Pflegebdürftige Eltern (Bild: (c) Gerd Altmann / pixelio.de)

Es gibt weniger Mehr-Generationen-Haushalte

Pflegebedürftige Eltern waren vor 50 Jahren noch einfacher zu versorgen. Damals war es normal, dass sich mehrere Generationen ein Haus teilten und somit die Älteren zusammen mit den Jüngeren lebten. Eine gegenseitige Versorgung im Krankheitsfalle war dadurch leichter zu bewerkstelligen. Die Wege zwischen Krankenlager und der eigenen Wohnung waren sehr kurz. In der heutigen Zeit mit wechselnden Arbeitsplätzen und reduzierter Ortsgebundenheit, verschlägt es den Nachwuchs aber immer häufiger in andere Städte oder teilweise sogar Länder. Eine Pflege der Eltern ist da kaum noch zu bewerkstelligen.

Wer ist für die Pflege zuständig?

Und dadurch gehörte auch die Betreuung der älteren Verwandten zu ihrem Aufgabengebiet. In der heutigen Zeit wollen Frauen aber nicht nur immer häufiger arbeiten, sondern müssen dies aus finanziellen Gründen sogar. Neben einem Job, dem Haushalt und der Kinderversorgung ist da nicht mehr viel Spielraum für eine angemessene Altenpflege. Und der Mann? Dieser ist weiterhin stark in seine Arbeit vertieft und kann deshalb keine Pflegetätigkeit übernehmen. Wer bleibt da also noch übrig?

Pflichtgefühl wird durch Individualität abgelöst - Kinder fühlen sich ihren Eltern mittlerweile weniger verpflichtet

"Und das, nach allem, was wir für Dich getan haben!" Dies ist ein Spruch, der gerade von der älteren Generation immer wieder gern gebraucht wird, um bei den eigenen Kindern Schuldgefühle hervor zu rufen. Und was haben sie nicht alles getan: Sie gaben ihrem Kind ein Heim, Kleidung, Liebe und alles was es zum Leben brauchte. Also ist es doch nicht zu viel verlangt, wenn die Eltern dasselbe von ihren Kindern erwarten. Doch die Kinder sehen dies mittlerweile nicht mehr ganz so konsequent wie die Eltern. Schließlich sollte kein Mensch für seine Eltern leben. Das eigene Leben zu verwirklichen ist mittlerweile ein höheres Ziel geworden. Kritiker mögen unterstellen, dass dies mit Egoismus gleichzusetzen ist. Zyniker setzen dagegen, dass der Nachwuchs schließlich nicht darum gebeten hat, geboren zu werden und dies allein die Entscheidung der Eltern war. Die darauffolgende Kinderversorgen war eine daraus resultierende biologische Notwendigkeit ohne Gegenverpflichtung seitens der Kinder.  

Doch die Moral ist noch immer die Gleiche

Und auch, wenn der Nachwuchs sehr gute Gründe hat, seine Eltern nicht selbst pflegen zu können und sie im besten Altersheim der Gegend unterbringt, wird dies gesellschaftlich noch immer als unmoralisch und undankbar gewertet. Viel zu oft werden dann Stimmen laut wie "die haben ihren armen Vater einfach ins Altersheim abgeschoben." Dass die Kinder vielleicht gar nicht körperlich, zeitlich oder aus sonstigen Gründen die notwendige Pflege leisten können, wir häufig ignoriert. Dabei gibt es viele Krankheitsbilder, bei denen ungelernte Pflegekräfte schlicht und ergreifend überfordert sind. Den alten Menschen täte man nicht unbedingt etwas Gutes, wenn sie im Falle einer schweren Erkrankung eher Zuhause gepflegt würden, als von geschultem Personal.

Trotzdem hinterlässt die gesellschaftliche Stigmatisierung natürlich auch Spuren bei den Kindern. Selbst, wenn das Verhältnis zu ihren Eltern das denkbar schlechteste ist oder logische Gründe gegen eine häusliche Pflege sprechen, verspüren viele dennoch tiefe Schuldgefühle, wenn sie die Pflege verweigern. Die moralische Impfung ist bei ihnen viel zu wirksam.

Laden ...
Fehler!