Ist Ethikunterricht moralisch?
In Deutschland längst eingeführt, wohl bald auch in Österreich als Ersatz für Religionsunterricht am Lehrplan: Der Ethikunterricht an Schulen - ein köstlicher Widerspruch in sich!Als Österreicher blieb mir der in Deutschland für vom Religionsunterricht befreite Schüler verpflichtende Ethikunterricht erspart. Schon bald könnte aber für tausende österreichische Schüler eben jener Ethikunterricht am Lehrplan stehen. Denn die hiesige Unterrichtsministerin plant dessen Einführung, wobei er ähnlich dem deutschen System für vom Religionsunterricht abgemeldete Schüler verpflichtend sein soll (polemische Anmerkung: Man betrachte das im Sinne der politischen Korrektheit nicht gänzlich geglückte Artikelbild: Drei Mädchen, eines dunkelhäutig, ein Junge, eine weibliche Lehrkraft. Da fehlt natürlich ein verschleiertes Mädchen, und anstelle der Lehrerin sollte der Junge einen pinken Pulli tragen). Was wird im Ethikunterricht eigentlich gelehrt? Laut Wikipedia Folgendes:
[…] dient der Vermittlung von Werten bzw. der Diskussion darüber, dem Vermitteln von Wissen über Religionen und Weltanschauungen, sowie der Diskussion über philosophische Fragestellungen.Nun mag der geneigte Leser verwundert fragen, was denn daran verkehrt sei. Ganz im Gegenteil, sei es doch höchst löblich, Kindern unterschiedliche Weltanschauungen zu vermitteln und zu philosophischen Diskussionen anzuregen. Lassen Sie mich zwecks Beantwortung dieser Frage aus dem entsprechenden Rahmenlehrplan an Berliner Gymnasien zitieren, der hier als PDF-File einsehbar ist, und Sie werden gewiss selbst erkennen, in welche Richtung die vermittelten Werte abzielen. Da heißt es unter anderem (Seite 26):
- Der gerechte und der Recht setzende Staat
- Gerechtigkeit in der Wirtschaft: Gerechter Lohn, gerechte Verteilung der Güter
- Gerechtigkeit unter den Menschen
Erinnern Sie diese hohlen Platitüden nicht verdächtig an exakt jene, die wir tagtäglich aus den Mündern unserer Overlords und ihrer medialen Sprachrohre vernehmen? Gerechtigkeit, so die unumstrittene Maxime, wird von den Vertretern des Staates definiert. Natürlich darf es nicht verwundern, dass die Existenz des Staates an den Schulen nicht zur Diskussion steht, werden diese doch von ihm selbst als Indoktrinations-Camps betrieben oder im Falle privater Schuleinrichtungen kontrolliert.
Interessant ist auch die Fragestellung auf Seite 35:
Darf ich gegen Normen verstoßen, die mir Autoritäten (Eltern, Lehrer, Staat) auferlegen?
Diese durchaus spannende Frage wird leider durch den Umstand entwertet, dass die Antworten bereits klar definiert sind. Was die Autoritäten der Lehrer und des Staates anbelangt lautet sie: Nein. Es wäre ja auch im höchsten Maße absurd, ein hierarchisch strukturiertes System zu erstellen, das auf Freiwilligkeit basierte. Und mehr als absurd: Es wäre ein WIderspruch in sich. Auf ähnliche Weise könnte man darüber diskutieren, ob die Aufhebung der Schwerkraft ein wünschenswerter Zustand sei. Es mag nett sein, darüber im theoretischen Rahmen nachzudenken, an der Realität der Gravitation ändert dies freilich nichts.
Wes Kindes Geist der Ethikunterricht laut Berliner Rahmenlehrplan ist, wird bereits in der perfiden Einführung (Seite 5) ersichtlich:
"Die Lernenden machen sich zunehmend vertraut mit den Grundlagen für ein gewaltfreies und unvoreingenommenes Zusammenleben und Zusammenarbeiten in einer demokratischen Gesellschaft, in der sie eigene Handlungsräume erschließen. Sie üben sich im Dialog mit Menschen unterschiedlicher kultureller Prägung und erwerben in gesteigertem Maße interkulturelle Kompetenz. Die Gleichwertigkeit von Menschen wird respektiert und sie setzen sich aktiv mit persönlich, politisch, kulturell und religiös motivierten Lebensentwürfen auseinander."
Selbstverständlich überrascht auch dieses Sammelsurium der Verzahnung von Indoktrination, Politik und Gesellschaft keineswegs. An der Demokratie darf ebenso wenig gerüttelt werden, wie am Dogma der "Gleichwertigkeit" aller Menschen. Weshalb muss ich einen islamischen Fundamentalisten oder einen Neo-Nazi als "gleichwertig" respektieren? Das Wertesystem eines Menschen ist sein Lebenskompass. Man kann nicht in alle Richtungen gleichzeitig laufen, ebenso wenig, wie man alle Menschen respektieren und ihre Ansichten, so bescheuert oder gar menschenverachtend sie auch sein mögen, akzeptieren kann. Meiner ehrlichen Meinung nach existiert kein Recht auf Toleranz, sondern vielmehr ein Recht auf Intoleranz. Weshalb sollte man sich mit einer auf Unterdrückung, Ausbeutung, Verlogenheit und Selbstbeweihräucherung basierenden Ideologie auseinandersetzen müssen? Wenn mir jemand den Lauf einer Pistole an die Schläfe drückt interessieren mich seine Motive oder Lebensentwürfe nicht im Geringsten.
Die Widersprüchlichkeit eines Ethikunterrichts an Schulen ist so offensichtlich, dass die völlige Absenz jeglicher Kritik entweder erstaunen oder bedrücken muss. Lassen Sie mich hierzu ein Fragment des oben zitieren Satzes erneut anführen:
Grundlagen für ein gewaltfreies und unvoreingenommenes Zusammenleben und Zusammenarbeiten
Dem kann und möchte ich nur vollends zustimmen. Allerdings ergibt sich in Zusammenhang mit Schule ein unlösbares Problem, welches das ganze moralische Dilemma des Ehtikunterrichts zusammenfasst: Unsere Gesellschaft ist die Antithese zu Gewaltfreiheit und Freiwilligkeit. Schulen werden durch Steuern finanziert, die staatlich organisierten Diebstahl darstellen. Lehrer werden ebenso von diesen Steuern bezahlt. Schüler müssen im Rahmen der Schulpflicht in die Schule gehen. Kurzum: Das gesamte Schulsystem basiert auf Diebstahl, Nötigung und Zwang. Und diese Institution maßt sich an, Ethik lehren zu wollen? Ein absurderer Widerspruch ist kaum vorstellbar!
Dabei spielt es keinerlei Rolle, ob manche Schüler vom Lehrplan profitieren oder mit Freude das Schulgebäude aufsuchen: Moral kennt keine Widersprüche. Moral - und mit ihr die Ethik - ist eine universell gültige Wertenormierung. Wenn der Diebstahl eines Autos moralisch verwerflich ist, muss dies für sämtliche Menschen gelten, die nicht Eigentümer des Wagens sind. Wenn es Person A und B verboten ist, den Wagen zu stehlen, Person C jedoch hierzu staatlich legitimiert ist, gibt es folglich keine universell gültige Ethik, dass Diebstahl unmoralisch sei.
Oder um ein drastischeres Beispiel zu erbringen: Wenn ein Bürger willkürlich einen Mitmenschen tötet, wird dies als Mord erachtet. Trägt derselbe Bürger eine Uniform, bekommt eine Waffe in die Hand gedrückt und wird in ein anderes Land transportiert, gelten plötzlich andere Regeln.
Das propagierte gewaltfreie Zusammenleben ist ausschließlich - ausschließlich! - in einer auf Gewalt verzichtenden, freien Gesellschaft vorstellbar. Hierzu gibt es keine Alternative oder einen "goldenen Mittelweg, ebenso wenig, wie es eine Moral der Sklaverei geben kann.
Ein Ethikunterricht, der diesen Namen verdiente, würde die Schüler bedingungslos kritisches Denken lehren, was natürlich nicht erwünscht ist, um die "Gerechtigkeit" des Staates und die Notwendigkeit seiner Vasallen nicht in Frage zu stellen. Insofern unterscheidet er sich nicht wesentlich vom Religionsunterricht, der die eigenen Lehren aus nachvollziehbaren Gründen (im Falle des Christentums in Zusammenhang mit den Zehn Geboten buchstäblich) in Stein gemeißelt sieht und diese somit nicht zur Diskussion stellt. Wobei es natürlich interessant ist, Ethikunterricht gewissermaßen als Ersatz für Religionsunterricht zu erachten - ganz so, als würden Religionen moralische Grundpfeiler der Gesellschaft darstellen und wären nicht abergläubischer, die Intelligenz von Menschen beleidigender Müll, um die Gehirne unschuldiger Kinder zu vergiften und sie zu gehorsamen Staatsbürgern und Mitläufern zu erniedrigen.
Abschließend darf ich Sie einladen, Ihre persönlichen Ansichten zum Thema darzulegen.