe Enzian, Gentiana lutea, ist leicht zu erkennen, denn die hohe Pflanze mit den quirlartugen gelben Blüten sticht ins Auge. Sie wird vor allem als Heilpflanze geschätzt und der berühmte "Enzianschnaps" wird aus ihren Wurzeln gebraut. Mehr dazu in einem eigenen Porträt:
Gelber Enzian

Gentiana lutea - der gelbe Enzian
Gelber Enzian

Gelber Enzian (Bild: a.sansone)

Gentiana und Gentianella - die lila-blühenden Enziane

Enziane haben gefälligst blau zu sein! Diesen Gefallen macht uns schon der gelbe Enzian nicht. Auch die purpurfarbenen Arten tanzen aus der Reihe. Die zartlila blühenden Gentianella-Arten sind ein weiteres Beispiel von Artenvielfalt innerhalb einer Familie.Gentianella

Alle Gentianella-Arten zeichnen sich durch den bärtigen Schlund aus. Er soll die falschen Insekten vor dem Eindringen abhalten. Nur langrüsselige Hummeln und Tagfalter sind als Besucher erwünscht! Geschlürft (Nektar) soll werden und nicht gebissen.

 

  • Feld-Enzian, Gentianella campestris, Kronzipfel vierzählig. So ist er leicht vom deutschen Enzian zu unterscheiden.
  • Deutscher Enzian, Gentianella germanica, Kronzipfel 5-zählig, die Blüten sind ästig am Stängelende angeordnet, im Kelch bärtig. Pflanzen, die im Frühsommer blühen, sind nur wenig verzweigt. Herbstformen dagegen tragen bis an die 50 Blüten.
  • Rauer Enzian, Gentianella aspera, wird bis zu 40 cm hoch, fünfteilige Blüte, die im Schlund bärtig ist.

Zu den Enziangewächsen zählt auch das Tausendgüldenkraut. Wenn man sich die Blüten genau ansieht, erkennt man das Verwandtschaftsverhältnis.

Lesetipp: ... und was blüht noch im Sommer in den Bergen?

Swertia oder Tarant - auch diese Gattung gehört zu den Enziangewächsen

Einer dieser Vertreter ist der sogenannte Moorenzian, Syn. Sumpfenzian auch Tarant, Blauer Sumpfstern oder Blauer Tarant genannt. Wie schön, dass es auch die eindeutige botanische Bezeichnung Swertia perennis gibt.

Dieses hübsche Exemplar wurde in den Ammergauer Alpen in den Streuwiesen der kleinen Ammerquellen bei Graswang von Katja und Stephan Kuhlmann gefunden und fotografisch festgehalten.

 

Swertia perennis - Sumpf- oder Moorenzian

Swertia perennis 1 (Bild: Kuhlmann)

Enziane in den Gärten

Gartenzüchtungen sind für Alpin- oder Steingärten geeignet. Sich selber aus der Natur zu bedienen ist unsinnig, weil die wilden Arten nicht nur geschützt sind, sondern auch in den "freundlichen" Lagen selten gedeihen. Es gibt genügend Hybriden, die dem Gartenfreund dann auch Freude bereiten.

Blütezeit: Ab Mai beginnt die Enzianblüte im Garten; auf den Bergen eher ab Juni nach der Schneeschmelze. Die Herbstarten blühen dann von September bis in den ersten Schnee.

Auch sie bringen Blau in ihren Garten: die Schwertlilien/Iris

Ein wirklich umfassendes Büchlein über die Gattung Gentiana

Gentiana - Enziane und verwandte Gattungen

  • Autor: Jürgen Matschke
  • 192 Seiten, 15,- EUR incl. Versand
  • ISBN: 9-783980-890236

    In diesem Buch werden über 1000 Taxa der Gattung Gentiana (Arten, Unterarten, Formen, Hybriden und Cultivare) vorgestellt und ihre Kultur für Liebhaber und den Erwerbsgartenbau sowie die Vermehrung dieser faszinierenden Alpinen ausführlich beschrieben.

    Bestellungen bitte an die Geschäftsstelle: [email protected] (Empfängeradresse bitte angeben)
    Lieferung erfolgt nach Zahlungseingang auf dem Konto 1801133, BLZ 54550120, Kreissparkasse Rhein-Pfalz
Adele_Sansone, am 11.07.2013
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Bildquelle:
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Welche Alpenblumen blühen im Sommer?)
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https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Murmeltiere sind keine Erdmännchen, oder doch?)

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