Kehrt das Mammut zurück?
Seit Jahrtausenden ausgestorben, könnten die Mammuts eine Renaissance erleben. Wissenschaftler denken ernsthaft über das Klonen der Riesen nachMammuts aus dem Eis
Neben Dinosauriern aus Trias-, Jura- und Kreidezeit sowie Säbelzahntigern und Wollnashörnern aus der Steinzeit gehören sie zu den prominenten Vertretern lange ausgestorbener Tiere: Mammuts. Die zottelfelligen Wollhaarmammuts der Eiszeit lebten in Europa und Nordasien.
Bald wieder Wirklichkeit? (Bild: © Horst Schröder / PIXELIO)
Knochenfunde und gewaltige Stoßzähne ließen anschauliche Rekonstruktionen von Mammuts zu, festgehalten in naturalistischen Gemälden und in beeindruckenden Museumsmodellen. Der heutige Klimawandel taut seit Jahren sibirischen Permafrostboden auf und legt weitere Schätze frei, die Paläontologen jubeln lassen: weitgehend erhaltene Mammutkadaver. Sie sehen den erstellten Rekonstruktionen erstaunlich ähnlich. Einmal aufgetaut, setzt sofort und rasch der Verwesungsprozess ein. Hungrige Aasfresser holen sich außerdem ihren Anteil.
Konfrontiert mit den aus der Tiefkühltruhe der Natur auftauchenden nahezu kompletten Mammutleichen ist es ein noch verführerischerer Gedanke als zuvor schon bei den bereits entdeckten Skeletten der Eiszeitriesen: Was wäre es für eine Sensation, sie zum Leben
erwecken zu können!
Vom Schaf zum Mammut
Mit dem Schaf Dolly entstand 1996 das erste geklonte Säugetier. Ende der 1990er Jahre dachten Wissenschaftler erstmals laut darüber nach, aus Zellkernen aufgetauter Mammuts
einer ausgestorbenen Tierart zu einem neuen Auftritt auf der Erde zu verhelfen. Dazu kam es allerdings nicht, denn es ließ sich keine unversehrte DNA ausmachen. Ohne intaktes Erbmaterial sind alle Klonversuche zum Scheitern verurteilt.
Der Ende des letzten Jahrtausends begrabene – oder auf Eis gelegte? – Forschertraum könnte sich jetzt realisieren lassen. Japanische und russische Wissenschaftler planen für 2012 gemeinsam ein Mammut zu klonen. August 2011 gab der Dauerfrostboden den Oberschenkelknochen eines Mammuts frei, dessen erstaunlich gut erhaltenes Knochenmark neue Hoffnung schürt. Es ist geplant, für das Klonen Elefanten als heutige lebende Verwandte des Mammuts einzusetzen. Eine Elefantenkuh fungiert als Leihmutter. Aus einer oder mehrerer ihrer Eizellen wird der jeweilige Zellkern entfernt und durch einen Zellkern aus dem Mammutknochenmark ersetzt und anschließend der Elefantenkuh reimplantiert. Dann heißt es abwarten und hoffen, dass die DNA wirklich intakt genug ist, um aus dem Knochenmarkszellkern im Ei einen Mammutembryo werden zu lassen, der zu einem gesunden Mammutkalb heranwächst. Ein so erzeugtes leibhaftiges Mammutbaby bedeutete einen spektakulären Meilenstein in der Forschung.
Forschungsphilosophie: Soll wirklich alles ausgeführt werden, was machbar ist?
So faszinierend diese Vorstellung ist, stellt sich gleichzeitig Unbehagen ein. Es stellt sich die Frage, ob unbedingt alles gemacht werden muss, was möglich wäre. Gern kommt dabei das Argument, dass sich Dinge nur verzögern ließen, aber nicht aufhalten. Irgendwann wird irgendwo irgendjemand schließlich doch etwas tun, was durchführbar ist, und sei es heimlich. Während zum Beispiel Erörterungen angestellt werden, ob wohl Menschen mit Menschenaffen gemeinsamen Nachwuchs haben könnten und die praktische Versuchsanordnung als Tabu gilt, gibt es Gerüchte, dass es solche Nachkommen längst gäbe, gut verborgen hinter dicken Laborwänden. Vermutlich ist das nur eines der modernen Märchen – doch wer weiß?
Ein geglücktes Klonen von Mammuts oder ein Misserfolg desselben wird nach dieser offenen Ankündigung der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo nicht zum Staatsgeheimnis werden. Es wird spannend werden und ist zugegebenermaßen ein aufregendes Vorhaben. Und doch...
Wohin mit den Mammuts?
Es sollen demnächst Mammuts geboren werden, deren letzte Vorfahren seit mehreren Tausend Jahren ausgestorben sind. Als mammutfreier Zeitraum bis heute werden meistens 10.000 Jahre genannt. Wahrscheinlich lebten letzte Mammuts noch vor 7.000 Jahren in Nordsibirien, einige Forscher datieren die Letzten dieser Art gar erst 4.000 Jahre zurück. Es ist ungeklärt, ob das Mammut aufgrund der Klimaerwärmung ausstarb oder durch menschliche Bejagung ausgerottet wurde. Eventuell wirkte beides zusammen.
Landschaft wie damals (Bild: Eva Paridon / Pixelio.de)
Die neuen Mammuts wüssten natürlich nicht um ihre Vorgeschichte und die Umstände ihrer Existenz. Sie wären in ein Leben katapultiert, das sie nicht anders kennen. Doch was soll mit ihnen
geschehen? Wahrscheinlich würden sie als so wertvoll gelten, dass sie nicht einmal in einem Zoo gezeigt würden, sondern auf einer abgeschirmten großen Weidefläche eines Instituts gut bewacht würden, vorzugsweise in einer Gegend mit kühlem Klima. Ab und zu würde in den Medien in Fotostrecken und Dokumentarfilmen über sie berichtet werden. Eine begrenzte Anzahl sorgfältig ausgewählter Besucher dürfte die Tiere direkt zu Gesicht bekommen – beruflich Interessierte
zum Beispiel oder Glückspilze aus Preisausschreiben.
Eine Auswilderung in Sibirien erscheint nicht ratsam. Ähnlich wie die sibirischen Amurtiger würden die Mammuts dort Zielobjekt von Wilderern werden, allein schon wegen ihrer Stoßzähne aus Elfenbein, was sie wiederum mit den wild lebenden afrikanischen Elefanten gemeinsam hätten.
echtes MAMMUT - HAAR ! in wiederverschließbarem... |
Muss oder darf das sein?
Automatisch kommen Erinnerungen an das Buch "Dinopark" von Michael Crichton, später als "Jurassic Park" verfilmt, in dem die DNA in einem Tropfen Dinosaurierblut in einer in Bernstein
eingeschlossenen Mücke Jahrmillionen überdauerte. Die daraus geklonten Saurier bevölkerten einen prähistorischen Freizeitpark. In der Praxis ließe sich das schwieriger umsetzen. Es dauert, bis kleine Mammuts groß sind und eine Herde aufgebaut ist, in der sich solche elefantenartigen Tiere wohlfühlen könnten. Dazu ist derartiges Klonen bis auf Weiteres so teuer, dass sich kommerzielle Unternehmen zur Volksbelustigung nicht rechnen würden. Mammuts zu klonen ist längst keine Routine wie das Klonen von Rindern auf US-amerikanischen Farmen.
Wer sich für die Tier- und Pflanzenwelt ferner Epochen interessiert, würde oft zu gern mal auf Zeitreise gehen, um die Szenarien von damals betrachten oder erleben zu können. Im Wissen, dass dies nach heutigen Erkenntnissen nicht geht, erscheint das Klonen eines Mammuts als reizvoller Kompromiss. Nach erster Euphorie mag sich bei Einigen Nachdenklichkeit einstellen. Ist es das wirklich wert, ein Wesen, das aus einem Kunstgriff heraus zum Leben erweckt wurde, ein unnatürliches Leben wie unter einer Käseglocke führen zu lassen?
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