Was gut ist

Beim ersten Durchblättern eines Naturfoto-Heftes fällt auf, dass auf vielen Seiten keine Anzeigen stehen, was durchgehende Layouts ermöglicht - insbesondere Doppelseiten sind so aus einem Guss. Überhaut ist das Layout liebevoll gestaltet. Es fehlen die mittlerweile oft üblichen kleinen Elemente wie Infoboxen oder Grafikelemente. Dies wirkt jedoch nicht altmodisch, sondern macht das Heft übersichtlich. Sehr gut ist die Druckqualität, die Farben der Fotos erscheint ausgewogen und die Bilder sind sehr detailliert.

Die Texte sind oft lang und informativ - also nicht der "Häppchen-Journalismus", den angeblich viele Leser wollen. Man merkt allen Artikeln an, dass die Schreiber kompetent sind und nicht nur Herstellerinfos wiederkäuen. Die Texte zu den Bildstrecken stammen von den jeweiligen Fotografen. Sie sind inhaltlich und stilistisch sehr unterschiedlich. Manche Sätze sind etwas holprig, die meisten sind keine Journalisten. Aber was soll's? Schließlich zählen Inhalt und vor allem die Bilder.

Im Detail

Nehmen wir uns als Beispiel die Januar-Ausgabe 2013 vor. Das Heft beginnt nach der Titelseite mit einem Editorial - wobei ich vermute, dass dies bei Naturfoto und bei anderen Zeitschriften oft der am wenigsten gelesene Text ist. Im Editorial wird sozusagen Werbung für bestimmte Artikel gemacht.
Dann folgt eine Doppelseite mit dem Inhaltsverzeichnis. Und los geht's, und zwar mit "Augenblick": In der Rubrik wird ein Bild, seine Entstehung und der Fotograf vorgestellt. In dieser Ausgabe ist es der Kampf zweier Löwen - eindrucksvoll!

Dann werden auf fünf Seiten neue Produkte vorgestellt. Diese sind oft sehr speziell und interessant. Nun folgt eine Seite mit Workshops und Kursen. Die sieht von den Schriften nahezu so aus, wie die anderen Seiten im Heft. Ganz klein steht oben jedoch Anzeige darüber. Das ist ärgerlich, weil dem Leser wegen des ähnlichen Layouts suggeriert wird, dass es sich um einen redaktionellen Text handelt.

Dann gibt es zwei Seiten mit Neuigkeiten und eine Doppelseite, auf der eine Leserreise in die Pyrenäen vorgestellt wird, und eine weitere Seite mit Literatur zu der Software Lightroom - diverse Bücher zu der Software werden bewertet.

Auf Seite 18 geht's ans "Eingemachte": Eine lange Bildgeschichte zum Bodensee im Winter. Dabei wird deutlich, was das Magazin auszeichnet: Eine ungewöhnliche Jahreszeit für die Region und ungewöhnliche Bilder - bereits das erste Foto ist nicht ein übliches Postkartenmotiv, sondern ein fast schwarz-weiss wirkendes Farbfoto mit Vögeln an dem zugefrorenen See. Das geht so weiter: Auf der nächsten Seite ein Bild mit hunderten Enten im Wasser, die wie schwarze Kleckse auf weißem Untergrund wirken. Autor des Textes ist der Fotograf der Bilder, Sven Jaenecke.  Der Text ist flüssig geschrieben mit vielen Zitaten und Informationen.

Nach diesen acht Seiten wird es exotisch: "Südindiens Tierwelt" ist das Thema auf zehn Seiten - wobei die Bilder von Tigern, Vögeln etc. zwar gut sind, aber eher den gewohnten Standards entsprechen.

Dann folgen acht Seiten zu "Eichhörnchen plündern einen Nussbaum". Was sich als Thema recht langweilig liest, hat Fotograf Alois Absenger sehr gut in Szene gesetzt: Eichhörnchen im Flug oder hinter dem Stamm hervorlugend, dabei oft eine Nuss als Beute im Maul. Sehr schön sind auch die warmen Farben und das eher weiche Licht.

Auf den nächsten zehn Seiten geht es um "Einsatz in der Kälte": Die Familie Reichert war im tiefsten Winter in Skandinavien und hat dort unter anderem faszinierende Bilder von Nordlichtern und andere Nachtaufnahmen gemacht. Der Text ist sehr informativ, es gibt dutzende gute Tipps für Leute, die ähnliches probieren wollen.
 
Nun vier Seiten, die sich um einem Eistaucher drehen und dann folgt eine sehr ungewöhnliche Bildstrecke: Lichtkunst im Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen. Thomas Bölke und Nadine Schomburg haben ihre Nachtaufnahmen mittels Taschenlampen, Fackeln und anderem mit  "Lichtskulpturen" bereichert. Es entstanden mystische Bilder seltsam fremd.

"Strandgut" hieß ein Wettbewerbsthema des Heftes, Leser haben Bilder eingereicht. Zehn werden im Heft gedruckt, es gibt Preise für die besten. Dann gibt es Infos zu den nächsten Wettbewerben. Auf den nächsten Seiten folgt ein Test einer DSLR von Pentax. Dabei geht es nicht um die allerfeinsten Nuancen bei der Auflösung, sondern um die Praxis: Handhabung, Kontrastumfang und mehr.

Die Bildbearbeitung ist Thema von "Digitale Helferlein" - es geht um Zusatzsoftware, so genannte Plug-In. Auch hier werden die Produkte sehr Praxisnah vorgestellt: Sieben Seiten dicht gefüllt mit Infos und eine große Tabelle mit den einzelnen Programmen. Dann noch der Kleinanzeigenteil - das war's!

Artikel "Einsatz in der Kälte".

Was besser sein sollte

Der Abonnentenkreis einer solchen Zeitschrift ist heterogen: Vom Anfänger, der Einsteigertipps haben möchte, bis zum Profi, der seit 30 Jahren draußen fotografiert und sein Fachwissen noch um ganz spezielle Erkenntnisse erweitern möchte. Deshalb ist es schwierig, Verbesserungsvorschläge zu machen.

Was mir fehlt, sind detailliertere Hinweise darauf, wie die jeweiligen Bilder entstanden sind. Angegeben werden bei den abgedruckten Bildern stets Kamera, Brennweite, Blende, Belichtungszeit und ISO-Zahl. Was aus meiner Sicht sinnvoll ist, sind je nach Motiv auch Infos zum Kamerastandpunkt, zur Uhrzeit, ob ein Stativ verwendet wurde und ob es einen Plan für das Motiv gab. Was mir auch fehlt, sind Gewichtsangaben zu allen vorgestellten Produkten, die Gewichte werden nur teilweise genannt.

Persönliches Fazit

Naturfoto ist eine sehr gute Zeitschrift, bei der nicht wie bei anderen Fotomagazinen die Technik im Vordergrund steht, sondern die Bilder. Als Amateur ist man allerdings hin und her gerissen: Zum einen lösen die hervorragenden Bilder den Wunsch aus, selbst ähnliches zu produzieren. Zum anderen ist die Messlatte der abgebildeten Fotos oft so hoch, dass man auch geneigt ist, gleich die Flinte - äh, Kamera - ins Korn zu werfen. Auch deshalb wäre es gut, wenn pro Heft ein längerer Artikel anschaulich den Weg zu einem fertigen Bild zeigen würde, so dass man es als Amateur mit dieser Anleitung in ähnlicher Qualität selbst fotografieren kann.

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