Babys sind schnell reizüberflutet

Mittlerweile sind sich viele Kinderärzte und Hebammen sicher, dass sich hinter den Drei - Monatskoliken oft keine Schmerzen verstecken, sondern kleine Babys viel weinen, weil sie zu viele Eindrücke auf einmal verarbeiten müssen. Sie agieren dieses zu viel, durch Weinen aus.

Deshalb wird empfohlen, Säuglinge in den ersten Lebensmonaten nicht zu vielen Neuheiten auszusetzen. Aber auch etwas ältere Kinder tolerieren neue Reize noch nicht so gut, wie Erwachsene.

Wer selber Kinder hat wird schon festgestellt haben, dass sie beim Einkaufsbummel im Kinderwagen bald ein kleines Nickerchen einlegen, einige reagieren aber auch mit Unruhe und Weinen. Kleinkinder schützen sich so vor noch mehr Reizen. Außerdem verarbeiten sie diese im Schlaf. Eigentlich ein guter Schutzmechanismus vom Körper. Bei schwer Traumatisierten bleibt er im Erwachsenenalter erhalten. Diese Menschen fühlen sich jeden Tag, als ob sie eine Weltreise machen, dabei haben sie nur für eine kurze Zeit das Haus verlassen. Ein normaler Alltag ist kaum möglich, da viele Erholungsphasen benötigt werden.

Wie fühlt es sich an, wenn das Gehirn keine neuen Eindrücke mehr verarbeiten kann?

Die Merkmale einer Reizüberflutung fühlen sich bei jedem anders an und können von Tag zu Tag variieren. Bei den meisten Menschen macht sich eine Überforderung der Sinne durch Kopfschmerzen oder Schwindel bemerkbar. Es können aber auch Muskelschmerzen am ganzen Körper auftreten. Viele reagieren gereizt und nervös. Die Bilder aus der Situation, in der man sich gerade befindet, können sich im Gehirn immer wieder zwanghaft wiederholen. Es ist vergleichbar mit einem Film, der nicht weiterläuft und der sich deshalb immer wiederholt, weil er woanders hin will, als wo er jetzt ist.

Die Betroffenen wollen einfach nur raus aus der Situation der totalen Überforderung. Sehr oft schaltet der Körper auf seine alte Überlebensstrategie zurück, der Dissoziation. Dabei kann er so weit gehen, dass es zu einer völligen Bewegungsunfähigkeit und Sprechunfähigkeit kommt. Dieser Schockzustand kann einige Stunden anhalten. So eine Situation sollte unbedingt vermieden werden. Wenn eine Person in diesen Zustand gerät, stellt dieser für seine Umwelt meist eine totale Überforderung da. Um aus seinem Schockzustand wieder rauszukommen, braucht ein Mensch sehr viel Ruhe und Zeit. Er wird immer von einer unterschwelligen Angst, häufig Todesangst begleitet.

Diese Angst darf nicht noch weiter von außen geschürt werden, sonst endet sie in einer Panikattacke, die retraummatisierend wirken kann. Kommt jemand selber aus diesem Zustand heraus, bekommt er das Signal, dass er sich gerade nicht in einer Gefahrensituation befindet und das seine Angst aus der Vergangenheit herrührt. Das kann sich positiv auf seinen Heilungsprozess auswirken.

Zu dieser Extremsituation kommt es häufig bei Menschen, die schon in der frühen Kindheit Opfer von körperlicher Gewalt oder sexuellem Missbrauch wurden. Es wurde nicht auf ihre kindlichen Bedürfnisse eingegangen, sondern die kindliche Unterlegenheit wurde ausgenutzt und missbraucht. Deshalb fehlt Opfern von körperlicher Gewalt eine Grundsicherheit und sie drohen immer wieder total abzustürzen. Sie haben das Gefühl die Welt ist ein bedrohlicher Ort, ich muss aufpassen, dass mir nichts passiert, aber kann mich dennoch nicht gegen Gewalt wehren. Menschen, die missbraucht wurden, haben eine hohe Wachsamkeit und nehmen aus diesem Grund mehr Reize aus der Umwelt auf. Der Feind (der Täter) kann schnell wieder zuschlagen, es kann schnell zu einer Gefahrensituation kommen, dass ist ihr Gefühl. Deshalb sind Opfer oft sehr schreckhaft.

Viele leiden unter einem Tunnelblick (Bild: pixabay)

Wie kann ein Traumapatient Erholungsphasen im Alltag integrieren?

Häufig wird eine Reizüberflutung mit Depressionen oder einer Angsterkrankung gleichgesetzt. Aber nicht alle Traumapatienten leiden unter einer Angsterkrankung und trauen sich nicht in die Öffentlichkeit. Viele versuchen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, kommen aber schnell an ihre Grenzen und brauchen Erholung. Die Symptome verstärken sich weiter, wenn ein Mensch sich dann nicht zurückziehen darf. Therapeuten haben oft Angst, dass sich ihre Patienten zurückziehen vor der Welt und in ihrer Depression verharren. Dennoch gilt für Opfer von Gewalt, eine ausgewogene Mischung zu finden zwischen Rückzug und am Leben außerhalb der eigenen Wohnung teilnehmen.

Am besten ist es sich dafür einen ungefähren Wochenplan zu machen, welche Aktivitäten man machen muss und welche man gerne machen möchte, etwa mit Freunden treffen. Dabei sollte man jeden Tag eine Erholungsphase, je nach Bedarf auch mehrere einplanen. Natürlich läuft das Leben nicht immer nach Plan, trotzdem ist es möglich sich ungefähr daran zu halten. Es sei denn, man ist in einer Krisenphase.

Außerdem ist es wichtig, ein paar Dinge im Alltag zu vermeiden. Fernsehn schauen, im Internet surfen und Computerspiele spielen können ebenfalls eine Überforderung der Sinne darstellen. Sie sollten auf ein Minimum begrenzt werden.

Die Erholungsphasen können durchaus im Schlaf erfolgen, wer nicht schlafen kann, der kann auch einfach seine Augen schließen. Wichtig ist nur, dass man für sich und in Ruhe ist!

 

Autor seit 12 Jahren
109 Seiten
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