Zwei Insulaner

Zwei Insulaner (Bild: Klaus J. Schwehn)

 

Fabio Famularo erzählt in seinen Büchern die Geschichte und die Geschichten des Großvaters neu. Damit spannt er einen Bogen über zwei Generationen hinweg; es ist erlebte Kulturgeschichte, die ihresgleichen nur findet in der meditarenen Inselwelt, von den Eolischen zu den Egadischen Inseln, mit den breiten Eilanden Sizilien und Sardinien dazwischen und daneben. Die kleinen Inseln also: Vor 40 Jahren noch Eilande mit armen Fischern angesichts eines zunehmend überfischten Meeres, mit Kapernsammlern, Gelegenheitsarbeitern. Viele der Inseln von Stromboli bis Favignana waren ohne fließendes Wasser, elektrisches Licht, feste Strassen. Schiffe, die zweimal die Woche ankamen, ankerten vor vielen der Inseln; Menschen und Waren mussten ausgebootet werden.

 

Quallen statt der Schwertfische

 

Heute hingegen gibt es da wie dort kaum noch Fischer, denn im Mittelmeer findet sich kein Thun- und kein Schwertfisch mehr. Die blutige "mattanza" auf Favignana, bei der die Thunfische zusammengetrieben und unter den Anfeuerungsrufen der Schaulustigen abgeschlachtet wurden, ist Geschichte; die Schwertfische hinter dem Leuchtturm des Strombolicchio sind von Quallenschwärmen abgelöst. Aber es hat eine andere Entwicklung eingesetzt: Mit kräftigen Millionenspritzen aus dem Europäische Regionalfonds hat die süditalienische Inselwelt in vielen Facetten ein neues Gesicht erhalten: Wasserleitungen wurden gebaut, wenn nötig auch Dorfzisternen, elektrisches Licht ist selbstverständig geworden; kleine Häfen sind entstanden. Europäische Unterstützung zur Selbsthilfe hat sich ausgezahlt. Auf der Insel Stromboli beispielsweise, wo der Schriftsteller Fabio Famularo lebt, gibt es eine kleine Buchhandlung - natürlich mit Internet-Anschluss. Dabei nun allerdings ist es insgesamt vorbei mit der vermeintlichen Idylle nur für Künstler, die Einsamkeit suchen. Touristen zuhauf haben Wohlstand auf die Inseln gebracht. Die Eilande sind aufgeblüht, die Einheimischen wohlhabend geworden, und Großvater Gaetano würde sich heute die Augen reiben.

 

Die Misswirtschaft auf Sizilien

 

Das wiederum kann man von jener Insel nicht sagen, die eigentlich geographischer wie politischer Mittelpunkt der Inselwelt ist, Sizilien nämlich mit Palermo als Hauptstadt. Hier herrscht Misswirtschaft, von der Mafia kräftig unterstützt. Die Region wäre im Jahr 2012 pleite gewesen, wenn die römische Regierung nicht entgegen des inneritalienischen Stabilitätspaktes 800 Millionen Euro zugeschossen hätte. Und eigentlich zugesagte 6,5 Milliarden Euro aus Brüssel wurden von der EU-Kommission zurückgehalten, "wegen Unregelmäßigkeiten bei Auftragsvergaben und mangelhaften Kontrollen". Die autonome Region Sizilien nach der Fläche die größte unter den 20 Regionen Italiens, liegt danieder. Schon seit Jahren. Unauffälliger geht es hingegen auf Sardinien zu; wahrscheinlich, weil die Sarden im Schnitt ein armes Völkchen sind. Industrie ist rar gesät. Ein paar Raffinierien, eine Papierfabrik und ein vergammeltes Chemiezentrum – das ist es. Tourismus heißt auch hier das Zauberwort; aber vielfach fehlt die nötige Infrastruktur, und ökologischer Raubbau ist an der Tagesordnung.

 

Siehe dazu auch: "Italien verstehen" - SympathieMagazin, Studienkreis für Tourismus und Entwicklung.

Autor seit 9 Jahren
91 Seiten
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