Jahrgang 1909, Erinnerungen an ein Leben im letzten Jahrhundert, Teil 4
Die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts war von 2 Weltkriegen geprägt, von Hunger, Aufschwung, politischen Unruhen, Überschwang und erneutem Niedergang.Liebe und Hochzeit im Dritten Reich
Trotz der schwierigen Zeiten nach der Weltwirtschaftskrise gaben die Menschen nicht auf. Allerdings machte sich in den Wirren der Weimarer Republik eine Politikverdrossenheit breit. Die hohe Arbeitslosigkeit sorgte für großen Unmut in der Bevölkerung.
Kindermädchen mit Familienanschluss
Barbara hatte nach ihrem Kindergärtnerinnenseminar das Glück, bei einer sehr netten, betuchten Familie als Kindermädchen angestellt zu werden. Eigentlich wollte sie bei der Familie des Herrn Professor W. nur Erfahrungen für den Kindergarten sammeln, aber daraus wurden 7 schöne Jahre, in denen sie sehr viel erlebte. Sie gehörte schnell zur Familie und war völlig selbstständig für die drei kleinen Jungen verantwortlich. In der Urlaubszeit des Herrn Professor besuchte man die Ostsee und Ostpreußen, man machte Fahrten durch Mecklenburg und Westpreußen. Es war ein schönes, geordnetes Leben. Der einzige Nachteil war, dass Barbara selten über ihre eigene Zeit verfügen konnte.
Als die Familie W. von Erlangen nach Würzburg umzog, konnte Barbara wenigstens für ein oder zwei Stunden ihre Eltern und ihre Schwester besuchen.
Erst als 1934 eine nahe Verwandte schwer erkrankte und dringend für einige Wochen ein Kindermädchen für ihre kleine Tochter brauchte, konnte sich Barbara von Familie W. lösen. Inzwischen waren ja deren Kinder schon alle in der Schule.
Eine schicksalhafte Begegnung
An ihrem einzigen freien Tag vor der Abreise machte sie mit ihrer Schwester und deren Freundinnen eine Radtour.
Eine wohlverdiente Rast
Auf dem Heimweg gesellte sich, zusammen mit anderen Freunden, Franz zu ihnen – und es "funkte"!
Der ist es!
Und ihm ging es genauso, denn kaum war Barbara eine Woche im Haushalt ihres Onkels bei Hof, als dort Franz auftauchte. Natürlich behauptete er, er hätte in Bayreuth etwas erledigen müssen und sei deshalb sowieso in der Nähe gewesen. Von da an kam er öfters zu Besuch und die Liebe der beiden war besiegelt.
Allerdings gab es von außen erhebliche Hindernisse: Franz kam aus einer streng katholischen Familie während Barbaras Familie streng evangelisch war! Besonders Franzens Mutter versuchte die Liaison zu unterbinden, denn eine "Protestantische" wollte sie partout nicht in ihrer Familie dulden! Ihr Sohn war ein "Studierter", der musste sich doch nicht mit "so einer" abgeben!
Franzens Kommunionbild
Diese Kommunionbild war das Lieblingsbild von Franzens Mutter.
Franz
Nun, Franz hatte Mathematik und Physik studiert, doch als er 1935 fertig war, bekam er keine Anstellung als Assessor, denn die Arbeitslosigkeit war sehr, sehr hoch! Aus diesem Grund absolvierte Franz eine Umschulung zum Volksschullehrer. Man versprach ihnen, dass alle mit Abschlussnote "1" in der Stadt eine Anstellung bekämen. Aber alle vier Absolventen mit dieser Glanznote kamen auf die windigsten Dörfer!! Franz kam nach Bolzhausen, wo sich Fuchs und Has` gute Nacht sagten. Dann kam auch noch der Schulrat zur Visitation und wollte dem jungen Lehrer beibringen, wie physikalische Gesetze funktionieren! Nachdem er den Schulrat über sein Physikstudium aufklärte, war dieser ihm natürlich für diese Blamage "sehr gewogen".
Als kleines Zubrot hatte Franz während seiner Umschulung als Nebenberuflicher Lehrer Unterricht an der Heeresfachschule gegeben. Als er dem Standortältesten sein Leid über Bolzhausen klagte, machte dieser den Vorschlag, einstweilen als Fachoberlehrer an die Heeresfachschule zu gehen, mit der Aussicht, später als Studienrat übernommen zu werden.
Das nahm Franz nur zu gerne wahr.
Verlobung 1936
Trotz aller Intrigen seitens Franzens Mutter verlobten sich die jungen Leute im Mai 1936.
Das Verlobungsbild
Hochzeitsvorbereitungen - - - mit vielen Hindernissen
Als sie 1937 heiraten wollten, tauchten neue Schwierigkeiten auf. Zuerst musste Franz einen Antrag an das OHK (Oberheereskommando) stellen und um Genehmigung einer Heirat bitten. Hierfür brauchte man im Dritten Reich einen sogenannten Ariernachweis bis zu den arischen Großeltern. Das war gar nicht so einfach. Barbaras Mutter stammte schließlich aus Eger, also dem heutigen Tschechien, das machte die meisten Schwierigkeiten. Endlich hatten sie alle Papiere zusammen.
Nun musste Barbara auch noch 3 Zeugen benennen, die ihr einen tadellosen Lebenswandel bescheinigten. (Sie wurden wirklich alle drei angeschrieben!) Außerdem musste sie eine Erklärung abgeben, dass sie keine Schulden hatte.
Und dann kam der Hammer! Beide sollten sich einer gynäkologischen Untersuchung unterziehen, ob sie auch in der Lage wären, Kinder zu zeugen. Gott sei Dank hatte Franz einen Bunderbruder, der Arzt war und ihnen diese Bescheinigung so ausstellte.
Es war damals wirklich nicht einfach zu heiraten! Dabei konnten sie von Glück reden, dass sie schon nach einem Vierteljahr alle Papiere zusammen hatten. Andere brauchten dafür oft über ein halbes Jahr.
Aber die Klippen hatten noch kein Ende. Im Dritten Reich brauchten Wehrmachtsangehörige neben der standesamtlichen Trauung noch eine zweite, entweder die deutsche oder als Ersatz eine kirchliche Trauung. Weder Barbara noch Franz wollten "deutsch" heiraten, aber wie sollten sie sich kirchlich trauen lassen? Nachdem Barbaras Eltern nicht ganz so fanatisch waren, beschlossen die Brautleute, sich bei den "Schwestern des göttlichen Erlösers" in deren kleiner Kapelle trauen zu lassen. Nachdem sie jedoch den Schwestern erklärt hatten, dass sie nur eine ganz einfache kleine Hochzeit wollten, um den streng evangelischen Vater der Braut nicht zu sehr zu strapazieren, lehnten die Schwestern ab. Das war ihnen nicht lukrativ genug.
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Eine "asketische" Hochzeit
Also wandten sich die Brautleute an den zuständigen katholischen Pfarrer, einen Schulkameraden von Franz. Dieser wollte eine eidesstattliche Erklärung haben, dass die Kinder katholisch getauft werden. Erst als Franz drohte, den Heeresgeistlichen in Kenntnis zu setzen, dass sie sich auf Grund dieser Auflagen evangelisch trauen lassen würden, lenkte der Pfarrer ein. Es reichte nun eine Erklärung, dass die Kinder christlich erzogen werden. Inzwischen war Franz so aufgebracht, dass er alles ablehnte, was die Trauung ausgeschmückt hätte. Es gab keinen Blumenschmuck, keine musikalische Umrahmung, kein weißes Kleid, keine Gäste außer der engsten Familie, kein Hochzeitsfoto – nur das, was für die Trauung absolut nötig war! Trotzdem waren Barbara und Franz glücklich, denn am 15. Mai 1937 konnte ihr gemeinsames Leben endlich beginnen.
Sommer 1937
Nach all den Hindernissen und Ärgernissen verbrachten Barbara und Franz einen schönen Sommer miteinander.
Sie feierten ihr erstes Weihnachtsfest miteinander und besuchten nur am 1. Feiertag die beiden Elternpaare.
Barbaras Eltern 1937
Fortsetzung folgt!
Bildquelle:
Barbara Lechner-Chileshe
(Warum gibt es unterschiedliche Haut- und Augenfarben?)