Prachatice – Stadt mit historischer Mitte in Südböhmen
Zu den schönsten Städten in Südböhmen gehört Prachatice mit seinen vielen Bauten aus der Spätgotik und der Renaissance.Sehenswürdigkeiten
In das historische Zentrum von Prachatice geht es durch die Doppeltoranlage des Písecka-Tors, auch Dolni-Tor oder Unteres Tor genannt.Es stammt aus dem 16. Jahrhundert. Über dem Durchgang gibt es ein Bild eines Rosenbergischen Reiters und lateinischen Inschriften. An der Decke des inneren Tors sind Reste von Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert zu erkennen. Weiter stehen noch einige Teile der Stadtmauern und die Bastion Helvit.
Unteres Tor (Bild: haros)
Die spätgotische Kirche des hl. Jakob des Älteren, des Patrons der Händler und Kaufleute, ist mit ihrem 53 Meter hohen Turm seit über 500 Jahren die Dominante der Silhouette von Prachatice. Sie wurde nach einer fast zweihundert Jahre dauernden Bauzeit 1500 fertig gestellt. Der Turm änderte mehrmals während der Jahrhunderte sein Aussehen. Seine heutige Erscheinung erhielt er nach dem Brand von 1832. Der geplante zweite Turm blieb unvollendet. Aus dem frühen 14. Jahrhundert Zeit stammt das Presbyterium, der älteste Teil der Kirche. Hier wurden wertvolle Wandmalereien entdeckt restauriert. Zu der Kirche gehört eine Kapelle, die dem hl. Johann Nepomuk Neumann geweiht ist. Im Innenraum der Kirche gibt es ein Netzgewölbe vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Der Hauptaltar der Kirche wurde im Jahre 1653 von dem Holzschnitzer Jan Webr geschaffen. Auch die Orgel stammt aus dem 15. Jahrhundert. Der Kirchturm darf bestiegen werden. 157 Stufen führen auf eine Galerie in 40 Meter Höhe mit einer Aussicht auf den historischen Stadtkern von Prachatice sowie auf die Landschaft in der Umgebung der Stadt.
Kirche St. Jakob (Bild: haros)
Das Alte Rathaus wurde 1570/71 errichtet. Es ist ein zweistöckiges Renaissance-Palais mit zwei Seitenflügeln. Wegen seines reichen Schmuckes gehört es zu den bedeutendsten Bauten aus der Renaissance in Tschechien. Sehenswert ist vor allem die Gestaltung der Fassade zum Platz. Die ist mit "chiaroscuro"-Technik wahrscheinlich vom Maler Jan Breznicky geschaffen. Zu besichtigen sind der Ratssaal sowie die Renaissancekeller. Im Alten Rathaus befindet sich auch die Touristeninformation.
Das Neue Rathaus mit einem eckigen Prismenturm wurde 1903 nach Plänen des Wiener Architekten Anton Schurda im Stil der Neorenaissance erbaut. Es ist die Dominante des Großen Hauptplatzes. Die Sgraffiti schuf der Maler Jan Viertelberger. Die Statuen sind ein Werk des Bildhauers Jiri Leiska. In der Nische des Giebels steht die Statue einer Frau, die sich auf ein Schwert stützt. Das ist Prachaticia, die Patronin und Beschützerin der Stadt. Im Neuen Rathauses gibt es den beeindruckenden Ausstellungsraum "Atrium Wintergarten", der durch Überdachung des Innenhofes des Rathauses mit Glas entstand.
Neben dem Neuen Rathaus anknüpft spielt seit 1883 das Städtische Theater. Von diesem Bau hier gibt es eine der schönsten Aussichten auf den Stadtkern und den Kirchturm von St. Jakob.
Altes Rathaus (Bild: haros)
Neues Rathaus (Bild: haros)
Das Fürstenhaus hat eine reich verzierte Fassade. Die interessanten Sgraffiti haben deutsche Inschriften. Das Haus wurde 1572 errichtet und 1625 bis 1627 umgebaut. Später war es der Sitz der Verwaltung des Gutes der Schwarzenberger.
Im so genannten Hus-Haus hat der tschechische Reformator Jan Hus wohl gewohnt, als er die Schule in Prachatice besuchte. Das ursprünglich gotische Gebäude wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert im Stil der Renaissance umgebaut und zeigt eine einzigartige Sgraffiti-Rustika. Im Haus mit zahlreichen Gewölben befindet sich die Stadtbibliothek.
Eine außergewöhnlich bunte Sgraffito-Verzierung zeigt das Heydl-Haus. Seine heutige Form erhielt es durch einen Umbau 1557.
Das Kloster der Schwestern des hl. Karl Borromäus war ursprünglich ein bürgerliches Renaissancehaus. In dem kam Johann Nepomuk Neumann, der Bischof von Philadelphia wurde und heilig gesprochen wurde, 1811 zur Welt. Das Haus wurde nach dem Tode von Neumanns Eltern 1861 in ein Kloster umgewandelt. Der ehemalige Klostergarten ist heute ein Park.
Geschichte
Die Stadt entwickelte sich, wahrscheinlich im Gebiet des heutigen Dorfes Stare Prachatice, am Goldenen Steig. Auf diesem Handelsweg wurde Salz nach Böhmen transportiert. Vom 11. Jahrhundert an gehörte sie dem Domkapitel von Vysehrad. Die neue Stadt entstand am Anfang des 14. Jahrhunderts um den Hauptplatz herum. Zum ersten Mal wurde Prachatice 1323 als Stadt erwähnt. Sie gewann an Bedeutung und erhielt etliche Privilegien. Wichtig war das nur ihr zustehende Recht der Einfuhr von Salz aus Passau.
1420 wurde die Stadt von den Hussiten niedergebrannt. Doch schnell erholte sich die Stadt und wurde 1436 zur Königstadt. Im 16. Jahrhundert erlebte sie ihre größte Blüte und es entstanden viele der heute so sehenswerten Renaissancebauten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg verlor die Stadt ihre Bedeutung und der Verfall begann. So blieb das historische Zentrum aus der Zeit der Spätgotik und der Renaissance erhalten. Auch ein teil der Stadtmauern aus dem 14. Jahrhundert und der Befestigungen aus dem 16. Jahrhundert gibt es noch.
Literatur
- Michael Bussmann und Gabriele Tröger: Südböhmen - Böhmerwald: Reisehandbuch mit vielen praktischen Tipps. Müller Erlangen 2011, ISBN 978-3-8995-3638-6
Bildquelle:
Reisefieber
(Dezember in Goa, Indien)