Die Wandlung des Angstobjekts zum Kultsymbol

Totenköpfe sind wieder in Mode? Irgendwie waren sie das wohl immer, nur der Zweck, die Art und Weise, wie der Totenkopf benutzt wurde, hat sich seit Jahrhunderten regelmäßig verändert. Piraten gaben mit ihrer schwarzen Totenkopf-Fahne weithin jedem anderen Schiff ihre Einstellung und den Grund ihrer Seefahrt zu erkennen: Überfälle, Raubzüge, was den Totenkopf zu einem negativ belasteten Symbol werden ließ. Der Umgang mit dem Symbol des Todes war früher häufig von makabrem Charakter geprägt. Shakespeares Hamlet etwa trägt in dem wohl berühmtesten Dialog der Theatergeschichte einen Schädel sinnierend vor sich her und spricht die melancholischen Worte aus: "Sein oder Nicht-Sein, das ist hier die Frage." Eine ganz andere Frage ist heute der modische Aspekt des "Skulls", wie er neu-deutsch genannt wird. Auf T-Shirts gedruckt oder als Anhänger aus Metall an Schlüsselbändern, auf Schnürsenkeln oder als Button erlebt der Totenkopf in vielen Variationen seit Jahren eine ganz neue Verwendung. Er wird schick, kommt in Mode. Heutzutage ist es nicht mehr makaber, sich mit dem einstigen Abbild des Todes zu zeigen. Wie kam es dazu?

In London schon lange in Mode

Modedesigner, wie z.B. Karl Lagerfeld oder Ralph Lauren, die für ihre oftmals verrückten Ideen bekannt und geliebt sind, entwerfen seit Jahren immer mehr Kollektionen, in denen der Totenkopf ein fester Bestandteil ist. War es Provokation? Ein neuer Tabubruch? Fest steht, dass Mode in der heutigen, schnelllebigen Zeit schockieren muss, um aufzufallen. Eine geschaffene aufregende, wiedererkennbare Marke ist daher Gold wert und kann zu hohen Preisen verkauft werden. Der Totenkopf-Look ist zurzeit ein Phänomen der Jugend und des lockeren Kleidungsstils. Schwer vorzustellen, dass man Anzug mit Totenkopf-Krawatte trägt. Aber auch dies ist möglich oder wird es vielleicht bald sein. Der aufgedruckte Schädel gefällt den Kunden so sehr, dass sich die großen Textilketten ganz selbstverständlich Pullover, Schnürsenkel oder Mützen mit entsprechenden Drucken in die Läden hängen. Auch im Schmucksegment war bereits genannter Karl Lagerfeld Vorreiter: Er trägt seit Jahren seinen Totenkopf-Ring zum feinen, schwarz-weißen Zwirn. Heute gibt es Ketten, Ohrringe oder anderen Körperschmuck. Die angesagte Bauchfrei-Mode in diesem Jahr paart sich mit dem immer noch aktuellen Hipster- / Boho-Chick, dessen Symbole aus dem mystisch-verruchten Milieu stammen. Dies lässt einen abgeflauten Trend vergangener Tage zu neuem Leben erwachen: das Bauchnabelpiercing. Produktpaletten von Piercings, wie diese, reichen daher wieder von Totenköpfen über Anker, Kreuze und Traumfänger in den unterschiedlichsten Formen und Farben.

Ein Totenkopf für Jedermann

Und es geht weiter: für die Schule Federtaschen oder Kugelschreiber, in der Küche Kaffeetassen, im Schlafzimmer die Bettwäsche: Nichts, was nicht mit einem Totenkopf bedruckt werden kann. Hollywood-Produktionen, wie "Piraten der Karibik" haben sicherlich einen großen Teil zu der Beliebtheit beigetragen. Früher ein Tabu, weil es als Zeichen der Morbidität galt und höchstens unter Punks und "Grufties" beliebt war, gilt es heute als rockig und schick, mit einer Totenkopf-Tasche in die Schule zu gehen.

Der Hamburger Fussballverein FC St. Pauli wählte sein Logo gewiss wegen der angsteinflößenden, machtausstrahlenden Wirkung des stilisierten Schädels, die er früher hatte. Doch nun sind es eben auch modisch-schicke Fans, die in ihren St. Pauli Totenkopf-Shirts ihre "Piratenfahne" schwenken und dem Lieblingsverein zujubeln. So spielt das Leben.

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