Die Gründe für ein Tattoo...

Zum ersten Mal dachte ich über ein Tattoo nach, als ein Freund mir im Spaß sagte, er würde mit mir ins Tätowierstudio gehen und sich einen halben Schmetterlingsflügel auf das Schulterblatt stechen lassen, wenn ich mir die andere Hälfte an der gegenüberliegenden Stelle tätowieren ließe. Das klang so romantisch und ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Doch als ich nach reiflicher Überlegung und sauer Zusammengespartem diesen Freund zur Rede stellte und meinte, ich wäre jetzt bereit, machte er einen Rückzieher.

Ich war ein bisschen enttäuscht, dachte aber nicht weiter darüber nach, bis mir auffiel, dass viele meiner Lieblingsschauspieler sich mit Tattoos schmückten. Meist steckte ein tieferer Sinn dahinter - einschneidende Ereignisse im Leben, Zeichen von Zusammengehörigkeit (einer dieser Schauspieler hatte sich einen Ring um den Finger tätowiert, ist jedoch wieder geschieden und nun peinlichst darauf bedacht, ihn mit einem massiven Ring zu verstecken). Cool, dachte ich. Ich war jung und beeinflussbar, und Hollywoodfilme bzw. Schauspieler waren ein wichtiger Teil in meinem Leben. Auf einmal brannte der Wunsch erneut auf, ein Tattoo zu haben; ein kleines nur, weil ich selbst nicht besonders viel Fläche zu bieten habe. Irgendwann machte ich mich heimlich auf, um mit dem Zug Richtung Tätowierstudio meiner Wahl zu fahren. Ziemlich dumm und naiv, möchte man meinen, aber ehrlich gesagt - ich bereue nichts.

Sehr zu empfehlen - - wenn man sich dafür entschieden hat.

Peter's Tattoo-Studio in Mannheim

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Minderjährige bekommen ein Tattoo nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten - ...zumindest in seriösen Studios.

Das Studio, das ich aufsuchte, war weit entfernt vom klinischen Ärztepraxis-Ambiente. Ein wenig flau war mir schon, als ich in einem relativ schummigen Kabuff stand und mir die abertausenden Motive an den Wänden durchsah, während eine Frau vor mir in einen diskret mit einem Vorhang abgetrennten Raum geführt wurde und sich einen Schmetterling auf die Hüfte verewigen ließ. Das Surren der Nadel und gelegentliche Wehlaute machten mich ganz närrisch, und ich hätte gerne einen Kaffee gehabt oder mich verdünnisiert. Aber kneifen schien mir feige, nachdem ich nun schon hier war und bemerkt worden war. Auch wusste ich noch gar nicht genau, welches Motiv ich haben wollte. Zu teuer durfte es auch nicht sein. Schließlich entschied ich mich für eine kleine rote Rose. Auf der Hüfte würde sie nicht gleich jeder sehen.

Mein Entschluss geriet ins Wanken, als die Kundin wieder erschien: hochrot im Gesicht und verschwitzt, und mir mit weinerlicher Stimme zuflüsterte: "Hat das wehgetan!"

Danny, der nette (und wortwörtlich ausgezeichnete) Tätowierer, ließ sich meinen Ausweis zeigen, um zu sehen, ob ich bereits achtzehn war, und erklärte mir dann auf meine Besorgnis hin, dass der Schmerz beim Tatöwieren unterschiedlich empfunden wird - aber in den seltensten Fällen schlimmer als ein mittlerer Sonnenbrand. Es kommt zudem auf die Dicke der Haut an: je dünner die Haut, desto mehr verspürt man Unbehagen. Auch die Innenseiten von Oberarm und Schenkel und natürlich Bauch und Weichteile sind empfindlicher.

Ich war sehr angetan von Dannys ruhiger Art und der Zeit, die er sich für mich nahm. Er wirkte überhaupt nicht flippig oder ungeduldig, zeigte mir sein Arbeitsmaterial und machte mich auf die Hygieneregeln aufmerksam, die trotz der Spelunkenatmosphäre sehr streng sind. Mittlerweile hatte ich mir überlegt, die Rose auf dem Oberarm haben zu wollen und genügend Mut geschöpft. Also Pulli aus und Zähne zusammenbeißen.

 

Es hat gar nicht wehgetan.

Ganz im Ernst: von dem etwa einstündigen Malträtieren meiner Haut habe ich kaum etwas mitbekommen, so aufgeregt war ich. Irgendwie hatte ich das Hirn abgeschaltet und schaute in fast ehrfürchtiger Trance zu, wie Danny erst die ausgesuchte Fläche rasierte, desinfizierte, das Motiv aufzeichnete und dann mit der Tätowiernadel in die Haut stach, Farben wechselte, überschüssige abwischte und die Nadel hin und wieder reinigte. Schmerzen hatte ich keine. Es war tatsächlich eher das Gefühl, zu lange in der Sonne gewesen zu sein, schlimmstenfalls ein gereiztes Prickeln. Klar, der Haut gefällt das nicht unbedingt. Juristisch gesehen, ist eine Tätowierung eine Körperverletzung und bleibt zudem für immer. Umso wichtiger ist es, sich diesen Schritt genau zu überlegen.

Nachdem es überstanden war, konnte ich es gar nicht recht fassen und wäre Danny am liebsten um den Hals gefallen. Mein Körper produzierte Endorphine, und die Rose leuchtete in Rot und Grün, glänzend wie von Tau besprengt. Nicht einmal eine sichtbare Rötung war zu erkennen. Die Pflegehinweise konnte ich gar nicht recht aufnehmen vor lauter Glück, und es war gut, dass man mir eine Anleitung zum Nachlesen und eine Tube Bepanthen mit gab.

Bevor ich den Zug nach Hause nahm, belohnte ich mich noch mit einem Kinobesuch.

Tattoo-Pflege - ...und mein Fazit.

Aufwendig und langwierig war die Nachbehandlung: wochenlang mindestens dreimal täglich mit spezieller Salbe eincremen und mit durchsichtiger Folie abdecken, keine Vollbäder, keine Sonne. Nicht erschrecken, wenn sich Grind bildet, der die Tätowierung dunkler macht und nach ein paar Tagen abbricht. Bei schwer erreichbaren Stellen muss man jemanden um Hilfe bitten, und derjenige ist mitunter ganz schnell genervt von dem ewigen "Kannst du mir mal bitte...?" Von dem lästigen Juckreiz während des Heilungsprozesses will ich gar nicht reden.

Meine Eltern waren übrigens "not amused" von meiner Heldentat. Wer sich als Jugendlicher ein Tattoo zulegen möchte, sollte mit ihnen darüber sprechen und vielleicht gemeinsam das Für und Wider abwägen oder sich für ein temporäres Tattoo begeistern, wenn die Eltern gegen "richtige" sind. Denn bei uns hing deswegen lange der Haussegen schief.

Obwohl ich mein Tattoo immer noch mag und zwei weitere hinzugekommen sind, bin ich nicht mehr scharf darauf, mehr zu haben und könnte auch gut auf meine jetzigen verzichten. Aber sie sind nun mal da, ohne tiefere Bedeutung, nicht mehr so leuchtend, aber irgendwie schön und immer noch gestochen scharf, sozusagen. Weglasern würde ich sie nicht. Eher verstecken, falls ich doch mal schrumpelig werde... als alte Frau laufe ich vermutlich auch nicht mehr schulterfrei herum.

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