Inhalt

Christoph Koch versucht ein Jahr lang, der glücklichste Mensch der Welt zu werden. Dazu lässt er sich einiges einfallen. Er heiratet, und das gleich zweimal. Er sucht sein Glück als ehrenamtlicher Helfer in einem Altersheim und gibt jedem Geld, der ihn darum fragt. Er besucht allerhand merkwürdige Menschen rund um den Globus, um von ihnen zu lernen: Da den verarmten Ex-Millionär, dort Ashrita Furmann, den Mann mit den meisten Einträgen im Guiness Buch der Rekorde. Dazu gehört unter anderem der Weltrekord für den 10 Kilometer Lauf mit einem Hula-Hopp-Reifen.

Der Autor nimmt sich einen Personal-Trainer, um seinen inneren Schweinehund zu besiegen, denn auch Sport mache glücklich. Er versucht sich in verschiedenen Meditationsverfahren und nimmt schließlich sogar Antidepressiva. Dazu kommt eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema Glück. Zahlreiche Hinweise auf wissenschaftliche Erkenntnisse illustrieren die theoretischen Hintergründe dieser Suche nach Glück.

Das Buch ist in Monate gegliedert. Jeder Monat ein bisschen Glück. Somit liest es sich wie eine kleine Reise durch das Jahr. Am Ende jedes Kaptels werden zehn "kleine Gücksmomente" aufgezählt. Das reicht von "abends in ein Bett steigen, von dem man vergessen hat, dass man es am Morgen frisch bezogen hat" bis "Spatzen beim Baden im Sand zusehen."

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Erste Eindrücke

Ich habe die 275 Seiten im Zug von Wien nach Innsbruck gelesen, das sind (mit der Verspätung) ein bisschen mehr als 5 Stunden. Das soll heißen: Das Buch liest sich wirklich flüssig und leicht. Das mag ich. Andererseits bin ich auch nirgends hängen geblieben, habe mich kaum aufgefordert gefühlt, einmal zu verweilen, nachzudenken, Passagen noch einmal zu lesen. Das mag daran liegen, dass ich nicht wirklich wusste, wie ich das Buch lesen soll: Als fundierte Abhandlung zu Thema Glück, als Erfahrungsbericht oder als Ratgeber. Das Buch ist von allem ein bisschen. Dafür fehlt ihm − für meinen Geschmack − auf jedem Gebiet die letzte Konsequenz und es entwickelt für mich wenig Sog. Wie ich es drehe und wende, jede Erwartung wird ein klein wenig enttäuscht. Andererseits habe ich mit dem Buch im Gepäck den Zug knapp erwischt. Vielleicht ist ja das Buch selbst ein Glücksbringer, wer weiß?

Ein Sachbuch über Gück?

Christoph Koch erklärt in seinem Buch die wissenschaftlichen Hintergründe seiner jeweiligen Glücksexperimente. In vielen Fußnoten führt er zusätzliche Informationen an und das Literaturverzeichnis am Ende lädt ein, sich doch ein wenig mehr zu vertiefen. Doch für ein echtes populärwissenschaftliches Werk ist mir das Buch nicht konsequent genug. Die wissenschaftlichen Hinweise sind eher ein Zusatz, das Gewürz in der Suppe oder die Marzipanrosen auf der Torte. Das Buch hat aber keinen konsequent wissenschaftlichen Zugang zur Materie. So fehlt etwas nicht Unbedeutendes: die Begriffsbestimmung. Mir fehlt eine systematische Auseinandersetzung darüber, was denn Glück eigentlich sei. Nun wäre es vermessen, auf diese Frage eine runde, einfache und schlüssige  Antwort zu erwarten. Dass der Autor uns mit dieser Frage allein lässt, ist aber wieder eine andere Sache. Glück reicht hier vom schönen Gefühl, wenn in einem experimentellen Eiswassertest der Schmerz endlich nachlässt über transzendentale meditative Zustände bis zur kurzen Euphorie, wenn man gerade das neue iPhone erstanden hat. Wenn ich im Buch beschriebene "Glückszustände" selbständig beschreiben müsste, fielen mir Wörter wie "Erleichterung", "Freude," "Stolz", "Genugtuung", "Transzendenz", "Freundschaft", "Vertrauen", "Sinn", "Endorphinkick", "Humor", oder "Liebe" ein. So bekomme ich das Gefühl, der Autor wirft ganz verschiedene Dinge und Gefühlszustände in seinen Hexenkessel, gibt einen Deckel drauf und nennt das Gebräu Glück. Ich hätte mir das Rezept gewünscht oder zumindest die Bemerkung, dass das Rezept nicht auffindbar sei. Oder eine Überlegung, warum denn das eine mit dem anderen...

Nun hat das Buch keinen explizit wissenschaftlichen Anspruch und man sollte ein Buch doch am eigenen Anspruch messen. Ich kann ja auch nicht sagen: Dieser Apfelkuchen schmeckt mir nicht, weil es ein Birnenkuchen ist und ich lieber Birnen mag. Das wäre unsinnig. Der rote Faden durch das Buch ist nicht wissenschaftlich-systematisch, sondern die ganz persönliche Glückssuche über ein Jahr. Doch ich finde, dass jemand, der zwischendurch wissenschaftlich zitiert, eben auch Erwartungen weckt. Wenn ich in einem Apfelkuchen Birnen finde, dann bin ich zunächst überrascht. Aber dann erlaube ich mir auch ein Urteil über die Birnen im Kuchen und die Gesamtkomposition. Ich finde die Birnen hier eben etwas  beliebig eingestreut. Es bleibt ein Apfelkuchen mit Birnen drinnen, ein Apfel-Birnen-Kuchen wird es für mich nicht: Da und dort hätte ich gern an den wissenschaftlichen Ecken und Enden gemeinsam mit dem Autor weiter gedacht und Verbindungen und Zusammenhänge geknüpft.

Ein ganz persönlicher Erfahrungsbericht

Um das vorweg zu sagen: Ich habe Respekt vor jedem, der sich entscheidet als "Ich-Erzähler" in einem Buch aufzutreten. Ich habe gelernt, dass man den "Ich-Erzähler" stets vom Autoren auseinanderhalten muss, selbst wenn die beiden den gleichen Namen tragen, gleich alt sind, in derselben Stadt wohnen und dieselben Erlebnisse haben. Der "Ich-Erzähler" ist dennoch immer eine Konstruktion. Trotzdem hängt viel Herzblut an so einer Figur und viele Leute werden später den Ich-Erzähler auch mit dem Autoren verwechseln, wie wir das bei Charlotte Roche so schön beobachten können. Als ganz persönlichen Erfahrungsbericht lese ich dieses Buch am liebsten. Da gibt es dann auch nichts Inhaltliches zu kritisieren. Was soll man an einer Erfahrung auch kritisieren? Eine Erfahrung ist eine Erfahrung und flüssig geschrieben ist das Buch allemal. Es bleibt nur die Frage, ob Christoph Kochs Alter Ego so gut zum Titelhelden taugt. Als Titelhelden wünsche ich mir besonders schrullige, merkwürdige, verrückte, witzige oder anderweitig besondere Figuren. Der Ich-Erzähler wirkt aber eher wie der nette Nachbar von nebenan und mit dem würde ich lieber ein Bier trinken gehen als ihn zum Titelhelden eines Buchs zu machen. Obwohl: Als gesunde Person Psychopharmaka zu nehmen und durch den Park zu hüpfen wie Christoph Koch ist auch ein bisschen verrückt.

Sternhagelglücklich

Das Buch "Sternhagelglücklich" von Chrstoph Koch wurde mir über die Rezensionsplattform Bloggdeinbuch vom Verlag Blanvalet (Verlagsgruppe Random House) zur Verfügung gestellt und kann hier bestellt werden.

Ein Ratgeber für jedermann und jedefrau?

Ist das Buch ein Ratgeber? Eigentlich nicht, es ist ein Erfahrungsbericht. Aber warum lesen wir so gern Erfahrungen anderer Leute? Doch wohl, um auch etwas abzukupfern. Lese ich das Buch als Ratgeber habe ich jedoch das Problem, dass die Suche nach Glück sehr zeit- und geldaufwändig zu sein scheint. Zwar stellt Christoph Koch nach Interviews mit Leuten, die es wissen müssen und der Lektüre von Fachliteratur fest, was der Volksmund so unbedarft behauptet: Dass Geld allein nicht glücklich mache. Doch eine Hochzeit in Las Vegas, ein Personal Fitness-Trainer oder ein Lach-Yoga-Seminar in Bangalore sind nicht gerade billig und sicher keine Dinge, von denen ich im Zug gedacht habe: Ich geh jetzt heim und mache das auch. Von Selbstversuchen mit Psychopharmaka rät der Autor sogar ausdrücklich ab. Im Buch macht der Autor deutlich: Glück ist auch ein Geschäft, mit dem sich viel Geld verdienen lässt und der Autor hat wahrlich keine Kosten und Mühen gescheut, um auch diesen Bereich ausgiebig zu testen.

Eher alltagstauglich sind die Tipps, großzügig zu sein und anderen zu helfen, gute Beziehungen zu pflegen, auch einmal etwas Verrücktes zu tun, gemeinsam zu lachen. Auch in den "Glücksmomenten" lässt sich einiges an Inspiration finden. Oft sind dies ganz kleine, flüchtige Begebenheiten. Die Botschaft, die ich hier hineinlese, heißt: Aufmerksam für den Augenblick zu sein und das Glück zu erkennen. Aus dem großen Bereich der Meditation hätte ich mir einiges erwartet, doch der Autor findet dazu wenig Zugang. Die Leute sind eben verschieden. Und ja, auch Sport kann man natürlich auch ohne Personal Trainer betreiben. Es geht hier um die Überwindung des Inneren Schweinehundes, aber dabei hilft vielleicht auch ein guter Freund.

Als Ratgeber kann ich das Buch bedingt empfehlen. Der geneigte Leser kann sich wohl Erkenntnisse für sich selbst herausnehmen, eine "Anleitung" mit konkreten "Mitmach-Tipps" ist das Buch aber nicht.

Wer wird mit diesem Buch glücklich?

"Sternhagelglücklich" von Christoph Koch ist in erster Linie ein Erfahrungsbericht von einem, der auszog, das Glück zu finden. Er nimmt uns mit auf eine Reise um den Globus und durch ein ganzes Universum verschiedener Vorstellungen von Glück. Es ist ein schönes, leicht zu lesendes Buch, das viele Themen berührt, da und dort kann man auch etwas für sich ausprobieren. Wer gerne in lockerer Erzählform viel über Glück erfahren will, wird mit diesem Buch glücklich werden. Für mich waren es viele Zutaten, die sich nicht recht verbinden wollen. Da und dort fehlt mir eine übergeordnete Auseinandersetzung mit dem Thema Glück. Deswegen bin ich nicht vollkommen glücklich und vergebe nur vier von fünf Sternen.

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