Warum wurden einige Gemüsepflanzen 2015 im Garten besonders bitter?

Durch die im Sommer 2015 lang anhaltende Hitzeperiode, mit rasch darauf folgenden Kältewellen, gerieten viele Pflanzen unter Stress, erklärt Maria Roth, Leiterin des Chemischen- und Veterinäruntersuchungsamts in Stuttgart. Viele Pflanzen, vor allen Dingen Gurken, Zucchini, und Melonen bildeten verstärkt den Bitterstoff Cucurbitacin, um ihre Früchte vor dem Austrocknen und Fraßschädlingen zu schützen. Diese Schadstoffe sind aus den modernen Sorten herausgezüchtet, werden in Stresssituationen oft wieder aktiviert. Maria Roth, untersuchte die giftige Zucchini, die in Heidenheim zum Tod eines Mannes führte. Sie bestätigt, dass die Bitterstoffe in diesem Fall eine mögliche Todesursache gewesen sei. Als weitere Möglichkeit sieht sie, dass vielleicht Saatgut mit einer Rückkreuzung verwendet wurde. Das bedeutet, dass in der Nähe Zierkürbisse gezogen wurden und dann die Samen der Zucchini 2014 von den eigenen Pflanzen gesammelt und 2015 wieder verwendet wurden. Um eine Vergiftung auf diesem Weg auszuschließen, rät Maria Roth Hobbygärtnern, Jahr für Jahr frisches Saatgut zu kaufen, das zertifiziert wurde. Sie weist darauf hin, dass die Cucurbitacine durch Kochen oder Backen nicht unwirksam werden. Verbrauchern, die extrem bittere Zucchini gegessen haben, wird nach dem Essen sehr schlecht und sie müssen sich erbrechen. Das ist ein natürlicher Schutzreflex des Körpers und ist zu begrüßen. Wer die Giftstoffe auf diese Art nicht loswird, riskiert, dass sie durch den gesamten Verdauungskanal wandern und diesen angreifen. Das kann, im Fall einer zu hohen Giftstoffkombination lebensgefährlich werden.

Trockenheit und Hitze konnte bei Gemüse zu Giftanreicherung führen

Kliniken in Bayern stellten 2015 fest, dass es besonders in diesem Jahr vermehrt zu Vergiftungsfällen durch den Darm-schädigenden Bitterstoff Cucurbitacin kam. Vom LGL wird die dringende Verzehrempfehlung gegeben: Bitter schmeckende Kürbisse oder Zucchini sollen, egal ob sie roh verzehrt oder gekocht werden sollen, vorsichtshalber vernichtet werden.

Einige Gemüsesorten entwickeln oft gefährliche Bitterstoffe

Auch alle Nachtschattengewächse, wie Kartoffeln und Tomaten zum Beispiel, sind gefährdet. Bei Kartoffeln bildet sich, durch die Einwirkung von Sonnenlicht, der Giftstoff Solanin. Um das zu verhindern, müssen Kartoffeln immer kühl und dunkel gelagert werden. Betroffene Kartoffeln fallen durch ihre leicht grünliche Farbe auf. Da der Giftstoff nur schwach ist, genügt es, die grünen Stellen aus der Kartoffel, vor dem Garen, zu entfernen. Auch unreife Auberginen können Solanin enthalten. Es wird durch das Aufschneiden und salzen des Gemüses (mit anschließendem entfernen des Salzes) unwirksam gemacht. Besonders rohe Busch- und Stangenbohnen, auch Kichererbsen, enthalten die giftige Eiweißverbindung Phasen. Sie wird durch Kochen vollständig unschädlich.

Zuccini im Garten

Zuccini (Bild: Pixabay)

Vorsicht! Gemüse und Kräuter können Sonnenbrand begünstigen

Gemüseliebhaber müssen besonders im Sommer darauf achten, dass zum Beispiel Sellerie, Pastinake und Petersilie: Furocumarine enthalten. Diese wirken Foto-toxisch, das bedeutet, dass sie, unter Einwirkung von Sonnenlicht auf der Haut giftige Substanzen entwickeln können. Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bekannt gibt, sind diese vor allem deshalb gefährlich, weil sie beim Kochen nicht neutralisiert werden. Im Alltag bedeutet das, dass die Haut nach dem Genuss von etwa 450 Gramm Sellerie stark sonnen empfindlich wird. Schon nach wenigen Minuten kann selbst bei sonst nicht empfindlichen Personen ein Sonnenbrand entstehen, der ungewöhnlich lange anhält. Auch Johanniskraut sollte im Sommer mit Vorsicht genutzt werden. Die Apothekenumschau warnt auf ihrer Homepage, dass der Inhaltsstoff Hypericin die Haut extrem lichtempfindlich machen kann. Aus dem Grund sollten Menschen, die das Johanniskraut einnehmen oder als Tee trinken, im Sommer die direkte Sonne meiden.

Johanniskraut

Was berichten Wissenschaftler zur Gefährlichkeit von Obst und Gemüse

Die Diplom-Biologin Stefanie Hahn vom Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, gibt folgende Auskunft: "Wir selbst verfolgen den momentan in den Medien kursierenden Fall einer "Zucchini-Vergiftung" mit Todesausgang. Es lässt sich momentan nicht nachvollziehen, was in diesem speziellen Fall zu der Anreicherung der giftigen Bitterstoffe geführt hat, noch, ob es sich tatsächlich um eine reinerbige Zucchini gehandelt hat, die von den Betreffenden verzehrt wurde. Die marktgängigen Sorten, deren Saatgut im Handel erworben werden kann, sind züchterisch von Profis so bearbeitet, dass diese Bitterstoffe nicht mehr vorkommen". Grundsätzlich sollte eine Gemüsekultur untypischer bitterer Geschmack hellhörig machen und das Gemüse dann nicht mehr verzehrt werden. Abwehrreaktion der Pflanzen, bei der Bitterstoffe gebildet worden sind, möglich, wobei dann der unangenehme Geschmack die Einnahme verhindert. In den Medien kursieren verschiedene Aussagen, wodurch es zur Bildung von Bitterstoffen kommt, etwa durch die ungewollte Kreuzung mit Kürbissen, Zierkürbissen (kurz: mit nah verwandten Arten). Nur weil es sich um dieselbe Pflanzenfamilie handelt, ist damit einer Kreuzung über Artgrenzen hinweg nicht Tor und Tür geöffnet. Eine Art definiert sich ja gerade so, dass eben eine Kreuzung mit anderen Arten nicht mehr möglich ist.

Kinder und Kranke sollen Gemüse mit Vorsicht essen

Empfehlungen zum Gemüseverzehr im Sommer

Die Experten weisen darauf hin, dass die giftigen Substanzen nicht nur in selbst gezogenen Pflanzen vorhanden sein könnten, sondern auch im Gemüse aus dem Einzelhandel oder vom Markt. Da oft nur einzelne Pflanzen betroffen sind, braucht man auf den Genuss eigener Gartenfrüchte nicht zu verzichten. Man muss nur, besonders bei der Nahrungszubereitung für Babys, Kindern und Kranken, vorsichtig sein. Oder sie bei diesem empfindlichen Personenkreis, in kritischen Situationen, zeitweise, ganz vermeiden.

Empfehlungen aus der Praxis zum Saatkauf

Es ist in Hobbygärten nicht auszuschließen, dass Zierkürbisse und essbare Kürbisse oder Zucchini in Pflanzengemeinschaft, vielleicht im Nachbargarten, wachsen. Darum ist es wichtig, die Samen für Kürbisse und Zucchini für das nächste Jahr nicht aus dem Eigenbedarf zu decken. Hobbygärtnern wird von Hartmut Clemen, Landesverband-Fachberater der Gartenfreunde Bremen e.V., empfohlen:

  • Beim Kauf von Saatgut auf die Herkunft zu achten
  • Nicht aus falsch verstandener Sparsamkeit altes Saatgut verwenden oder es kostengünstig als Ramschware zu kaufen
  • Besser auf Saatgut aus nachhaltigen Quellen, zum Beispiel VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.) oder die Firma Dreschflegel, zurückgreifen
  • Wertvoll kann auch Saatgut von regionalen Anbietern sein

Nachhaltig wirtschaftende Hobbygärtner achten ebenfalls auf die Fruchtfolge. Sie berücksichtigen die Bedürfnisse der Pflanzen, um den Boden zu nutzen und nicht auszulaugen. Clemens setzt sich dafür ein, dass in Kleingärten keine sogenannten Pflanzenschutzmittel mehr zum Einsatz kommen. Vor allen Dingen warnt er davor, Obst und Gemüse in der Nähe von viel befahrenen Straßen anzubauen. Das erntereife Gemüse steht dort in der Gefahr, eine zu hohe Bleikonzentration zu haben und dadurch für den Verzehr, auch nicht für Tiere, ungeeignet zu sein.

Autor seit 11 Jahren
317 Seiten
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