Zitate

 "Ihr Junge ist der Mensch, der seit seiner frühesten Kindheit ›nichts dafür kann‹? Der ständig, immer und unter allen Umständen, ablehnt, die Folgerungen aus seinem Verhalten zu ziehen? Der die Vase nicht zerbrochen hat, die ihm hingefallen ist? Der die Tinte nicht umgegossen hat, die er verschüttet hat? Der immer, immer Ausreden sucht, findet, erfindet... kurz, der eine gewaltige Scheu vor der Verantwortung hat? Ja, dann gibt es nur eines...
... Lassen Sie ihn Beamter werden. Da trägt er die Verantwortung aber hat keine." (1929)

In damaligen Zeitungen, wie der "Vossischen Zeitung" und in der "Weltbühne"  veröffentlichte er mehr als 3000 Artikel und verwendete dabei die Pseudonyme Peter Panter, Theobald Tiger, Ignaz Wrobel und Kaspar Hauser und selten auch Paulus Bünzly. Jede dieser fiktiven Figuren Tucholsky´s hatte ihren ureigenen Charakter und eigene Meinung. Eine ideale Kombination, um Vorgänge zu verschiedenen Themen und aus verschiedenen Perspektiven darzustellen

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Aus dem Inhalt

 Rheinsberg: Ein Bilderbuch für Verliebte (1912)
• Der Zeitsparer (1914)
• Ein Pyrenäenbuch (1927)
• Schloß Gripsholm (1931)
• Kleine Prosastücke (1913 - 1932)
• 82 Ausgewählte Glossen, Kommentare und Rezensionen (1914 - 1932)
und vieles mehr.

Die vielen Pseudonyme waren nötig geworden, weil seine Beiträge fast die ganze Zeitung füllten und deshalb zu "Tucholsky-lastig" wurde. Es gab kaum eine Rubrik, zu der Tucholsky nichts beizutragen hatte: Von politischen Leitartikeln und Gerichtsreportagen über Glossen und Satiren bis zu Gedichten und Buchbesprechungen. Zudem dichtete er Texte, Lieder und Couplets für das Kabarett – etwa für die Bühne Schall und Rauch – und für Sängerinnen wie Claire Waldoff und Trude Hesterberg. 

Wegen seiner Pseudonyme kam auch zu Leserbriefen, in denen die Redaktion aufgefordert wurde, den einen oder anderen dieser "Mitarbeiter" wegen seiner Ungebührlichkeit und Widerspenstigkeit zu entlassen.

Obwohl seine Texte nun teilweise ein Jahrhundert alt sind, beinhalten sie neben kurzweiligem "Geschichtsunterricht" Beobachtungen, ja manchmal auch Lebensweisheiten, die auch heute noch aktuell sind. Beispielsweise:

"Deutschlands Schicksal:
Vor dem Schalter zu stehen. Deutschlands Ideal: Hinter dem Schalter zu sitzen."

Oder:

Ja das möchs´te, 
eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße, 
eine süße Frau voller Rasse und Verve (Elan),
und eine fürs Wochenend zur Reserve. 

"Berliner Illustrirte Zeitung" 1927

Kurt Tucholsky war Satiriker, Kabarettautor, Liedertexter, Romanautor, Lyriker und Kritiker. Er bezeichnete sich selbst als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist und warnte schon früh vor rechten Tendenzen und vor der Bedrohung durch den Nationalsozialismus.

Rheinsberg - Ein Bilderbuch für Verliebte 1912

Eine Liebesgeschichte ohne Kitsch. Eine reizende Liebesgeschichte eines Pärchens, dass ein Wochenende auf dem Lande verbringt. Dort passiert nichts, was man nicht von einem frisch verliebten Paar erwartet. Tucholsky beobachtet genau und schreibt so frisch, ohne jeden Kitsch und mit einem Spritzer Ironie, dass es ein wahrer Genuss ist.
Es muss angemerkt werden, dass dieser Roman in der damaligen Zeit Tabus verletzte. In diesem Werk wird werden sexuelle Beziehungen lediglich angedeutet, was in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg bereits als besonders unanständig galt. In der heutigen Zeit würde ein Autor mit dieser unterschwellig angedeuteten Sexualität nicht einmal jüngste Teenys hinter dem Ofen hervorlocken. Deshalb dennoch lesenswert und jugendfrei ab 10 Jahren.
Die Zeiten und Ansichten haben sich geändert. Das zeigt sich an dem Umstand, dass Tucholsky für dieses "kühne" Buch anfangs keinen Verleger fand
Ein älterer aber leicht besoffener Herr

Er beschreibt u.a. weiter seine fiktive Teilnahme an einer Wahlveranstaltung als "Älterer aber leicht besoffener Herr": "Und denn sagte der Polizist, runter mit det braune Hemde und ick antwortete, det is keen braunet Hemde, meine Frau kann nicht weißer".

Überall in seinen vielen Kurzgeschichten "menschelt" es liebenswert und der darin oft enthaltene Schuss Politik sollte heutigen Lesern willkommener Anlass zum politischen Nachhilfeunterricht sein. Kein Interesse für die Politik dieser Jahre? Macht nichts, denn der große Rest ist immer noch verständlich und auch heute noch gültig.

Zwischen den Romanen

Es folgten noch weitere Romane, wie  "Der Zeitsparer (1914)" und "Ein Pyrenäenbuch (1927)" aber dazwischen wurde die Zeit mit Kurzgeschichten ausgefüllt. Kurzgeschichten, die Tiefsinniges aber auch politische Kritik enthielten, wie beispielsweise in: "Zur soziologischen Philosophie der Löcher". Hier wirft er die alles bewegende Frage auf, ob der Rand eines Loches noch zum Loch gehört, oder gerade nicht mehr. Weitere Frage: "Gibt es Löcher ohne Rand?" Antwort: "Ja, Göbbels." Das war der auf Großveranstaltungen ständig schreiende Propagandaminister der Nazis. 

Reichspropagandaminister Joseph Göbbels (Bild: Spiegel Online)

Schloss Gripsholm 1931

Angeregt vom Verleger Rowohlt präsentiert der Autor Tucholsky eine Ich-Erzählung eines nur teilweise unbeschwerten Urlaubs in Schweden. Mit der Freundin Lydia, die später vom Annäherungsversuch ihres Chefs erzählt, tuckert Kurt nach Schweden und beide landen kurz darauf in Schloss Gripsholm.

Schloss Gripsholm

Die gemächlich dahin plätschernde Urlaubserzählung enthält zwei Unterbrechungen und eine brisante Parallelhandlung. Freund Karlchen kommt zu Besuch und später Lydias Freundin Billie. Mit Billie und Lydia verbringt Kurt eine gemeinsame Nacht. Amüsiert las ich, dass diese Dreiecksepisode noch 1931 als anrüchig galt.

"Während des Aufenthalts auf Schloß Gripsholm machen Lydia und Kurt die Bekanntschaft eines Mädchens, das aus einem benachbarten Kinderheim ausgerissen war. Sie stellen die Heimleiterin zur Rede, doch die stellt sich stur. Da schalten sie couragiert die Mutter der Kleinen in der Schweiz ein und können das Mädchen aus dem Heim befreien."

Rezession von Harald Huber (Amazon)

Leider war der Roman "Schloss Gripsholm" Tucholskys letztes Werk. Im Sommer 1933 erschien sein Name auf der Ausbürgerungsliste der Nationalsozialisten. Er wurde von den Nazis aus Deutschland ausgebürgert und sein gesamtes Vermögen beschlagnahmt. Er verstarb 1935 in Schweden an einer Überdosis von Arzneimitteln und es konnte nicht geklärt werden ob es sich dabei um einen Selbstmord oder eine versehendliche Überdosierung handelte.

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Für mich gibt es viele Gründe ihn zu loben: Innerhalb von Sekunden kann ich mir jedes Buch auf das Gerät abladen, kann die Größe der Schrift meinen Augen anpassen und belaste - mit Hunderten von Büchern und auch eigenen Texten - bei Flugreisen das Gewicht meines Gepäcks nicht. Ich möchte das Gerät deshalb nicht mehr missen.

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Klaus_Radloff, am 25.11.2012
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Bildquelle:
Barbara Lechner-Chileshe (Warum gibt es unterschiedliche Haut- und Augenfarben?)

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