Wir feiern den Tod eines Menschen

Merkels zynische Ansprache

Gerhard Wisnewski zu 9-11Wenn doch alles nur so schön einfach wäre, wie es uns Regierungen und Medien vorgaukeln! Seit der gezielten Tötung von Osama Bin Laden (siehe den ausführlichen Artikel von Oliver Lippert) beglückwünschen sich Politiker jeglicher Coleur und aller Herren Länder gegenseitig zur Liquidierung des verhassten El Kaida-Anführers.

Das Volk, einträchtig in den Chor seiner Abzocker, Unterdrücker und Gehirnwäscher einstimmend, feiert gleichfalls, etwa vor dem Weißen Haus in Washington, oder am New Yorker Ground Zero, wo Bin Laden angeblich tausende Menschen ermorden ließ. Pikanterweise wurde der "Terrorfürst" von der CIA nicht mit 9-11 in Verbindung gebracht, wie ein Blick auf der offiziellen Website des mächtigen Geheimdienstes zeigte.

 

Massenmörder Bin Laden in bester Gesellschaft

Doch wen stören solche Petitessen? Sollten wir nicht allesamt befreit aufatmen, jetzt, wo der meistgesuchte Mensch der Welt endlich liquidiert wurde? Und selbst wenn die Anschläge vom Elften September nicht auf Osama Bin Ladens Befehl hin verübt wurden: War er denn nicht ein Massenmörder, der zur Strecke gebracht werden musste?

Derlei Fragestellungen können, so der allgemeine Konsens, nur eindeutig bejaht werden. Jegliche Abweichung davon würde einen Unmenschen kennzeichnen. Oder etwa doch nicht?

Um die korrekte Fragestellung zu eruieren, muss man freilich hinter die Fassade dessen blicken, was der Staat und seine Lakaien tagtäglich indoktrinieren. Lauschen wir doch den Worten der deutschen Bundeskanzlerin, die unverhohlen den Zynismus des Staates auf den Punkt bringt:

"Ich habe dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama auch meinen und unseren [Anmerkung: Pluralis Majestatis in Aktion) Respekt für diesen Erfolg, diese gelungene Kommandoaktion mitgeteilt", eröffnet die Bundeskanzlerin freimütig und ungewohnt aufgedreht wirkend und fährt gleich mit der Begründung fort, weshalb Osama Bin Laden ein Unmensch war:

"Bin Laden war die Symbolfigur des internationalen Terrorismus, der kein Leben achtet, der nur tötet und der nur zerstört."

Spätestens hier sollte jeder an moralischen Grundfragen Interessierte stutzig werden. Genügt es, eine Galionsfigur des Feindes zu sein, um zur Zielscheibe gedungener Mörder in Uniform zu werden? Worin besteht denn nun der grundlegende Unterschied zwischen einem Bin Laden und einem westlichen Regierungs- oder Geheimdienstchef, wenn Merkel ausführt: "Er gab immer vor, […] im Namen des Islam zu handeln"?

Man muss nicht weit in die Vergangenheit zurückblicken, um sich an einen geschätzten und geachteten Staatsgast zu erinnern, der im Auftrag Gottes einen anderen Staat mit einem Meer an Bomben zu fluten.

 Und weiter: "Bin Laden wollte einen Keil des Hasses zwischen die Menschen treiben und das wollten wir nicht zulassen und werden wir nicht zulassen".

 

Gleiches Unrecht für alle!

Hier jubelt der Staatsgläubige, der aufrechte Demokrat und Gutmensch, während der kritische Denker mit seinem Kopf dicke Löcher in die Wand schlägt. Man sollte sich dies auf dem Neokortex zergehen lassen: Bin Laden wollte also einen Keil des Hasses zwischen die Menschen treiben und seine gezielte Ermordung hat dies unterbunden!

Geflissentlich wird hierbei natürlich übergegangen, dass Bin Laden nicht völlig aus dem Nichts auftauchte und friedfertige Menschen dazu anstiftete, Flugzeuge in westliche Gebäude zu lenken.

 

Die Faktenlage sah radikal gegenteilig aus. Bin Laden hatte keinerlei Mühe, Mitstreiter in seinem Geiste zu finden, und hatte keinen Hehl daraus gemacht, weshalb er speziell die US-Regierung hasste: Die Stationierung von US-Truppen auf den Heiligen Stätten des Islam, Unterstützung des saudischen Königshauses, der Krieg gegen den Irak 1991 – all dies hatte ihn und andere dazu bewogen, die US-Politik zu verabscheuen. Jene US-Politik übrigens, die seinesgleichen in den 1980er-Jahren noch kräftig im Kampf gegen sowjetische Invasionstruppen unterstützt hatte.

Rechtfertigte dies jene Anschläge, die Bin Laden unzweifelhaft anordnete, möglicherweise eingedenk von 9-11? In keiner Weise. Doch selbst bei oberflächlicher Betrachtung fällt auf, wie manipulativ Sprache, ganz zu schweigen von darauf folgenden Taten, verwendet wird. Da wurden etwa aus den einst gerühmten "Freiheitskämpfern", den Mudschaheddin, innerhalb weniger Jahre "Terroristen".

Ein Phänomen, das man in ähnlich absurder Form im Libyen -Konflikt beobachten kann. Je nach Lesart mutieren die "Aufständischen" wider Gaddafi - der übrigens selbst eine beachtliche Karriere in der Betrachtungsweise des Westens zurücklegte und binnen kürzester Zeit vom "Staatschef" und "Revolutionsführer" zum "Diktator" und "Tyrannen" avancierte – zu "Freiheitskämpfern". Fürwahr edle Recken gegen das Böse, denen man Unterstützung in Form von "Luftschlägen" zugesteht.

 

Würde man im Westen solche "Freiheitskämpfer" eigentlich auch dulden? Wohl kaum. Abweichler vom System werden mitunter drastisch bekämpft. Natürlich nur zum Wohle der Demokratie und Gerechtigkeit, wie der bis heute sehr umstrittene Einsatz des FBI in Waco zeigte (freilich: Bei der Betrachtung des Waco-Einsatzes muss man sich vor Augen halten, dass sämtliche Informationen von Regierungsseite erfolgten - also jenen Institutionen, die keinerlei Interesse daran haben, sich selbst und ihr Werk in Frage zu stellen).

 

Oder um den Bogen zur Ausgangsfrage zu schlagen: War Bin Laden nicht ein Massenmörder, der zur Strecke gebracht werden musste? Vielleicht. Konsequenterweise müsste das Recht auf Liquidierung von Massenmördern zum Allgemeinrecht ausgerufen werden. Wie viele Blut haben die Regierungen dieser Welt an ihren Händen? Und ihre Handlanger? Oder ihre Unterstützer? Doch warum sollte das Recht auf Unrecht nur den Auserwählten zueigen sein?

Treiben wir die Überlegungen logisch auf die Spitze: Was anderes, als ein Massenmörder, ist ein amerikanischer Präsident, der die Invasion oder Bombardierung anderer Staaten anordnet und Folter verteidigt, ja, sogar "legitimiert"?

 

In keiner nach moralischen Grundsätzen geformten und handelnden Gesellschaft wäre Platz für derartige Mörder, Heuchler und Lügner. Nur in einem System wie unserem halten sie die obersten Ränge der Hierarchie inne und werden bejubelt und bewundert. Nur in einem derart pervertierten System betteln wir sie darum an, von ihnen beherrscht, getreten, ausgeblutet zu werden. Und nur in einem solch' fundamental verrotteten System füllen wir die Köpfe der nachfolgenden Generation mit jenen ungeheuerlichen Lügen, die sein Bestehen ermöglichen, anstatt das Joch der Jahrtausende endlich abzuwerfen, der Heuchelei, Unterdrückung und Ungerechtigkeit den Rücken zu kehren und der Freiheit und Menschlichkeit das Wort zu reden und friedvolle Taten folgen zu lassen.

Jeder Psychologe müsste unweigerlich zu folgendem Befund der "Volksseele" kommen: Uns ist einfach nicht zu helfen.

Autor seit 13 Jahren
815 Seiten
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