NS Medizin

NS Medizin

Rassenideologie des Nationalsozialismus

Die Nazis propagierten das Ideal einer einheitlichen Volksgemeinschaft, in der durch die Aufhebung der sozialen Gegensätze, alle sozialen Gruppen zu einer Einheit verschmelzen sollten. Der blonde, blauäugige Mensch bildete sich zum Rassenideal der NS-Zeit und somit auch zum Vertreter der "arischen Rasse". Hitler beschrieb in seinen massenbewegenden Reden immer wieder dieses arische Bild: "... der deutsche Junge der Zukunft muß schlank und rank sein, flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl. Wir müssen einen neuen Menschen erziehen, auf daß unser Volk nicht an den Degenerationserscheinungen der Zeit zugrunde geht”

Des Weiteren beruhte die Ideologie der Nationalsozialisten auf die Selektionslehre Charles Darwins 1und leiteten dadurch die Theorie ab, dass der Überlebenskampf der Tierwelt auch auf die Menschen übertragbar sei. Dieser Teil der NS-Ideologie setzte voraus, dass es wie im Tierreich mehr- und minderwertige Rassen gebe, wobei die arische Rasse von Natur aus die mehrwertige Rasse sei und damit zu einer "Herrenrasse" emporgehoben werde. Das NS-Regime warb eine Propagandaflut in Zeitungen, im Film, Theater und in den Schulen für die "Erb- und Rassenpflege", um das rassische Wertigkeitsdenken im Volk zu verankern. Menschen, die diesem arischen Bild nicht entsprachen, stellten eine Gefahr für die Rassenhygiene des deutschen Volkes dar. Zu den "nicht Ariern" gehörten Juden, Ausländer und behinderte Menschen. Der Antisemitismus, welcher die Feindschaft gegen die Juden aus rassischen Gründen beinhaltet, konstruiert zugleich eine minderwertige jüdische Rasse, die zu der NS-Zeit zum Sündenbock der deutschen Gesellschaft degradiert wurde.

 

Gesetzliche Grundlagen des "Dritten Reiches"

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei (NSDAP) und ihre organisierten Anhänger gelangten 1933 zur Herrschaft und errichteten daraufhin einen totalitären Diktatorischen Staat. Das neue Regime setzte ihre Ideologie durch und brachte einige Gesetzesänderungen mit sich. Durch den Regimewechsel sind viele Berufsgruppen, unter anderem Ärzte und Krankenschwestern, in die NS-Organisation übergetreten.

Am 14. Juli 1933 kam es zu den ersten Gesetzesänderungen. Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" wurde verabschiedet. Die NS Gesundheitsführung forderte von den "Volksgenossen" eine "Leistungssteigerung zu erbbiologisch und rassisch erreichbaren Höchstformen". Dieses Gesetz schrieb eine Zwangssterilisation bei folgenden Krankheiten vor: angeborener Schwachsinn, Schizophrenie, Epilepsie, Huntington'sche Chorea, erbliche Blindheit, erbliche Taubheit, schwere körperliche Missbildungen und schweren Alkoholismus.

Die exakten Durchführungsbestimmungen der Erb- und Sterilisationsgesetze sorgten dafür, dass Ärzte und Kliniken intensiv in die Organisation des brutalen Verfahrens eingebunden waren. Es wurden schätzungsweise im ganzen Reich 200.000-350.000 Personen zwangsweise unfruchtbar gemacht. Das Erbgesundheitsgesetz wurde 1935 novelliert, indem man einen Schwangerschaftsabbruch aus eugenischen Indikationen straffrei machte. Ziel war es, vorzeitig einen erbkranken Nachwuchs, welche die Rassenhygiene beschmutzen könnte, zu verhindern. Schon am 7. April 1933 traten Gesetze in Kraft, die auf einen Faschistischen Staat hindeuteten. Das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" war eines davon. Es bestimmte, dass Beamte "nicht - arischer" Abstammung zur fristlosen Kündigung bzw. in den Ruhestand zu versetzen seien. "Nicht – arisch" hieß, dass ein oder mehrere Eltern- bzw. Großeltern jüdischer Abstammung waren. Betroffen waren deshalb auch solche Deutsche, die den Jüdischen Glauben nicht mehr auslebten und sogar schon christlich getauft waren. Es genügte schon einen Jüdischen Großelternteil zu haben, um den "rassischen" Kriterien nicht mehr gerecht zu werden. Viele Körperschaften und Vereine übernahmen die "Arierparagraphen" und verlangten bei Bewerbungen oder Einschreibungen zum Studium einen "arischen" Herkunftsnachweis.

 

Die Unterdrückung der "nicht – Arier"

Am 1. April 1933 boykottierte die SS reichsweit jüdische Geschäfte und Einrichtungen, auch die Praxen jüdischer Ärzte waren betroffen.

Ziel war es unter anderem, die jüdischen Ärzte und Ärztinnen von ihren nicht jüdischen Kollegen und Patienten zu trennen. Anfang der 30er Jahre waren noch ca. 8000-9000 jüdische Ärzte und Ärztinnen in Deutschland tätig. Innerhalb von 5 Jahren waren mehr als 9/10 aus dem Beruf verdrängt worden. Übrig blieben ca. 700 Ärzte und Ärztinnen, denen jedoch am 30. September 1938 endgültig die Bestallung entzogen wurde. Sie hatten nicht mehr das Recht, sich als Arzt zu bezeichnen, sondern waren laut der SS nur noch einfache "Krankenbehandler", die nur ihre Familie oder andere Juden behandeln durften. Einige Ärzte und Ärztinnen hatten Angst um ihre Existenz und flohen daraufhin ins Ausland. Vielen jüdischen Ärzten gelang die Flucht nicht, da sie vorher mit ihren Patienten in Konzentrationslager deportiert wurden. Im Sommer 1939 bereitete ein "Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden" mit Sitz in Berlin die Tötung schwachsinniger und missgebildeter Kinder vor. Ärzte und Hebammen hatten die Aufgabe, betroffene Kinder bis zum dritten Lebensjahr zu melden. Später wurde es auf das 16. Lebensjahr erhöht. Die Meldebögen wurden von drei Gutachtern, den Kinderärzten Wentzler2 (Berlin), Prof. Catel 3(Leipzig), und den Jugendpsychiater Heinze4 (Brandenburg - Görden) untersucht. Die betroffenen Kinder wurden in über 30 eigens eingerichtete "Kinderfachabteilungen" gebracht und dort mit Nahrungsentzug und Luminalgaben ermordet. Es wurden nach neueren Untersuchungen schätzungsweise 10.000 Kinder auf diese Art und Weise umgebracht.

 

Euthanasie

Euthanasie wird auch als "Gnadentod" von Menschen bezeichnet, die Nazi-Deutschland zur Last fielen und daraufhin in einem mörderischen Programm hingerichtet wurden. Diese Kampagne ermordete laut den Ergebnissen des Nürnberger Prozesses 275.000 Menschen. Im Sommer 1939 erlass Hitler persönlich die Kampagne, welche zur "Planwirtschaftlichen Maßnahme" diente. Die Nazis wollten die "unnutzen Esser" loswerden, um Geld und Personal zu sparen und um die Betten in den Krankenhäusern für die verletzten Soldaten freizuhalten. Betroffen waren Patienten von Heil- und Pflegeanstalten, schwer chronisch Kranke, geisteskranke Kriminelle und Patienten fremder Staatsangehörigkeiten. Schon 1924/25 schrieb Hitler: "Wenn da keine Kraft mehr ist, für die eigene Gesundheit zu kämpfen, endet das Recht zu leben." (Adolf Hitler, Mein Kampf, S.282).Große Gekrat-Busse brachten die Behinderten von ihren Kliniken zu den Euthanasie-Tötungszentren. Das Hauptquartier der Zentren war eine Villa in Berlin, in der Tiergartenstraße 4. Daher auch der benutzte Deckname "T4". Hitlers Leibarzt Karl Brandt 5und der Chef der "Kanzlei des Führers", Philipp Bouhler6, befehligten das streng geheime Euthanasie- Programm. Ärzte und Pfleger bewarben sich um Einstellung, auch weil der Verdienst mit dem eines Bürgermeisters einer Stadt mit 20.000 Einwohnern vergleichbar war. Im August 1941 wurden in den Zentren schon 70.000 Menschen getötet, bis Hitler irgendwann durch den Widerstand der Anstaltsärzte, der Bevölkerung, durch die Einsprüche hochrangiger Kirchenvertreter und Professoren gezwungen war, die Aktion zu stoppen. Doch in Wirklichkeit wurden sie in den Konzentrationslagern wie z.B. Auschwitz, Buchenwald oder Ravensbrück weitergeführt. Bis zum Kriegsende bestand der Wahn darin, die "Reinigung des Volkskörpers" in die Tat umzusetzen.

 

Die wissenschaftlichen Experimente am Beispiel des Lagerarztes Josef Mengele

Ein weiteres düsteres Kapitel während der NS-Zeit, waren die wissenschaftlichen Experimente an lebenden Menschen in den Konzentrationslagern. Die Versuche wurden an "nicht - Ariern" und Kriegsgefangenen durchgeführt. Die Menschenversuche dienten nur für konkrete wirtschaftliche und militärische Interessen. Ein berüchtigter Vertreter dieser Interessen war der Lagerarzt Josef Mengele. Durch seine Studien galt er als Experte auf dem Gebiet der Vererbungsforschung. Mengele richtete den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die phänotypischen Merkmale von Zwillingen, die er auf grausamste Weise erforschte.

Es wurden beispielsweise Kinder ohne Narkose operiert, um die Schmerzempfindlichkeit zu vermessen oder künstliche Infektionen mit Krankheitserregern durchgeführt, um die Blutserum-Reaktion von Zwillingspaaren zu studieren. Danach erfolgte oft eine gezielte Tötung der Kinder durch Chloroform, welches Mengele direkt ins Herz injizierte. Die Leichen hatte er dann für weitere Experimente verwendet. Alle Versuche wurden auf Befehl des SS-Reichsführers Heinrich Himmler sorgfältig dokumentiert.

 

Die Rolle der Frau zur Zeit der NS

Für Hitler waren die Frauen in erster Linie durch ihre Aufgaben definiert, die sie unter anderem an der Seite der Männer zugeschrieben bekamen. Nach der

Machtergreifung formulierte Hitler seine Vorstellungen genauer: "Frauen sollen den Erziehungsauftrag des völkischen Staates erfüllen - im Heranzüchten kerngesunder Körper." Innerhalb weniger Jahre schaffte Hitler es, die bisher 230 existierenden Frauenorganisationen gleichzuschalten und sechs bis neun Millionen Frauen in NS-Frauenvereinigungen zu organisieren.

Die NS-Schwesterschaften

Schon vor der NS-Herrschaft gründete Adolf Hitler im Jahre 1921 erste NS-Frauenschaften zur Unterstützung der "allein stehenden SA Kämpfer". Wenige Jahre später gründete die Hauswirtschaftslehrerin Elsbeth Zander 7die Organisation "Frauenorden Rotes Hakenkreuz", welche 1934 in die NS-Schwesternschaft aufging.

Nach der Machtübernahme wurden die NS-Frauenschaft und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV), welche sich mit allen Fragen der nationalsozialist. Wohlfahrtspflege und Fürsorge beschäftigten, als Partei-Organisationen für die Krankenpflege zuständig. Am 17. Mai 1934 wurde auf Befehl von Rudolf Heß8, die NS-Schwesternschaft als Parteiorganisation der NSDAP gegründet. Das "Reichsschwesternhaus" befand sich in dem nach Heß benannten Rudolf - Heß - Krankenhaus in Dresden. Die Reichsleitung der NS-Schwesternschaft übernahm die Generaloberin Käthe Böttger in Berlin.

Ziel der Nationalsozialisten war es, alle Mutterhäuser nach nationalsozialistischem Geist zu füllen. Als Berufskleidung trugen die NS-Schwestern ein braun - gemustertes Leinenkleid (Braune - Schwestern). Die Aufnahmebedingungen in den Schwesternschaften waren sehr streng. Neben dem "Ariernachweis" mussten die Frauen unter anderem eine vorherige Teilnahme am weiblichen Arbeitsdienst und Kenntnisse in Wochenbett-, Säuglings- oder Krankenpflege erbringen. Die Ausbildung dauerte 3 Jahre; im ganzen Reich wurden 175 NS-Krankenpflegeschulen und 10 Säuglingsschulen eröffnet. "Die Ideologie der NS-Schwesternschaft beruhte auf dem ideologischen Konstrukt eines nationalsozialistischen Ordens. Die NS-Schwesternschaft adaptierte Formen des religiösen Ordensideals und füllte diese Formen mit Inhalten der nationalsozialistischen Weltanschauung" (Breiding). Nach ihrer Ausbildung mussten die Schwestern folgenden Eid leisten: "Ich schwöre Adolf Hitler, meinem Führer, unverbrüchliche Treue und Gehorsam. Ich verpflichte mich, an jedem Platz, an den ich gestellt, werde meine Berufsaufgaben als nationalsozialistische Schwester treu und gewissenhaft im Dienste der Volksgemeinschaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe."

Die Aufgaben einer NS-Schwester

In der Volksgesundheitspflege stand die Gesunderhaltung des deutschen Volkes im Mittelpunkt. Das Volk sollte von den Schwestern beraten, beaufsichtigt, erzogen sowie beeinflusst werden. Sie hatten die Aufgabe erzieherisch zu wirken und das nationalsozialistische Denken weiterzutragen. Die Pflege kranker Menschen im Krankenhaus blieb weiterhin eine der zentralen Aufgaben der Krankenpflege. Hier wurden Schwestern aller Verbände und auch in geringem Maße Pfleger eingesetzt, obwohl die Krankenpflege überall als Frauenberuf bezeichnet wurde. Die krankenpflegerische Versorgung des Parteiapparates wurde ausschließlich von NS- Schwestern wahrgenommen. Männer konnten relativ leicht die Anerkennung als Krankenpfleger erhalten, wenn sie vorher im Sanitätsdienst oder in anderen Parteiabteilungen, wie Polizei oder SS tätig waren. Eine weiterer Arbeitsbereich war die Kriegskrankenpflege, denn für den Kriegsfall wurde viel Pflegepersonal benötigt. Durch die Ausweitung des Krieges 1942 hatte man mehr Schwestern benötigt. Die Schwesternschaften hatten "germanisch- freiwillige" Schwesternhelferinnen und "Mischlinge zweiten Grades" wieder zur Krankenpflege zugelassen. Nach der Besetzung Osteuropas wurden dort Krankenschwestern im Erziehungs- und Pflegedienst eingesetzt. Ihre Aufgabe bestand darin, deutsches und nationalsozialistisches Gedankengut in diese Gebiete zu tragen und die gesundheitliche Versorgung und Beratung im Sinne der NS sicherzustellen. Die Schwestern und Pfleger waren an der "Euthanasie" und an den Menschenversuchen beteiligt gewesen. Sie waren sowohl während der Vergasungsaktionen als Pflegepersonal in den Heilanstalten, als auch in der Phase der "wilden" Euthanasie 1941 eingesetzt. Besonders in der letztgenannten Phase war das Pflegepersonal oftmals auf Anordnung der Ärzte alleine tätig. Getötet wurde durch Nahrungsentzug, Spritzen (Luft oder entsprechende Medikamente) oder orale Gaben von Medikamenten.

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