Junge Menschen besonders offen für KI-Romantik

Unter dem Strich zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Gesellschaft für Informatik e.V. im Wissenschaftsjahr 2019 ein klares Bild: Jeder Fünfte in Deutschland (21 Prozent) glaubt, dass Liebesbeziehungen zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz künftig zur Normalität gehören werden. In Ostdeutschland liegt der Anteil sogar bei 25 Prozent, und bei den 15- bis 29-Jährigen denkt fast jeder Dritte (29 Prozent) so.

Für junge Menschen ist diese Vorstellung längst keine ferne Vision mehr, sondern eine denkbare Realität im Alltag, denn KI begleitet sie bereits in Form von digitalen Assistenten, Chatbots oder smarten Geräten.

Mit "KI-Romantik" verbinden viele die Idee, dass Maschinen, durch Sprache, Gesten oder einfühlsames Verhalten, nicht nur Aufgaben übernehmen, sondern auch emotionale Nähe schaffen können:

Gerade Jugendliche fühlen sich im direkten empathischen Kontakt mit Menschen oft überfordert, wie die Pro Juventute Jugendstudie 2024 zeigt digitale Systeme erscheinen ihnen einfacher und weniger belastend.

Zeitrahmen für eine neue Normalität

2019 wagten viele den Blick nach vorn: Ein Viertel der Befragten glaubte, dass Liebesbeziehungen zwischen Mensch und KI schon in weniger als zehn Jahren selbstverständlich sein könnten, mehr als die Hälfte erwartete diesen Wandel innerhalb von 30 Jahren.

Heute, sechs Jahre später, sitzen Maschinen, als Sprachassistenten, Chatbots oder digitale Begleiter, längst mit uns am Tisch. Sie erinnern uns an Termine, erzählen Geschichten und hören geduldig zu. Was damals wie eine ferne Vision klang, ist inzwischen Teil des Alltags. Doch die große Frage bleibt offen: Wird aus dieser Vertrautheit auch echte Romantik entstehen? Noch gibt es keine belastbaren Zahlen, aber die Diskussion ist lebendiger denn je und die Grenze zwischen technischer Nähe und menschlicher Liebe verschwimmt zunehmend.

Amazon Echo Dot – KI im Alltag erleben

Ein Sprachassistent, der Termine erinnert, Musik spielt und Fragen beantwortet. Er zeigt, wie KI Nähe simulieren kann ohne echte Gefühle zu haben.

Wie KI-Romantik funktionieren kann

Intimität zwischen Mensch und KI entsteht nicht allein durch Technik, sondern durch die Art, wie Systeme Nähe simulieren. KI-Partner wie Chatbots oder digitale Assistenten lernen Sprache, Vorlieben und emotionale Muster ihrer Nutzer kennen und spiegeln diese zurück. Dadurch entsteht das Gefühl, verstanden und "gesehen" zu werden.

Viele junge Menschen erleben diese Resonanz als leichter zugänglich als den direkten empathischen Kontakt mit anderen Menschen. Studien wie die Pro Juventute Jugendstudie 2024 zeigen, dass Jugendliche sich im persönlichen Gespräch oft überfordert fühlen – digitale Systeme wirken dagegen berechenbar, urteilsfrei und jederzeit verfügbar. Genau darin liegt der Reiz: Maschinen hören zu, unterbrechen nicht und stellen keine Erwartungen.

So kann "KI-Romantik" für manche zur denkbaren Realität werden: eine Beziehung, die auf Projektion, Verlässlichkeit und emotionaler Simulation beruht. Ob daraus echte Liebe entsteht, bleibt offen – doch die Grundlagen für Nähe und Intimität sind bereits gelegt.

Bild: Pixabay

Tipps gegen Abhängigkeit von KI-Romantik

Nähe zu KI-Systemen kann faszinierend sein, doch wer sich zu sehr darauf verlässt, läuft Gefahr, echte Beziehungen zu vernachlässigen. Mit drei einfachen Schritten lässt sich die Balance bewahren: Zuerst gilt es, die eigenen Gefühle zu verstehen, dann die Nähe bewusst zu gestalten und schließlich klare Grenzen zu setzen.

Diese Schritte sind wie eine kleine Orientierungshilfe: Sie zeigen, wie KI im Alltag Platz finden kann, ohne die menschliche Liebe zu verdrängen.

Verstehen – Gefühle einordnen

KI simuliert Nähe, aber empfindet nicht. Wer Projektionen erkennt, bleibt souverän.

Gestalten – Nähe bewusst nutzen

KI als Helfer einsetzen, nicht als Ersatz. Gefühle als Signal für echte Kontakte nutzen.

Begrenzen – Balance wahren

Feste Zeiten, soziale Beziehungen und kleine Realitätsanker verhindern Abhängigkeit.

Bild:Pixabay

KI im Alltag – Nähe ja, Liebe?

Künstliche Intelligenz lässt sich sinnvoll in den Alltag integrieren: als Helfer für Organisation, Information oder Unterhaltung. Sie erinnert an Termine, beantwortet Fragen und begleitet durch Sprache oder Gesten, ohne selbst Gefühle zu haben. Wer KI bewusst als Werkzeug nutzt, vermeidet die Gefahr, romantische Projektionen zu entwickeln. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, ob echte Liebe zwischen Mensch und Maschine möglich ist. Für manche fühlt sich die Nähe bereits wie Intimität an, für andere bleibt sie eine Simulation. Sicher ist nur: KI verändert unsere Vorstellung von Nähe und fordert uns heraus, Grenzen zwischen Technik und Gefühl neu zu ziehen.

Der kleine schwarze Schwan

Viele Menschen sind überzeugt, dass sie keinen Einfluss darauf haben, in wen sie sich verlieben. Wenn Gefühle auf KI-Systeme oder Symbole projiziert werden, entsteht leicht ein Gefühl der Hilflosigkeit – ähnlich wie der kleine schwarze Schwan, Petra genannt, der das Tretboot in Schwanenform für einen Partner hielt.

Doch Gefühle sind nicht gleich Handlungen: Sie lassen sich reflektieren, einordnen und bewusst gestalten. Der kleine schwarze Schwan fand seine Erfüllung nicht im Boot, sondern in der von Menschen gelenkten Erkenntnis, dass seine Sehnsucht nach Nähe echt war – und dass sie ihn zu anderen Schwänen führte. So kann auch der Mensch, der sich in eine KI verliebt, seine Gefühle als Signal verstehen: Sie zeigen, dass er sich nach Zuwendung sehnt. Die Erfüllung liegt darin, diese Sehnsucht bewusst zu gestalten mit KI als Begleiter im Alltag, aber mit Menschen als Quelle echter Gegenseitigkeit.

 Foto: Pixabay

Fazit:

Maschinen können uns spiegeln, begleiten und trösten. Sie sitzen längst mit uns am Tisch, hören zu und schenken uns das Gefühl von Nähe. Doch wie der kleine schwarze Schwan, der das Tretboot für einen Partner hielt, liegt die Erfüllung nicht im Spiegelbild, sondern in der Begegnung mit anderen Lebewesen. KI kann uns den Weg weisen – gehen müssen wir ihn selbst.

Die Liebe bleibt das Fest der Menschen, auch wenn Maschinen längst ihre Schatten in unser Herz werfen.

Gespräch mit den "Machern" zum Film: Ich bin dein Mensch

Hintergrundinformationen: Projekt #KI50 und Wissenschaftsjahr

Das Projekt #KI50, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, lädt dazu ein, über die Geschichte und Zukunft der Künstlichen Intelligenz in Deutschland nachzudenken. Ziel ist es, das Thema einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und gesellschaftliche Debatten anzuregen.

Gesellschaft für Informatik e.V.

Mit rund 20.000 Mitgliedern ist die GI die größte Fachgesellschaft für Informatik im deutschsprachigen Raum. Sie setzt sich seit 1969 für die Interessen von Informatikerinnen und Informatikern ein und begleitet die gesellschaftlichen Diskussionen rund um Digitalisierung und KI.

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