Im Interview mit dem Projektleiter - 6 Fragen – 6 Antworten

Guten Tag Herr B., Sie sind der Projektleiter von "SMiLe". SMiLe widmet sich der Ausbildung von SMiLe-Begleitern. Wer oder was sind SMiLe-Begleiter?

SMiLe-Begleiter sind Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die einen Teil ihrer Freizeit damit verbringen, Zivilcourage zu lernen und in ihrem Alltag anzuwenden. Die SchülerInnen engagieren sich auf ihrem Schulweg und teilweise auch in der Schule, um die Atmosphäre zu verbessern. Sie achten unter anderem darauf, dass keine Schüler ihre Füße auf die Sitzbänke legen oder die Fenster zerkratzen. Damit hat die LVB auf eine Studie reagiert, nach der während Schülerfahrzeiten erhöhte Vorkommnisse, also Verschmutzungen und Zerstörungen, nachgewiesen wurden.

 

"SMiLe" das klingt sehr vertraut. Mir fällt sofort das SMiLe-Zeichen - ein freundliches Lächeln ein. Was hat denn das Projekt "SMiLE" damit zu tun?

SMiLe ist eine Abkürzung für "Schüler-Mitarbeiter-integriertes Lernen". Wie der Name sagt, sollen die SchülerInnen sich gemeinsam mit Mitarbeitern verantwortlich fühlen und sich in ihrem Engagement gegenseitig unterstützen. Die Fahrer sehen nicht immer, was in den hinteren Wagons passiert und sind auf Informationen angewiesen und die Schüler brauchen manchmal die Autorität eines Erwachsenen als Unterstützung. Aber Sie haben schon Recht, wenn Sie die Verbindung zu einem freundlichen Lächeln ziehen. So ernst der Ausbildungsgegenstand und -hintergrund ist, so viel Freude und Spaß soll die Ausbildung machen. Und nach allen Rückmeldungen können wir voller Überzeugung sagen "das tut sie auch".

 

In Anbetracht mancher schrecklicher Ereignisse der letzten Jahre, kann man sich vorstellen, dass viele Eltern Bedenken haben. Welche Eltern schicken ihre Kinder schon bewusst und absichtlich in Gefahrensituation. Und es ist schon zu vermuten, dass Gefahren bestehen.

Es gibt tatsächlich Eltern und auch Mitarbeiter, die ihre Bedenken geäußert haben. Im Laufe der Projektarbeit konnten die Bedenken jedoch zerstreut werden. Es ist ja genau umgekehrt. Die Ausbildung trägt zur Sicherheit der Jugendlichen bei. Diese Behauptung hat mehrere Aspekte.

Da geht es zunächst um Selbstsicherheit im Auftreten. Es ist bewiesen, dass sich Täter eher Opfer suchen, die verunsichert oder gar ängstlich sind. In der Ausbildung lernen die TeilnehmerInnen, wie man sich verhält, damit genau der Anschein von Verunsicherung genommen wird. Da spielt verbale und nonverbale Kommunikation gleichermaßen eine Rolle.

Was fast noch wichtiger ist, sie lernen Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen und diesen auszuweichen. Es geht also nicht darum den starken Mann oder die starke Frau zu spielen, sondern das Achten auf die Selbstsicherheit ist oberstes Gebot.

 

"SMiLe" hat nach Ihren Worten einen integrativen Anspruch. Was ist darunter zu verstehen und wie genau wird die angestrebte Integration umgesetzt?

Für uns ist es sehr wichtig, dass SchülerInnen und MitarbeiterInnen zusammenarbeiten. Das setzt voraus, dass sie sich kennen, verstehen und vertrauen. Daher haben wir eine Reihe von Veranstaltungen ins Leben gerufen, zu denen sowohl die Schüler als auch unsere Mitarbeiter eingeladen sind. Darüber hinaus gibt es von beiden Seiten Interesse mehr über Aufgaben des jeweils anderen zu erfahren. So sind einzelne Schüler mit den Fahrkartenkontrolleuren mitgegangen und einige Mitarbeiter kommen zu den regelmäßigen Reflexionstreffen der SMiLe-Begleiter. Über derartigen Austausch wird das gegenseitige Verständnis verbessert.

 

Das Projekt arbeitet nunmehr seit mehr als 3 Jahren. Kann schon etwas zu den Erfolgen gesagt werden?

Die Erfolge lassen sich zunächst in Zahlen messen. Unser Plan war 300 SchülerInnen auszubilden.

Im Februar 2012 waren es 314 Schüler. Weiterhin wurden ca. 1600 Mitarbeiter in Zivilcourage und Deeskalation geschult. Doch es geht um mehr als nur Zahlen. Viele SchülerInnen suchen Kontakte zu anderen Jugendlichen mit ähnlichen Interessen, wollen einen Teil ihrer Freizeit gemeinsam und sinnvoll verbringen. Über diese Schiene konnten wir eine ganze Reihe von Jugendlichen an uns binden. Die gemeinsamen Treffen, Veranstaltungen, der Gedanken- und Erfahrungsaustausch hat zwangsläufig Einfluss auf ihr Wertesystem und damit auf ihr Verhalten. Viele haben sich sichtbar in ihrem Verhalten verändert und berichten über ihre eigenen Erfolge fast schon als Selbstverständlichkeit. Wenn z. B. eine unsere SMiLe-Begleiterinnen erzählt, wie sie einer älteren Frau über die Schienen und beim Einsteigen in die Straßenbahn geholfen hat, diese sie angelächelt und Erdbeeren als Dankeschön angeboten hat, ist das für alle zum Anreiz geworden. Solche u. ä. Geschichten sind für uns eine Bestätigung, dass wir alles richtig gemacht haben. Die Jugendlichen sind heute wesentlich sensibler für die Bedürfnisse anderer Menschen, sie sehen eher, wann Hilfe notwendig ist und wie sie sie geben können. Nach einer Studie wissenschaftlicher Mitarbeiter der Leipziger Universität sind seit dem Einsatz der SMiLe-Begleiter die Schadensfälle signifikant zurückgegangen. Das ist ein sehr gutes Ergebnis.

 

Das ganze klingt nach einem großen Projekt. Das können Sie sicher nicht allein bewerkstelligen. Wer ist noch beteiligt?

Innerhalb des LVB-Konzerns sind die Tochtergesellschaften wie LAB, LSBV, LEO-Bus, LSB beteiligt. Dabei hat jede Tochtergesellschaft ihre spezifische Aufgabe. Die LAB z.B. organisiert als Aus- und Weiterbildungsgesellschaft die gesamte integrierte Bildung. Auch die Geschäftsleitung und Gewerkschaft hat sich sehr intensiv gekümmert und das Projekt publik gemacht.

Beteiligt sind aber auch externe Einrichtungen. So konnten wir für die Schülerausbildung feste Partner, wie die Polizei/Abteilung Prävention, die Villa GmbH und das Bewegungszentrum Chisao gewinnen. Die Ausbildung wird auch nach Projektende fortgesetzt. Wer mitmachen möchte, kann sich auf Facebook informieren.

 

Dr. Kristina Schubert / Evaluatorin

 

Autor seit 11 Jahren
3 Seiten
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