Kinder in Regenbogenfamilien
Immer mehr Kinder wachsen in sogenannten Regenbogenfamilien auf. Welche Probleme bringt das mit sich? Wie geht es den Kindern mit ihren homo- bzw. bisexuellen Eltern?Was sind Regenbogenfamilien?
Was Regenbogenfamilien sind, ist nicht genau definiert. Zum Teil wird der Begriff bereits dann verwendet, wenn ein Familienmitglied (das kann auch eines der Kinder sein) homo-, bi- oder transsexuell ist.
Da ich mich in diesem Artikel im wesentlichen auf eine Studie von Ina Carapacchio aus dem Jahr 2009 beziehe, schließe ich mich der von ihr verwendeten Definition an. Es geht damit in diesem Artikel um die Regenbogenfamilien, in denen wenigstens ein Elternteil, das sich in Bezug auf die Kindererziehung dauerhaft engagiert, homo- oder bisexuell ist. Dabei ist die rechtliche Seite der Elternschaft nicht von Bedeutung, sondern allein die emotionale Bindung zwischen Kind und homo- bzw. bisexuellem Elternteil.
Ein Wort vorweg
Wenn sich Menschen fragen, welche Folgen die Kindheit in einer Regenbogenfamilie hat, dann ist es nicht nur die pure Neugier, sondern oft steckt dahinter die Sorge um die Kinder.
Man fragt sich, ob
- das Kind nicht besser beim heterosexuellen Elternteil aufwächst, wenn sich zwei Eheleute trennen.
- es wirklich vertretbar ist, einem homosexuellen Paar zu erlauben, ein Kind in Pflege zu nehmen oder gar zu adoptieren.
- eine Frau, die klar lesbisch ist und ihre Sexualität offen auslebt, beim Schwangerwerden unterstützt werden sollte.
Der Hintergrund dieser Fragen ist der Wunsch nach einer glücklichen Kindheit für alle Kinder und das Vorurteil, dass sich dieser Wunsch in Regenbogenfamilien nicht erfüllen kann.
Wie glücklich sind jedoch die Kinder, die in heterosexuellen Beziehungen aufwachsen?
- Es gibt Kinder, die werden geschlagen, misshandelt oder verwahrlosen.
- Es gibt Frauen, die bekommen immer wieder Kinder, obwohl ihnen bereits welche weggenommen wurden, weil sie sie nicht ordentlich versorgt hat.
- Es gibt Familien, die adoptieren Kinder oder nehmen sie in Pflege und kümmern sich dann nicht angemessen um sie.
Kinder aus heterosexuellen Beziehungen sind leider nicht garantiert glücklich und wohl umhütet.
Ist die Gefahr einer unglücklichen Kindheit in Regenbogenfamilien größer?
Es gibt mindestens einen Punkt, der die Chance auf eine glückliche Kindheit bei homosexuellen Paaren erhöht:
- Die Kinder, die in homosexuelle Beziehungen hineingeboren werden, sind klare Wunschkinder. Sie sind nichtmal eben passiert oder das Ergebnis eines One-Night-Stands auf einer Party. Ganz im Gegenteil: Die Eltern haben sich viele Gedanken darum gemacht, ob sie ein Kind möchten und wie sie dieses bekommen wollen.
Davon kann so manches Kind, das einer heterosexuellen Frau geboren wird, nur träumen.
Schwierigkeiten, die daraus entstehen können, dass Kinder in Regenbogenfamilien aufwachsen
Im wesentlichen ergaben alle Studien und Umfragen, dass es keine großen Unterschiede zwischen einer homosexuellen und einer heterosexuellen Familiensituation gibt.
Oft ist die Arbeitsteilung in Regenbogenfamilien ausgeglichener, d.h. meist gehen beide Elternteile arbeiten und häufiger in Teilzeit. Die Hausarbeit wird gerechter aufgeteilt und beide Elternteile kümmern sich relativ gleichberechtigt um die Kindererziehung.
Ein Punkt jedoch belastet ausschließlich Regenbogenfamilien:
Die Angst vor Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung in der Schule, auf der Arbeit oder im sonstigen Umfeld.
Selbstverständlich und leider ist diese Angst nicht aus der Luft gegriffen. Immer wieder sind Regenbogenfamilien Vorurteilen und Hänselein ausgesetzt.
Dies führt dazu, dass manche Eltern beschließen, ihre sexuelle Orientierung auch vor ihren Kindern geheim zu halten. Die Kinder leben in dem Glauben, so zu sein wie alle anderen und sind insofern unbeschwert. Andererseits führt das jedoch auch dazu, dass sie instinktiv merken, dass irgendwas nicht stimmt, ohne genau sagen zu können, was nicht stimmt. Das führt zu einem Konflikt, der sie sehr belastet.
Wenn dann irgendwann der Tag kommt, an dem Mutter oder Vater sich dem Kind gegenüber outet, fühlt sich dieses oft belogen und hintergangen. Es muss nun nicht nur mit dieser neuen Situation klarkommen (oft auch mit einem neuen Partner, der Grund für das Outing war), sondern auch mit der Enttäuschung von Mutter oder Vater hintergangen worden zu sein.
Auch das betreffende Elternteil leidet unter der eigenen Lüge. Oft zieht es sich vom Kind zurück, geht auf Distanz. Wenn es sich dann geoutet hat und beide - Elternteil und Kind - die Krise gemeistert haben, rücken sie oft enger zusammen als zuvor. Die Zufriedenheit und das Vertrauen in der Regenbogenfamilie wächst wieder.
Eine andere Möglichkeit ist es, die Kinder zwar einzuweihen, von ihnen jedoch zu verlangen, dass sie diesen Teil des Familienlebens nicht an Dritte ausplaudern. Auch das führt zu einem inneren Konflikt. Einerseits wird von Kindern verlangt, dass sie die Wahrheit sagen und andererseits werden sie zum Verschweigen und/oder Lügen angehalten.
Tatsächlich ist der Weg der absoluten Wahrheit für die meisten Kinder am besten verträglich, auch wenn er manchmal dazu führt, dass sie von anderen gehänselt werden.
Sowieso scheint es so zu sein, dass die Mütter und Väter, die offen mit ihrer Homosexualität umgehen, die geringsten Probleme mit negativen Reaktionen des Umfeldes haben. Auch die Kinder, die sehr selbstbewußt über ihre Regenbogenfamilie reden, haben am wenigstens mit Anfeindungen zu kämpfen.
Werden die Kinder aus Regenbogenfamilien häufiger schwul oder lesbisch?
Selbst wenn es so wäre - was wäre daran schlimm?
Und doch - die Frage bewegt die Gemüter und darum gibt es darüber viele Studien aus unterschiedlichen Ländern. Alle kommen zu dem gleichen Ergebnis:
Die Zahl, der aus Regenbogenfamilien stammenden Homosexuellen, ist nicht größer als die Zahl der aus heterosexuellen Familien stammenden.
Die jungen Erwachsenen, die aus einem homosexuellen Haushalt kommen, sind allenfalls offener und können sich theoretisch auch die Liebe zu einem gleichgeschlechtlichen Partner vorstellen.
Sind die Kinder aus Regenbogenfamilien in Bezug auf ihr Verhalten oder ihre Inteligenz öfter auffällig?
Vielfach wurde untersucht, ob Kinder aus Regenbogenfamilien häufiger auffällig sind als Kinder aus heterosexuellen Familien.
Alle Untersuchungen kamen zum gleichen Ergebnis:
Die Kinder homosexueller Eltern entwickeln sich genauso oft altersgemäß und unauffällig wie die Kinder heterosexueller Eltern. Sie sind allenfalls eher toleranter, offener und selbstbewusster.
Auf die Entwicklung der Kinder hat den größeren Einfluss die Zufriedenheit in der Partnerschaft der Eltern. So gibt es häufiger Probleme in Familien mit alleinerziehenden Müttern oder in Familien mit größeren Differenzen zwischen den Elternteilen (ganz unabhängig davon, ob in einer Regenbogenfamilie oder in einer "normalen").
Alleinerziehende Mütter haben, egal ob homo- oder heterosexuell, mehr Sorge um die Zukunft und zeigen ein größeres Stressempfinden als Mütter in Partnerschaften.
Einen weiteren großen Einfluss hat die Frage, inwieweit die Homosexualität des Elternteils offen und selbstbewusst gelebt wird und in welchem Maße sie vom zweiten biologischen Elternteil anerkannt wird.
Kinder mit Mutter oder Vater, die selbstbewusst ihre sexuelle Identität leben und zufrieden sind mit der Situation in der Regenbogenfamilie, und bei denen Familie und enger Freundeskreis die Lebensweise akzeptieren, sind immer unauffälliger und zufriedener, als Kinder, bei denen dies nicht so ist.
Lesenswertes zum Thema
www.babys-kinder-eltern.de
Eine Seite für Eltern oder jene, die Eltern werden wollen.
Kinderwunsch & Homosexualität
Wie bekommen Mann oder Frau ein Kind, wenn sie homosexuell sind? Welche Möglichkeiten gibt es in Deutschland?
Kinder in Regenbogenfamilien
Eine Studie zur Diskriminierung von Kindern Homosexueller und zum Vergleich von Regenbogenfamilien mit heterosexuellen Familien. Eine Studie von Ina Carapacchio aus dem Jahr 2008.
Regenbogenfamilien
Für Familien mit zwei Müttern oder Vätern hat sich der Name Regenbogenfamilie etabliert. Welche Rechte haben sie? Und wie gestaltet sich ihr Alltag? Bundeszentrale für politische Bildung, Marina Rupp, 17.05.2010
Viel Toleranz und Gelassenheit wünscht Ihnen
Katarina Telschow
Herausgeberin von www.babys-kinder-eltern.de
Bildquelle:
Bild: clker.com
(Wer gute Beziehungen möchte, sollte "Giraffensprache" sprechen: Gew...)