Entsprechen Onkel Montagues Schauergeschichten der Wahrheit?

Wieder einmal besucht der junge Edgar seinen weitläufig mit ihm verwandten Onkel Montague. Der Grund hierfür liegt weniger darin, dass er den komischen alten Kauz liebgewonnen hätte, als vielmehr in dessen unzähligen Schauergeschichten, die er nur allzu gerne mit dem Jungen teilt. Anfangs glaubt Edgar, ihm könne nichts Angst machen.

Als ihm sein Onkel gesteht, dass seine Schauergeschichten der Wahrheit entsprächen und sich tatsächlich zugetragen hätten, hält ihn Edgar für verrückt.  Doch je weiter der Tag voranschreitet, desto dichter wird der Nebel vor dem unheimlichen Anwesen. Und dann ist da noch Onkel Montagues Diener Franz, den Edgar nie zu Gesicht bekommt, ganz zu schweigen von den mysteriösen Geräuschen in dem riesigen Haus …

Gruselgeschichten, nicht für Zartbesaitete!

Ganz ehrlich: Ich war skeptisch, als ich vor wenigen Tagen auf der Suche nach neuen Hörbüchern auf "Onkel Montagues Schauergeschichten" von einem gewissen Chris Priestley stieß. Es sollten Gruselgeschichten für Kinder und Jugendliche sein, was mich alles andere als verzückte. Die fast durchwegs positiven, ja, geradezu vor Begeisterung überschäumenden Kritiken bewogen mich dazu, dem Hörbuch eine Chance zu geben.

Von Beginn weg wurde ich höchst angenehm überrascht: Das etwas mehr als zweihundertseitige Buch wird nicht einfach vorgetragen, sondern mit diversen Soundeffekten und einer wiederkehrenden Erkennungsmelodie gehörig aufgepeppt. Was mich letztendlich in den Bann zog, waren aber natürlich die "Schauergeschichten" selbst, die wahrlich nichts für Zartbesaitete sind, egal welchen Alters.

Originelle Rahmenhandlung von Chris Priestley

Nebel in Wer sich Gespenstergeschichten für Kinder erwartet, wird - je nach Vorliebe fürs Horrorgenre - auf angenehme oder haarsträubende Weise verblüfft. Doch der Reihe nach: Die Rahmenhandlung von "Onkel Montagues Schauergeschichten" nimmt das Interesse des kleinen Edgar an den Erzählungen seines über sieben Ecken mit ihm Verwandten ein.

Dabei werden die Geschichten nicht zusammenhanglos abgespult, im Gegenteil: Sie ergeben sich aus den Zwiegesprächen des Jungen mit dem alten Kauz und werden stets durch bestimmte Gegenstände inspiriert.

Auch die Rahmengeschichte selbst spielt eine tragende Rolle und klärt sowohl Edgar, als auch den Leser über Onkel Montagues Geheimnis auf. Dass dieser ein solches mit sich trägt, ist von Beginn weg klar, wohnt er doch fernab aller Verwandten in einem unheimlichen alten Haus und beschäftigt einen seltsamen Diener. Gerade in diesem Punkt merkt man Chris Priestleys Bemühen um eine in sich abgeschlossene Handlung an, die so ganz anders als so manch andere lieblos zusammengestellte Kurzgeschichtensammlung anmutet.

Spannende Schauergeschichten

Die Qualität von Priestley Schauergeschichten ist durchwegs hoch und die Texte sind gleichermaßen spannend, wie auch stilistisch flüssig zu lesen. Obwohl auf allzu explizite Gewaltdarstellungen verzichtet wird, können einige der Erzählungen als Horrorgeschichten gelten und sind wohl nicht unbedingt für Kinderaugen (oder -ohren) geeignet. Vielleicht macht aber auch dieser Umstand gerade den Reiz für jüngere Leser aus.

Nahe an Roald Dahl

Angenehm überrascht war ich als anspruchsvoller Leser düsterer Geschichten insbesondere vom Stil und der Tiefe der Texte. Naturgemäß lassen sich Kurzgeschichten nicht mit Romanen vergleichen, was die Komplexität der Handlung oder die Charakterisierung der Figuren betrifft. Dennoch schafft es Priestley mit jeder Erzählung, den Leser sofort in den Bann zu schlagen und ihn atemlos weiterlesen (bzw. weiterhören) zu lassen um zu erfahren, was dem Protagonisten wohl widerfahren wird.

Um es vorwegzunehmen: Meist trifft die Hauptfiguren ein dunkles, makabres Schicksal, was natürlich an Priestleys Landsmann Roald Dahl erinnert, der gleichfalls eine Vorliebe für fiese Plotwendungen hegte 

Empfehlenswertes Debütwerk „Onkel Montagues Schauergeschichten“

Falls man dem Chris Priestley Debütwerk "Onkel Montagues Schauergeschichten" auf Biegen und Brechen einen Kritikpunkt abringen möchte, dann höchstens jenen, dass er das Ende seiner Texte mitunter etwas zu ausführlich erklärt, als traue er dem Leser nicht zu, die eindeutigen Anspielungen bzw. Erklärungen voll und ganz zu verstehen. Außerdem ist manchmal klar vorhersehbar, wohin sich die Geschichte entwickeln wird, sodass der "überraschende" Schluss nicht so originell wie beabsichtigt daherkommt.

Trotzdem kann ich als begeisterter Leser von Grusel- und Horrorgeschichten allen Fans des Genres "Onkel Montagues Schauergeschichten" nur wärmstens empfehlen. Insbesondere kalte, ungemütliche Herbst- und Winterabende sollten mit dieser Lektüre erträglicher gestaltet werden. Chris Priestley hat sich für mich jedenfalls für weitere Leseabenteuer klar empfohlen!

Originaltitel: Uncle Montague's Tales of Terror

Autor: Chris Priestley

Veröffentlichungsjahr: 2010 (deutsche Ausgabe), 2007 (englische Originalausgabe)

Seitenanzahl: 224 Seiten

Verlag: loomsbury Kinderbücher & Jugendbücher

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