Vietnam - Hauptlieferant des Pangasius

Mit 90 Prozent aller Fischfarmen zählt Vietnam zu den Hauptlieferanten für diesen Aquakultur-Fisch. In den letzten Jahren konnte man jährliche Wachstumsraten im zweistelligen Bereich verzeichnen. Innerhalb eines Jahrzehnts ist die Jahresproduktion von 100.000 Tonnen auf über eine Million Tonnen im Jahr 2008 gestiegen, die vor allem nach Europa exportiert werden.

Die steigende Nachfrage nach Pangasius und das damit verbundene rasante Wachstum der Fischfarmen haben dazu geführt, dass man in Vietnam inzwischen Probleme hat, die geforderten Qualitäts- und Umweltstandards einzuhalten. Bemängelt werden Geschmack und Reinheit der Fische, die Zucht, der Fang und ökologische Aspekte.

Kein Wunder, belegt der Menkong doch einer Rangliste des World Wildlife Fund (WWF) zufolge  Platz 2 der schmutzigsten Flüsse der Welt!

Falsches Bild durch die Werbung

Gerne wird auf Fisch-Verpackungen mit dem Foto eines Fischkutters und dem Slogan "Aus den schnell fließenden Gewässern des Mekong" geworben. Hierbei handelt es sich jedoch nur um Phantasien der Werbung. Realität ist, dass sich im vietnamesischen Megong-Delta, das zu den schmutzigsten der Welt zählt, eine Fischfarm an die nächste reiht, wo hunderttausende Fische in viel zu kleinen Becken gezüchtet werden. Auf einem Kubikmeter drängen sich zwischen 60-80 Fische.

Für die Tiere bedeutet das großen Stress, Verletzungsgefahr und hohes Infektionsrisiko. Um das auszuschalten und um den Pangasius in etwa 6 Monaten schlachtreif mästen zu können, werden Chemikalien, Medikamente, Pestizide und Antibiotika eingesetzt. Diese Chemie, Fäkalien, Industrieabwässer und Futterreste werden später ungeklärt einfach in den Mekong zurück geleitet. Zuchtbecken, die aufgrund von Verschlammung nicht mehr genutzt werden können, werden trocken gelegt und die Farm zieht einfach weiter. Zurück bleibt ein zerstörter, toter Lebensraum und Schlamm, der in die umliegenden Gewässer abfließt.

Pangasius gilt allgemein als Allesfresser, das heißt er liebt auch pflanzliche Nahrung in Form von Soja, Reis und sogar Bananen. Doch das NDR-Team konnte vor Ort mit der Legende aufräumen, dass dieser Zuchtfisch dadurch geeignet ist, die Überfischung der Meere zu stoppen. Das Gegenteil ist der Fall. Fische werden dort auch mit Fischfutter gemästet. Heimische Fischer fangen die unterschiedlichsten Fischarten aus dem Südchinesischen Meer, die dann zu Pangasius-Futter verarbeitet werden. Für 1 kg Pangasius-Fisch wird etwa dieselbe Menge Wildfisch benötigt.

Das Martyrium für die Fische

Nicht nur die Enge in den Zuchtbecken verursacht bei den Fischen Stress, sondern auch der nach dem Fang anstehende Transport zu den Fischfabriken. Die Dokumentation zeigte, wie sie in großen Transportkörben, übereinander liegend - ohne Wasser - zu einem Transportschiff gebracht werden. Der Druck, der dabei auf den unten liegenden Fischen lastet, liegt bei über 100 Kilogramm.

Auf dem Schiff werden sie mit anderen Fischfängen in Wasserbehälter geschüttet. Cirka 20 Tonnen Fisch pro Boot werden auf diese Weise transportiert. In großen Plastikkörben werden sie nach Ankunft des Schiffes nochmals zu den Fischfabriken gebracht, wo sie - nach langem Martyrium - den Todesstich erhalten.

 

Qualitätsmängel beim Fisch

Der Nährstoffgehalt des Pangasius ist geringer als bei vielen anderen Zucht- oder Seefischen, kein Speisefisch ist wässriger (80 Prozent Wasser!), fast keiner ist ärmer an Vitaminen, aber er ist billig und das erklärt den rasanten Einzug in europäische Küchen, Kantinen und Restaurants.

Untersuchungen der Hamburger Verbraucherzentrale und des österreichischen Verbrauchermagazins "Konsument" haben ergeben, dass Pangasius häufig mit Phosphaten, Zitronensäure oder Nitraten angereichert ist. Das geschieht in den Fischfabriken, damit das Fleisch Wasser speichert und schwerer wird. Bis zu 20 Prozent Wasserbindung sind damit möglich. Dieses Verfahren ist erlaubt, aber umstritten und muss auf der Verpackung deklariert werden. Der Konsument erhält also nicht nur eine Mogelpackung, sondern schadet mit zu vielen Phosphatzusätzen auch seiner Gesundheit.

Antibiotika, das dem Tierfutter in Vietnam beigesetzt wird, war in den Untersuchungen nicht mehr zu finden, was nicht wundert, da es etwa 3 Wochen vor der Schlachtung abgesetzt wird und danach im Fleisch nicht mehr nachzuweisen ist.

Verpflichtung zu höheren Standards sollte bis 2015 erfolgen

Laut Aussage der WWF Fischerei-Expertin, Christine Zucco, ist seit dem Besuch in Vietnam im November 2010 einiges geschehen. Die kritische Bewertung der Pangasiuszucht hat bei Regierung und Pangasiusindustrie für Aufruhr gesorgt. Man befürchtete finanzielle Einbußen durch Importstopp der EU oder Boykott der Verbraucher.

Auf Verlangen des WWF hat man sich verpflichtet, die gesamte Produktion auf umweltverträgliche Methoden umzustellen. Bereits im Jahre 2015 sollte jeder zweite Pangasius aus Vietnam aus nachhaltiger Zucht stammen. Die rote Empfehlung im WWF-Fischratgeber "Besser nicht" wurde daher in "Zucht in Umstellung" geändert. Der Umstellungsprozess wird vom WWF in den nächsten Jahren weiterhin regelmäßig überprüft werden. Ob die Umstellung der Fischzucht tatsächlich in vollem Umfang gelungen ist, ist schwer nachzuverfolgen.

Pangasius-Zucht im Mekong-Delta

Auch Abnehmer und Konsumenten sind gefordert

Die Produzenten in Vietnam unterliegen einem immensen Preisdruck und können es sich oft nicht leisten, in umweltverträgliche Produktionen zu investieren und sich zertifizieren zu lassen. Dafür ist die finanzielle Unterstützung ihrer Handelspartner nötig.

In Deutschland haben sich fast alle Supermärkte dazu verpflichtet, ihren Kunden umweltverträgliche Fischprodukte anzubieten. Diese erkennt man am MSC Siegel (Marine Stewardship Council), das 1997 eingeführt wurde beziehungsweise bei Fisch aus Bio-Aquakulturen am Bio-Siegel. Der Bio-Anteil bei Pangasius liegt weltweit allerdings noch unter 1 Prozent. Tendenz steigend.

Trotz aller Negativ-Kritik ist der Sektor Aquakultur der am schnellsten wachsende Sektor was tierliche Produkte angeht, was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass vielen Verbrauchern die Zuchtmethoden, Transport- und Schlachtbedingungen nicht bekannt sind.

Zwischen 1980 und 2012 wuchs er um durchschnittlich 8,6 Prozent pro Jahr. Laut Information der Albert-Schweitzer-Stiftung werden über 66 Millionen Tonnen Fisch sowie Krebs- und Weichtiere inzwischen in Meeres- und Süßwasserzuchten gemästet, was mit über 42 Prozent fast der Hälfte des Gewichts der weltweit verzehrten Wassertiere entspricht. 88 Prozent der globalen Aquakulturproduktion erfolgt in Asien, insbesondere in China. In Europa ist deren Anteil mit nur 4,3 Prozent der weltweit produzierten Menge noch sehr gering.

Ebenso wie beim Fleisch aus Massentierzucht müssen sich Verbraucher aber darüber bewusst sein, dass die Nachfrage nach Billigfleisch und Billigfisch immer Leid und Umweltschäden zur Folge hat. Dasselbe gilt inzwischen übrigens auch für Süßwasserfische wie Karpfen, Forelle oder Tilapia sowie Meeresfische wie Lachs, Dorade, Heilbutt oder Thunfisch.

Informationen darüber, welche Fische man guten Gewissens essen kann, geben der WWF und Greenpeace.

 

Autor seit 10 Jahren
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