Schritt 1: Ruhe bewahren: Emotionen runterfahren

Drohung nicht ignorieren

 

So banal es auf den ersten Blick klingen mag: Bewahren Sie einen kühlen Kopf!

Das ist in diesem Moment natürlich leichter gesagt als getan. Den meisten Betroffenen fällt es schwer einfach mal auf Knopfdruck abzuschalten. Die Neugierde, die Angst und die emotionale Aufgewühltheit verleitet doch zu sehr blindlings in Aktionismus zu verfallen und verzweifelt nach Antworten zu suchen.

Dabei ist genau das der falsche Weg.

Je engstirniger Sie die ganze Angelegenheit betrachten, umso mehr übersehen Sie die wesentlichen Details bei Ihren "persönlichen Ermittlungen!"

Sie sollen die Drohung keinesfalls ignorieren. In den meisten Fällen steckt mehr als nur ein harmloser Scherz dahinter. Akzeptieren Sie jedoch erstmal, dass Sie nun aus welchem Grund auch immer von den Drohungen betroffen sind. Gefühle wie Angst; Verzweiflung; Wut; Panik oder Neugierde sind in diesen Minuten ganz normal. Sie zu unterdrücken würde der Situation nicht gerecht werden.

Mit anderen Worten: Legen Sie genau jetzt den Drohbrief zur Seite. Ich weiß, das kostet Sie Überwindung und es klingt in Ihren Augen ganz bestimmt auch kurios, wenn ich Ihnen jetzt das Rezept zum "Runterkommen verrate. Letztendlich tun Sie sich damit aber nur selber einen Gefallen. Denn die Wahrheit ist: Es gibt kein einheitliches Rezept für das Runterfahren Ihrer Emotionen.

Tun Sie einfach etwas was Ihnen gut tut. Wie das ausfallen mag, ist von Typ zu natürlich verschieden. Die einen finden Ihre Ruhe im Schlaf bzw. einen ausgedehnten Nickerchen auf der Couch.

Die anderen machen lange Spaziergänge, powern sich im Sport aus, gehen Shoppen oder begeben sich in Gesellschaft zu Freunden und Bekannten.

Schritt 2: Sämtliche Betroffenen informieren

Kein Totschweigen zum Schutz der anderen

 

Das sollten Sie in jedem Fall auch tun. Vertrauen Sie sich unbedingt jemanden an. Denn Sie müssen erstens nicht allein mit dieser riesigen Belastung fertig werden.

Und vielleicht steht ja zweitens sogar Ihre Beziehung auf dem Spiel. Ihre Beziehung zu Ihrem Partner. Ihre Beziehung zu Ihre(m/r) besten Freund(in); Kumpel; Verwandten; Geschäftspartner etc.

Es ist zwar sehr ehrenrührig von Ihnen kein unnötiges Risiko einzugehen und Ihren Partner; Kumpel; besten Freund etc. nicht extra in Gefahr zu bringen. Der abgetrennte Finger, die tote Ratte und die Wanze unter dem gemeinsamen Liebesnest waren schließlich Warnung genug vom Drohbriefverfasser.

Allerdings was ist denn die Alternative? Soll Ihr Partner; bester Freund; Kumpel; Bekannter; Geschäftspartner etc. sich nicht wundern, warum er von einem Tag auf den anderen nicht mehr an sie herankommt? Weder über sämtliche Telekommunikationsmöglichkeiten, noch über ein persönliches Treffen? Er wird mit Sicherheit Nachforschungen anstellen, warum Sie auf einmal vom Erdboden verschluckt sind. Besonders wenn Sie ihn/sie nur mit ganz dürftigen Informationen abgespeist haben. Am Ende macht er/sie sich vielleicht Selbstvorwürfe. Die Sorge um Sie (je nachdem in welch innigem Verhältnis er/sie zu Ihnen steht) könnte ihn dazu bringen, Handlungen zu begehen, die Ihnen nicht ins Konzept passen.

Gerade wenn die Bedrohungslage akut ist, wäre das fatal. Sie sollten stattdessen lieber mit ihm/ihr an einem Strang ziehen. Berichten Sie ihm/ihr ganz ausführlich, was der Drohbriefverfasser in seinem Schreiben erwähnt hat. Egal, ob der Drohbriefverfasser Ihnen gedroht hat den Kontakt zu dem geliebten Menschen einzustellen und mit "geschmackvollen Beilagen" seine Gefährlichkeit bereits unter Beweis gestellt hat. Sie sind es ihm/ihr letztendlich irgendwo auch schuldig, dass er/sie darüber in Kenntnis gesetzt wird.

In ganz akuten Fällen müssen Sie sich notfalls Wege überlegen, wie Sie geheime Botschaften über Dritte oder andere Wege übermitteln können, ohne das der Drohbriefverfasser darauf zugreifen kann.

Schritt 3: Auf Ihre Aussage kommt es an

Notizen machen um Erinnerungen aufzufrischen

 

Sie haben den Drohbrief jetzt also doch schon gelesen. Das dachte ich mir. Aber das mussten Sie ja, um Ihren Bekannten darüber zu informieren, dass er derjenige ist, den der Täter als "Angriffspunkt" benutzt! Zum Glück haben Sie sich vorher aber schon wieder einigermaßen beruhigt, so dass jetzt alle Beteiligten ganz sachlich und ohne Schuldzuweisungen über die bestehende Situation im Bilde sind.

Dann wäre jetzt ja alles geklärt. Der Drohbriefverfasser möchte Ihre Freundschaft; Partnerschaft; Ihr Verhältnis zu Ihrem Bekannten zerstören. Eifersucht oder Rache sind sein Motiv. Er kannte Ihre Schwachstellen und wusste genau mit welchen Mitteln er ansetzen musste, um Sie in Angst und Schrecken zu versetzen.

Deshalb auf zur Polizei!?

 

Nein, halt, Moment mal. Bevor Sie allein oder mit Freunden/Familie/Bekanntenweiteren Betroffenen den Weg zur Polizei gehen, sollten Sie erstmal einen Notizzettel zur Hand nehmen und selber alle möglichen Erkenntnisse aufschreiben:

 

  • Erkenntnisse zu den Umständen des Drohbriefeingangs
  • Erkenntnisse zum potentiellen Täter und seinem Motiv
  • Erkenntnisse zu Auffälligkeiten des Drohbriefs
  • Erkenntnisse zur Einschätzung der Bedrohungslage und zu möglicherweise gestellten Forderungen
  • Erkenntnisse über den weiteren Verlauf (Erhalt von weiteren Drohbriefen; Stalkingaktionen; Telefonterror etc.)Das erfordert eine gewisse mentale Stärke, da Sie sich nun nochmals intensiv mit dem Drohbrief und den dazugehörigen Umständen auseinandersetzen müssen. Deshalb sollten Sie dies möglichst im Beisein anderer Personen (z.B. Familie bzw. der Personen, den Sie das anvertraut haben) tun. Denn bedenken Sie doch: 

 

  1. Wollen Sie Ihr Privatleben nur aufgrund der Drohungen des Drohbriefverfassers einschränken? Den Kontakt zu Ihren geliebten Menschen abbrechen und sich vom großen Unbekannten die Wahl Ihres Freundes- & Bekanntenkreises bzw. Partners diktieren lassen?
  2. Wollen Sie ständig in Angst leben und durch falsch geglaubten Schutz für Ihre bekannten Betroffenen Sie auch in die Teufelsspirale aus Angst; Unsicherheit und Verzweiflung mitreinziehen?
  3. Soll das Verfahren etwa eingestellt werden? Ohne dem wahren Täter auf die Spur gekommen zu sein? Die Polizei kann dem wahren Täter nur auf die Spur kommen, wenn Sie viele brauchbare Hinweise haben. Gerade bei anonymen Drohbriefschreiben gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Sie helfen mit Ihren exakten Erinnerungen und Notizen der Polizei den Täterkreis einzuschränken und einen guten Ausgang des Verfahrens (möglichst ohne ergebnislose Einstellung) zu bewirken.

 

Schritt 4: Ein Drohbrief im Posteingang

Das muss dokumentiert werden

 

Bevor Sie jetzt den Drohbrief auseinander nehmen, gehen Sie noch einen Schritt zurück.

Schon die Umstände des Drohbriefeingangs können nützliche Hinweise auf den Täter geben. Halten Sie Ihren Notizzettel bereit und versuchen Sie nach Möglichkeit Antworten auf die folgenden Fragen zu finden:

 

  1. Waren Sie persönlich anwesend, als der Drohbrief in Ihrem Briefkasten* gelandet ist? Sprich haben Sie den Täter gesehen bzw. dabei beobachtet?
  2. War der Täter maskiert/auffällig gekleidet?
  3. Falls Sie zuhause waren, aber zum Zeitpunkt des Drohbriefeingangs die Briefkastenanlage bzw. den Hauseingang/das Umfeld nicht im Blick hatten: Haben Sie verdächtige Geräusche gehört? Das kann auch schon das Aufbrausen eines Automotors oder Motorrades sein, das mit quietschenden Reifen von Ihrem Zuhause davonfährt.
  4. Haben Sie evtl. den Täter sogar gehört? Haben Sie seine Stimme erkannt?
  5. Haben Sie ein verdächtiges Fahrzeug vor Ihrem Haus erkannt? Können Sie sich an das Kennzeichen des Fahrzeugs erinnern?
  6. Können Sie die Tatzeit, an dem der Drohbrief einging, ungefähr eingrenzen? Wann haben Sie vom Drohbrief Kenntnis erlangt? Wann war die letzte Briefkastenleerung, falls Sie beispielsweise in einem Mehrgenerationenhaus leben und sich alle einen Briefkasten teilen.

 

Befragen Sie hierzu am besten auch Ihre Nachbarn, Mieter; Familie, die mit im Haus lebt. Sollen die nicht mitkriegen, worum es genau geht, können Sie ja auch einen Vorwand benutzen (z.B. Sie haben ein wichtiges geschäftliches Schreiben erwartet, bei dem aufgrund irgendwelcher Fristen die Zeit eine wichtige Rolle spielt).

 

* Das gilt natürlich nicht für Drohungen, die Sie per E-Mail erhalten. Hier können Sie den exakten Zeitpunkt ja esowieso nachvollziehen.

Schritt 5: Das ist der Täter

Überführen- aber richtig

 

Sobald Sie den Fragekatalog bearbeitet haben, können wir uns anschließend um den Täter kümmern. Üblicherweise ist der Drohbriefverfasser nicht so dumm, um in seinem Schreiben seine wahre Identität preiszugeben. Trotz seiner Anonymität ist es laut vielen Untersuchungen jedoch eine Person, die aus dem persönlichen Umfeld des Opfers stammt.

Hierzu lassen sich wiederum ganz praktische Überlegungen anstellen:

 

  1. Wer kennt meine (aktuelle) Adresse? Gilt besonders auch für Personen, die schon häufiger (in regelmäßigen/kurzen Abständen) umgezogen sind,
  2. Von dem eingegrenzten Personenkreis: Welcher dieser Personen hat für die ungefähr eingegrenzte Zeit ein Alibi? Diese Frage ist zugegebenermaßen schwer zu beantworten. Denn auf der einen Seite kann der Drohbriefverfasser auch einen Bekannten/Komplizen geschickt haben, um den Drohbrief an den Empfänger zu schicken. Und andererseits muss der/die Betroffene Ihren Bekanntenkreis bzw. die entsprechenden Personen, die in Frage kommen und deren Lebensgewohnheiten genauer kennen. Im digitalen Medienzeitalter, wo viele ihre Freizeitbeschäftigungen auf Facebook & Co posten, lässt sich zwar vieles nachvollziehen. Um eine persönliche Befragung der verdächtigen Personen werden Sie jedoch nicht herumkommen. Sollten Sie sich dabei nicht geschickt anstellen, könnte der wahre Täter wissen, dass Sie ihm auf der Spur sind und sich entsprechend darauf einstellen. Insofern können Sie erstmal nur sporadisch selektieren. Genauere Ermittlungen sollten Sie dann der Polizei überlassen.
  3. Welcher von den verdächtigen Personen hat ein Motiv? Denken Sie zurück an evtl. Streitigkeiten; Eifersuchtszenen etc. Ziehen Sie das Verhaltensmuster der verdächtigen Bekannten dabei heran. Die digitalen Medien können Ihnen.- sofern Ihre Bekannten dort aktiv sind, dabei helfen. Denn je nachdem wie intensiv Ihr Kontakt ist/war, lässt sich das im Nachrichtenverlauf von Facebook & Co herausfiltern.
  4. Sollte der Drohbrief irgendwelche Beilagen (tote Ratten etc.) enthalten, überlegen Sie auch wer von den betreffenden verdächtigen Personen, am ehesten Zugang zu solchen "Materialien" haben kann. Auch das ist natürlich nur eine sporadische Selektion. Schließlich kann sich heutzutage über viele Mittel und Wege jeder fast alles beschaffen

 

Schritt 6: Der Drohbrief mit den Buchstaben aus der Zeitung

Im Bild sein

 

Vielleicht müssen wir uns aber auch gar nicht so sehr auf den Drohbrief konzentrieren, wenn das eigentliche Schreiben schon mehr aussagt über den Täter, als er es eigentlich wollte.

Anhand der sauber ausgeschnittenen und aufgeklebten Buchstaben, erkennt der Zeitungsfreund mit Sicherheit, ob unser Täter die Bild oder eine andere Zeitung liest. Das dürfte für Sie jedoch nur in Ausnahmefällen relevant sein (es sei denn Sie können hundertprozentig sagen, dass nur dieser eine von Ihren 100 eingegrenzten Verdächtigen die Bildzeitung liest und die Buchstaben der Bildzeitung zuzuordnen sind).

Ansonsten sollten Sie sich lieber auf folgende Merkmale konzentrieren:

 

  1. Verwendet der Verfasser auffällige Formulierungen im Brief? Bestimmte Ausdrücke; Redewendungen, die Sie einer bestimmten Person zuordnen können? Sofern Ihre verdächtigen Bekannten in sozialen Netzwerken aktiv sind, können Sie hier wiederum die mit Ihnen geführten Gespräche (über Whatsapp; Facebook; Twitter etc.) zu Rate ziehen.
  2. Sofern der Drohbrief per Hand geschrieben wurde: Erkennen Sie die Schrift wieder? Entdecken Sie Auffälligkeiten an der Schrift, die Sie bei Bekannten schon mal gesehen haben?
  3. Verwendet der Verfasser evtl. sogar aus Dummheit oder weil er bewusst eine Eskalation herbeiführen will, seinen echten Namen?
  4. Taucht im Brief ein Pseudonym auf, dass der Verfasser verwendet? Ein Spitzname zum Beispiel von Ex-Freunden etc.? Wenn ja, kennen Sie dessen Bedeutung?

Schritt 7: Die Forderungen

Das Ziel des Täters

 

Die alles entscheidende Frage am Ende habe ich Ihnen aber noch nicht gestellt. Die Frage, über Ihre verbliebene Lebensqualität entscheidet: Was will der Drohbriefschreiber von mir?

 

  • Stellt er mir im Brief Forderungen?
  • Will er Geld? Rache? Den Kontaktabbruch zu bestimmten Personen aus Eifersucht? Ist er in mich verliebt? Etc.
  • Wie schlimm empfinde ich persönlich die Bedrohungslage? Was denke ich würde passieren, wenn ich den Forderungen nicht nachkomme?
  • Besteht die Bedrohung nur auf dem Papier oder erhält Sie durch konkrete weitere Handlungen Einzug in mein Leben? Fühl ich mich beobachtet, erhalte ich weitere Drohbriefe, (nächtliche) ungewollte Anrufe? Werde ich verfolgt? Zeigt sich der Täter in meinem Alltag, indem er Dinge weiß, die mich beängstigen? Versucht er meinen Alltag zu manipulieren?Das sind mit Abstand die quälensden Fragen, die sich jeder Betroffene irgendwann stellt. Die Antwort darauf kennen nur Sie allein.Sofern die Lage nicht wirklich akut ist, sollten Sie sich nicht in Ihrem Privatleben einschränken lassen, geschweige denn den Forderungen nachgeben.
  • Je nachdem wie Sie ausfällt, können Sie sich selbst am besten denken wie Sie reagieren sollten.

Schritt 8: Der Gang zu den Ermittlungsbehörden

Die Polizei, dein Freund und Helfer

 

Bei Gefahr für Leib und Leben sollten Sie ohnehin Polizeischutz in Anspruch nehmen.

Das können Sie der Polizei aber noch einmal genauer erklären, wenn Sie mit Ihren gesammelten Erkenntnissen auf Sie zugehen.

Berücksichtigen Sie bei den Angaben, die Sie machen aber folgendes:

 

  1. Versuchen Sie möglichst präzise Angaben zu machen. Je exakter die Angaben über Ihre eigenen Erkenntnisse ausfallen, umso größer ist ein evtl. Ermittlungserfolg.
  2. Sprechen Sie Beschuldigungen und Verdachtsmomente allerdings nur nach gründlicher Überlegung aus.
  3. Versuchen Sie trotz Ihres emotionalen Ausnahmezustandes fair und sachlich zu argumentieren, wenn Sie einen Verdächtigen benennen.

 

So stehen die Chancen am besten, dass der Täter identifiziert und seiner gerechten Strafe zugeführt wird.

Und Sie wieder in Ruhe und Frieden leben können.

Autor seit 11 Jahren
16 Seiten
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