Vom Bitcoin-Killer zum Krypto-Scam

2014 wurde die Kryptowährung OneCoin gelauncht und sollte eigentlich das nächste große Ding im Kryptouniversum werden. Denn im Gegensatz zu anderen Blockchains sollte One Coin auf einer zentralisierten Blockchain laufen. Ruja Ignatove bezeichnete den von ihr geschaffenen Coin gerne auch als "Bitcoin-Killer". Bei einer dezentralen Blockchain ist alles öffentlich und die Blöcke werden entweder über den Proof-of-Work oder den Proof-of-Stake Konsensmechanismus validiert. Jeder Schritt kann nachvollzogen werden. Bei einer zentralisierten Blockchain ist das nicht so, weil diese nicht öffentlich einsehbar ist. Dadurch konnte der Wert von One Coin vom Unternehmen selbst bestimmt werden und nicht durch Angebot und Nachfrage, so wie das "normalen" Kryptos der Fall ist. Dumm nur, dass es nie eine One-Coin Blockchain gab.

Außerdem baute Ruja Ignatova gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Sebastian Greenwood ein ausgeklügeltes Multi-Level Marketingsystem auf. Ebenso holt sie ihren Bruder Konstantin Ignatov in das Unternehmen. Die Schulungsmaterialien waren allerdings zum Teil schamlos bei anderen Anbietern geklaut. Die billigsten Pakete kosteten ein paar hundert Euro, die teuersten konnten gut und gerne mit 118.000 Euro zu Buche schlagen. Wer neue Käufer warb, verdiente daran mit. Der Verdienst wurde in One-Coin und Bargeld ausgeschüttet. One Coin wächst bis 2016 zu einem Mega-Imperium heran.

Dr. Ruja Ignatova

Dr. Ruja Ignatova (Bild: onecoincorporation / Flickr)

Ruja Ignatova - die Frau hinter dem Krypto Scam

Eigentlich liest sich die Geschichte von Ruja Ignatova zunächst wie eine Erfolgsstory. Geboren wurde sie 1980 in Russe, Bulgarien. Als Ruja zehn Jahre alt war, wanderten die Eltern gemeinsam mit ihr und ihrem Bruder nach Deutschland aus und fanden eine neue Heimat im idyllischen Schwarzwald, genauer gesagt in Schramberg. Dort besuchte Ruja Ignatova die Schule und konnte sowohl in der Grundschule als auch im Gymnasium eine Klasse überspringen. Ihre ehemaligen Klassenkameraden beschreiben sie aber damals schon als etwas arrogant und sehr auf ihren Vorteil bedacht. Es gibt Mitschüler, die sagen, dass Ruja jemand war, den man nicht gerne in seinem Umfeld hatte und noch weniger etwas anvertraute. Ebenso hatte sie schon zu Schulzeiten einen Hang zu extravaganter Kleidung und trug schon dort ihr Markenzeichen: Knallroten Lippenstift.

Nach ihrem Abitur studierte Ruja Ignatova Jura an der Universität Konstanz. Sie erhielt ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung und promovierte in ihrem Fach. Ihren Master machte Ignatova an der englischen Elite-Uni Cambridge. Außerdem hätte sie ein Master - Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fern-Universität Hagen abgeschlossen. Diese Angaben sind aber nicht verifiziert. Nach ihrem Studium arbeitete sie bei McKinsey und managte einen bulgarischen Vermögensfonds.

 

(Bild: TheDigitalArtist / Pixabay)

Vorwurf der Insolvenzverschleppung

2010 übernahm Ruja Ignatova gemeinsam mit ihrem Vater Plamen Ignatov, das Gußeisenwerk in Waltenhofen im Allgäu, das kurz zuvor Insolvenz anmelden musste. Plamen Ignatov ist übrigens Diplomingenieur in der Gießereitechnik. Nachdem sich Ignatova zunächst als Retterin feiern ließ und der Belegschaft bei ihrer Vorstellung eine deftige Brotzeit spendierte, zog sie schon bald den Unmut der Belegschaft auf sich.

2012 musste das Unternehmen erneut Insolvenz anmelden. Vier Tage, nachdem Ignatova und ihr Vater klammheimlich an einen offensichtlichen Strohmann verkauft hatten. Die Vorwürfe des Insolvenzverwalters sind heftig: Die beiden sollen viel Geld aus der Firma gezogen haben, Produktionsanlagen und Maschinen verkauft haben. Der Abtransport einer Alugussanlage nach Bulgarien konnte im letzten Moment verhindert werden. Sowohl die IG Metall als auch die Sparkasse erstatten Anzeige gegen die Ignatovs. Das Werk ist nicht mehr zu retten, 160 Menschen verlieren ihre Arbeit und bis heute kann die Immobilie nicht gewerblich genutzt werden.

Im April 2016 wird Ruja Ignatova vom Amtsgericht Augsburg zu einer Bewährungsstraße wegen Insolvenzverschleppung, Verletzung der Buchhaltungspflicht und Betrugs verurteilt. In seinem Schlussplädoyer spricht der Staatsanwalt von einer gewissen kriminellen Energie.

Während dieser Zeit sammelt "Dr. Ruja" weltweit schon fleißig Geld für One Coin bei den Anlegern ein.

Das Kartenhaus zerbricht

Die Werbeveranstaltungen für One Coin sind, vorsichtig ausgedrückt, bombastisch und das System "One Coin" hatte schon fast sektenartige Züge. Ruja Ignatova bezeichnet ihren Coin immer wieder als "Bitcoin-Killer". Hinter den Kulissen aber spricht sie von einem "Trashy Coin". Dr. Ruja genießt ihren Reichtum, trägt teure Designerkleidung, behängt sich mit Klunkern und kauft eine Yacht, die Davina, sowie Luxusimmobilien. Es ist sogar die Rede von Appartments und Wohnungen, die nur dazu dienen, das Bargeld aufzubewahren, das Ignatova und ihre Geschäftspartner verdienen. Denn, wir erinnern uns, One-Coin ist nichts anderes als ein gigantisches Schneeballsystem. Eine Blockchain existierte nie und die Anleger hatten nie die Möglichkeit ihre One-Coin in Fiat-Geld oder andere Kryptowährungen zu tauschen. Die geplante Börse ging nie online und selbst die hauseigene Handelsplattform Dealshaker akzeptiert den Coin nur zum Teil als Zahlungsmittel.

2017 zerbricht das Kartenhaus und die Behörden kommen "Dr. Ruja" und dem One-Coin Scam langsam auf die Schliche. Schon im September 2016 hatte der Finanztest vor One-Coin gewarnt. Im April 2017 verbot die Bafin die Geschäftstätigkeit von One-Coin in Deutschland und fror die Anlagegelder ein.

Die meistgesuchte Frau der Welt

Im Oktober 2017 sollte ein Investorentreffen in Lissabon/Portugal stattfinden. Doch "Dr. Ruja" tauchte nicht auf. Am 25. Oktober 2017 flog Ruja Ignatova von Sofia nach Athen und wurde dort von zwei russisch sprechenden Männern empfangen. Seitdem ist sie verschwunden. Es soll aber immer wieder Sichtungen gegeben haben, beispielsweise in Dubai, wo sie gut vernetzt ist. Ebenso könnte es sein, dass sie sich in Russland aufhält, wo sich ja angeblich auch Jan Marsalek (Wirecard) befindet. Es wird auch immer wieder vermutet, dass sie mit ihrer Yacht durch das Mittelmeer kreuzen soll. Angeblich wurde sie in Küstenorten mehrerer Anrainerstaaten gesehen. Im Juni 2022 kam sie auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher der Welt. Der Betrug war wohl nicht der einzige Grund, warum Ruja Ignatova sich aus dem Staub gemacht hat. Denn es gibt das Gerücht, dass auch einige ziemlich zwielichtige Gestalten in One Coin investiert haben - und die kennen bekanntlich keinen Spaß, wenn es ums Geld geht.

Nachdem Ruja Ignatova verschwunden war, übernahm zunächst der Bruder Konstantin Ignatov die One-Coin Geschäfte. Der wurde dann allerdings im März 2019 in Los Angeles verhaftet und ist einen Deal mit dem FBI eingegangen und packt seitdem fleißig über One-Coin aus.

 

Prozess mit Schwierigkeiten

Einer der Geldwäscher - Christopher Hamilton - wurde mittlerweile an die USA ausgeliefert. Rund 105 Millionen Dollar soll er über das Unternehmen Viola Asset Management für One Coin gewaschen haben. Das Geld wiederum kam von Gilbert Armenta der Verbindungen zu Ignatova gehabt haben soll. Hamilton kontrollierte diese Konten und sein Mitangeklagter Robert McDonald war Compliance-Beauftragter.

Außerdem soll Hamilton gemeinsam mit McDonald Gilbert Armenta rund 32 Millionen US-Dollar gestohlen haben. Ruja Ignatova wurde 2019 in Abwesenheit in den USA wegen Wertpapierbetrugs, Geldwäsche und Postbetrugs verurteilt.

Im August 2022 sollte eigentlich der Prozess in Deutschland fortgesetzt werden, wegen einer akuten Erkrankung eines Angeklagten wurde die Hauptverhandlung aber verschoben. Angeklagt sind drei Komplizen die Gelder der Anleger auf Konten im Ausland transferiert haben sollen. Ihr ehemaliger Partner Sebastian Greenwood wurde in Thailand verhaftet. Ebenso ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen ihren Ex-Ehemann. Die Kryptoqueen bleibt aber verschwunden.

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