Kind

Kind (Bild: Pixabay)

Kinder sind heute zu einem Großteil in der Obhut von Kindereinrichtungen oder Tagesmüttern. Immerhin besuchen in Deutschland ca. 95% der 3 bis 6 jährigen eine Kindertageseinrichtung. Eltern werden bestätigen, dass die Umstellung für viele Kinder nicht leicht ist. Das ist auch verständlich. Weg von der gewohnten Umgebung, der individuellen und persönlichen Betreuung der Eltern und deren ungeteilter Liebe. Nun müssen sie lernen Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein. Sie verlieren ihre Mittelpunktrolle, müssen sich einordnen und ihren Platz finden. Letztlich gelingt es den Kindern sich über das Spiel schnell einzuleben. Doch das schönste Spiel kann die individuelle Liebe und Zuneigung nicht ersetzen.

Für Erzieher und Betreuer erwächst daraus eine bedeutende Aufgabe. Sie müssen in der Lage sein zumindest stundenweise die "Liebesfunktion" der Eltern zu übernehmen. Dies ist sicher nicht immer leicht und manchmal wird die Zeit fehlen. Dennoch, nichts kann mangelnde Liebe ersetzen. Kinder messen unbewusst ihre Bedeutung daran und Selbstvertrauen wird aufgebaut. Auch kleine Persönlichkeiten brauchen Anerkennung. Was genau kann eine Erzieherin oder Betreuerin tun?

 

Mein Vorschlag: beziehen Sie "... ich sehe dich..." als Spiel oder Ritual in den Tagesablauf ein.

Die Verwendung der Worte "ich sehe dich" vermitteln, sofern sie richtig angewendet werden, auf der Werteebene Anerkennung und auf der Gefühlsebene Vertrauen. Wichtig dafür ist der Augenkontakt, klar und ehrlich und über einige Sekunden (länger als gewöhnlich). In dem gleichnamigen Film "Nel" antwortet sie auf die Frage, was sie von der Zivilisation hält: "... Ihr habt große Sachen und Ihr könnt große Sachen, aber Ihr seht Euch nicht in die Augen. ….". Achten Sie also genau darauf das konkrete Kind direkt anzusehen und ihm für diese wenigen Sekunden die gesamte Aufmerksamkeit zu geben.

 

Ich möchte Ihnen drei Varianten vorstellen, wie Sie "ich sehe dich" einsetzten können. Sie dürfen aber gern Ihre eigene Fantasie spielen lassen und weitere Varianten erproben.

 

1. Bei Wickelkindern
Kleine Kinder lieben das Versteckspiel und sie können nur das verarbeiten, was sie direkt sehen.

Auf dem Wickeltisch können Sie mit dem Kind Versteck spielen indem Sie Ihr Gesicht kurz hinter Ihrer Hand verbergen. Wenn Sie die Hand dann vom Gesicht zurückziehen, rufen Sie "ich sehe dich".

 

2. Begrüßungsritual

Wenn die Kinder morgens gebracht werden, begrüßen Sie sie mit "... ich sehe dich...". Schauen Sie dem Kind dabei in die Augen. Achten Sie darauf, dass der Ausspruch keine leere Plattitüde ist. Die Begrüßung ist ein Ritual das dem einzelnen Kind gehört, ein Ritual wodurch dieses Kind die volle Aufmerksamkeit erhält. Kinder merken, wenn Sie unkonzentriert sind. Animieren Sie die Kinder gleiches zu tun.

 

3. Versöhnungsritual

Kinder streiten und raufen sich immer mal. Sich parteiisch einzumischen oder zu ermahnen sind ineffektive und wenig ratsame Maßnahmen. Stellen Sie die Kinder gegenüber, lassen Sie die Kinder sich in die Augen schauen und den Spruch sagen "ich sehe dich". Die Wahrscheinlichkeit, dass damit der Streit beendet ist, ist groß.

 

Diese "Zuneigungsformel" ist durchaus nicht neu. Sie wird auch oft in Kommunikationsseminaren geübt. Und wer dazu keine Beziehung hat, erinnert sich vielleicht an den Film "Avatar".

 

Dr. Kristina Schubert

Fortbildung für Erzieher

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